Shakespeare in Perchtoldsdorf

Zum 40-Jahr-Jubiläum der Sommerspiele Perchtoldsdorf inszeniert Intendant Michael Sturminger Shakespeares „Sommernachtstraum“ - mit viel Musik, Humor und Poesie und einer neuen Bühne im Burghof.

Sendungshinweis

„Theaterfest“, 30.6.2016

Mit seinem Ensemble von Schauspielern und Musikern führt Michael Sturminger fort, was er letztes Jahr mit seiner Inszenierung von Shakespeares „Sturm“ begonnen hat: „Shakespeare-Theater, das sich aus seiner Ursprünglichkeit entwickelt. Musik aus der Zeit des Dichters, modern verarbeitet und im ‚Sommernachtstraum‘ vom ‚Elfenchor und Orchester‘ live gespielt, fügt sich organisch ins Spiel ein und macht die wunderbar vielseitigen Schauspieler des Ensembles zu Allroundern“, heißt es auf der Website der Sommerspiele Perchtoldsdorf.

Die Liebe steht auf dem Prüfstand

Der „Sommernachtstraum“ ist mit seinen zahlreichen Liedern das musikalischste Stück Shakespeares. Um die Poesie, den Witz und die Musikalität in der heutigen Sprache zur Geltung zu bringen, arbeiten die Dramaturginnen Angelika Messner und Martina Theissl an der Neuübersetzung des Stückes, gemeinsam mit Regisseur und Intendant Michael Sturminger wird eine „Perchtoldsdorfer Fassung“ erarbeiten, die es nur heuer und nur bei den Sommerspielen zu sehen geben wird.

Sinnlich, erotisch und musikalisch geht Sturminger mit seinem Ensemble an den „Sommernachtstraum“ heran. „Die Liebe steht auf dem Prüfstand. Die vier jungen Leute, die sich - von ihren Gefühlen durchgeschüttelt - am Morgen danach in völlig neuen Liebeskonstellationen wiederfinden, wurden ins kalte Wasser der Realität geworfen und müssen feststellen, dass auch andere Mütter schöne Kinder haben. Ob Oberon, der Titania mit dem Esel demütigen wollte, wirklich als Gewinner endet, wird sich erst herausstellen müssen“, so Sturminger.

Sturminger: „Es geht um den Zauber des Theaters“

Seit 40 Jahren gibt es die Sommerspiele Perchtoldsdorf, knapp 300.000 Besucherinnen und Besucher wurden bei den Aufführungen gezählt. „Mir geht es hier um den Zauber und die unmittelbare Intensität des Theaters – dorthin will ich den Fokus der Sommerspiele Perchtoldsdorf richten“, sagt Intendant und Regisseur Michael Sturminger im Gespräch mit noe.ORF.at.

Warum haben Sie sich für dieses Stück entschieden?

Michael Sturminger: Für „Ein Sommernachtstraum“ von William Shakespeare habe ich mich entschieden, weil wir dieses Jahr nicht nur das 40-jährige Jubiläum der Sommerspiele Perchtoldsdorf, sondern auch 400 Jahre Shakespeare feiern. Und ich möchte fortsetzen, was ich in Perchtoldsdorf 2003 mit Shakespeares „Was ihr wollt“ und vergangenes Jahr mit meiner „Sturm“-Inszenierung erfolgreich begonnen habe: Nämlich Shakespeare-Theater, das sich aus seiner Ursprünglichkeit entwickelt. Musik aus der Zeit des Dichters, zeitgenössisch bearbeitet und im „Sommernachtstraum“ vom „Elfenchor und Orchester“ live gespielt, fügt sich organisch ins Spiel ein und macht die vielseitigen Schauspieler des Ensembles auch zu Musikern.

Wo sehen Sie Ihren Spielort im Gesamtauftritt des Theaterfests positioniert?

Sturminger: Seit 40 Jahren werden bei den Sommerspielen Perchtoldsdorf alljährlich Eigenproduktionen erarbeitet und Stücke der klassischen Weltliteratur zur Aufführung gebracht. Diese Tradition setze ich als Intendant grundsätzlich fort, denn die Burg Perchtoldsdorf hat sich als guter Boden für Klassiker erwiesen. Wann genau die mittelalterliche Burg Perchtoldsdorf mit dem Burghof als Open-Air Kulisse für schöne Theaterabende entdeckt wurde, lässt sich heute nicht mehr exakt feststellen. Fest steht aber, dass die Sommerspiele Perchtoldsdorf sich in den letzten 40 Jahren ganz klar als Spielort für große Theaterliteratur positioniert und den knapp 300.000 Besuchern seit 1976 Schauspiel auf hohem Niveau geboten haben.

Michael Sturminger

Michael Sturminger

Michael Sturminger

Wie sehen Sie Ihren Spielort in drei Jahren? Wie wollen Sie ihn entwickeln?

Sturminger: Gerade in schwierigen Zeiten haben Theater und Kunst eine besonders wichtige Funktion für die Gesellschaft und dürfen keineswegs zur Disposition gestellt werden. Ich meine, dass die Zukunft des Sommertheaters in der bedingungslosen Entscheidung zur Qualität liegt. Das Publikum der Sommerspiele Perchtoldsdorf, ob sie aus der Stadt kommen oder aus der Umgebung, ob sie Liebhaber oder Kenner sind, soll durch relevante Inszenierungen klassischer Stoffe begeistert werden.

