Jedermann und der weibliche Tod

Der berühmte „Jedermann“ von Hugo von Hofmannsthal wird heuer in Niederösterreich von mehreren Ensembles aufgeführt. Zuletzt feierte das Stück in der Kulturszene Kottingbrunn Premiere. Dort stehen Profis gemeinsam mit Laien auf der Bühne.

Das Stück „Jedermann“ wird seit 1920 jedes Jahr bei den Salzburger Festspielen aufgeführt. So weit muss man aber gar nicht fahren, denn auch in Niederösterreich gibt oder gab es heuer einige Aufführungen der Hofmannsthal-Tragödie - mehr dazu in „Jedermann“ als Wachauer Weinbauer und Jugendliche spielen „Jedermann“.

Jedermann in Kottingbrunn

ORF/Christoph Koller

Anselm Lipgens inszenierte in Kottingbrunn Hofmannsthals „Jedermann“

Im September wird „Jedermann“ auch in Kottingbrunn (Bezirk Baden) aufgeführt. Hier stehen neben Profi-Schauspielern wie Alice Schneider, Walter Benn oder Oliver Huether auch Laiendarsteller aus Kottingbrunn und Umgebung auf der Bühne.

Der Tod wird von einer Frau gespielt

Das Besondere am „Kottingbrunner Jedermann“ ist, dass der Tod und der Teufel von einer weiblichen Schauspielerin verkörpert werden. Der Tod tritt mit zerzausten Haaren, einem zerlumpten Rock und mit Gesichtsbemalung auf. „Im Endeffekt bin ich ja eine Vorstellung vom Jedermann, also ich bin so, wie er sich den Tod vorstellt. Ein bisschen schamanisch, ein bisschen weiblich, dann aber doch wieder männlich und hart. Es ist eine Mischung aus verschiedenen Komponenten“, sagt Alice Schneider, die den Tod verkörpert.

Regisseur Anselm Lipgens fand die bisherige Darstellung vom Tod zu „eindimensional“, wie er sagt. „Eben bedrohlich, hager, skelettartig, weiß, mit einer tiefen Stimme. Ich finde, der kann Kraft und Humor haben, der kann auch schräge Sachen haben. Und er kann auch weiblich sein und sollte zumindest beide Sachen in sich vereinen. Das habe ich versucht“, so Regisseur Lipgens.

Jedermann in Kottingbrunn

ORF/Christoph Koller

Oliver Huether als Jedermann und Alice Schneider als Tod

In den Augen des Jedermann-Darstellers Oliver Huether ist der Tod ohnehin geschlechtslos. „Wenn er kommt, dann ist wurscht, ob er Mann oder Frau ist, es graust einem einfach davor. Vielleicht ist der Tod tatsächlich eine Frau. Ich finde es für mich als Mann spannender, ihn als Frau zu sehen.“

Sendungshinweis:

„Niederösterreich heute“, 8.9.2014

Beim Publikum kommen sowohl der weibliche Tod als auch die gesamte Inszenierung sehr gut an. „Die Variation ist beachtlich. Vor allem haben mir die freizügigen Kostüme gefallen. Den Tod habe ich in dieser Aufmachung noch nicht gesehen, das ist fantastisch!“, sagt Marianne Rast-Schwarz aus Kottingbrunn. Alois Ammann aus Leobersdorf hat den „Jedermann“ bereits in Salzburg gesehen, „aber die Laiendarsteller sind traumhaft. Es ist eine super Sache.“

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