Mir geht es hier um den Zauber und die unmittelbare Intensität des Theaters – dorthin will ich den Fokus der Sommerspiele Perchtoldsdorf richten. Als Platz hochqualitativer Theaterkunst für Menschen, die auch im Sommer nicht auf substanzielles Theater verzichten möchten. Als Regisseur stelle ich an mich und alle meine Produktionen - auch bei klassischen Texten - den Anspruch, das Publikum mit Themen und Inhalten zu konfrontieren, die wirklich mit seiner Lebensrealität in Verbindung stehen.

Warum glauben Sie, dass die Besucherinnen und Besucher zu Ihnen kommen? Wegen des Stücks, der Inszenierung, des Ambientes oder der Region?

Sturminger: Die Leute kommen, um gutes Theater mit großartigen Schauspielern zu erleben. In den vergangenen 40 Jahren haben Sie in Perchtoldsdorf Darsteller wie Maria Happel, Dorothee Hartinger, Markus Hering, Gregor Bloeb, Karl Markovics, Ida Krottendorf, Else Ludwig, Erni Mangold, Romuald Pekny, Branko Samarovski, Heinrich Schweiger, Hilde Sochor, Gerti Drassl, Franziska Weisz und noch viele andere sehen können. Ich gehe davon aus, dass unsere Besucherinnen und Besucher sich auch dieses Jahr auf diese Qualität schon freuen.

Was ist die Botschaft des Stücks?

Sturminger: William Shakespeares „Sommernachtstraum“ ist ein Spiel von der Liebe und von den Gefahren, die das Spiel mit der Liebe in sich birgt. Ein Spiel auch vom Kampf der Geschlechter und von der Unbeständigkeit ihres Glücks. Ein Spiel zuletzt noch vom Theaterspielen, Verzaubern, Verführen und Verhexen, vom wilden Träumen, vom bösen Erwachen und vom darüber Lachen.

Das Stück wurde vor über 400 Jahren in Anwesenheit von Englands legendärer Königin Elisabeth I. zum ersten Mal gespielt. Seither bringt es uns zum Lachen, zum Träumen und vor allem zum Staunen, und wie jede große Komödie ist „Der Sommernachtstraum“ komisch und zauberhaft poetisch, aber daneben eben auch böse, bedrohlich und anarchistisch. Das Stück mischt Poesie, Musik und derbe Komik zu einem runden, ausufernden Erlebnis, voller Freude am über die Stränge schlagen, voll wilder Lust und boshaftem Chaos, voller Dinge, die wir uns im „normalen“ Leben zumeist nicht trauen, weil wir, vorsichtig und ängstlich wie wir sind, die schönsten Erlebnisse üblicherweise dem Theater überlassen.

Wie setzen Sie Ihren Spielort bzw. die Bühnenmöglichkeiten in Ihre Inszenierung ein?

Sturminger: Heuer wird es im Burghof von Perchtoldsdorf eine zentrale Spielfläche geben, die, von drei Zuschauertribünen umrahmt, das Publikum ganz direkt ins Geschehen auf der Bühne mit einbezieht, wie im Shakespeares Globe-Theater in London. Denn wer sich mit Shakespeare beschäftig hat, weiß, dass seine Bühne von der leeren, offenen Spielfläche ausgeht, auf der sich die Kraft seiner Sprache und seiner Figuren ideal entfalten kann.

Wovor haben Sie Angst? Vor Regen, dem Publikum, kranken Hauptdarstellern, Kritikern oder als Sommertheaterregisseur bezeichnet zu werden?

Sturminger: Angst haben wir vor gar nichts, nicht einmal vor schlechtem Wetter. Denn Perchtoldsdorf verfügt über seinen wunderbaren neuen Burgsaal, in den wir die Vorführungen bei Regen verlegen können.

Theater unter freiem Himmel hat einen ganz besonderen Reiz und der Burghof in Perchtoldsdorf ermöglicht uns Shakespeares Fest der Sinne gemeinsam zu feiern und das Erlebnis in der Gemeinschaft in den Mittelpunkt zu stellen. In einer Zeit, in der plötzlich alle Werte und Errungenschaften unserer Gesellschaft zur Disposition stehen, glauben wir an die Kunst, die Jahrhunderte überdauert, die unsere Herzen erreicht und bildet, uns das menschliche Scheitern erträglich und unsere Beschränkungen verständlich macht.

Das schreibt die Kritik

„William Shakespeare hat im ‚Sommernachtstraum‘ die hässliche Seite der Liebe lustvoll dramatisiert. Das Stück ist so etwas wie die ‚Zauberflöte‘ des Sommertheaters."
"Es ist ein Spaß, wie hier kräftig auf die Komik-Pauke gehauen wird, auch wenn die Szenen nach der Pause allzu breit ausgewalzt wirken."
Werner Rosenberger, "Kurier“

„Gesungen wird auf Shakespeare-Englisch, das mit einigen Phrasen auch in der Perchtoldsdorfer Neuübersetzung (Angelika Messner, Martina Theissl) zu originaler Geltung kommt. Freundlicher Applaus für eine schauspielerische Kollektivleistung. Sonderlob gebührt Bühne und Musik."
Stefan Weiss, "Der Standard“

Jugendprojekt soll Lust aufs Theater machen

„Nach dem Erfolg des letztjährigen Schulprojektes und um Schülerinnen und Schülern Lust auf Theater zu machen - in ihnen wächst ja unser zukünftiges Publikum heran - bieten wir in Perchtoldsdorf heuer wieder ein besonderes Paket für Schulklassen an“, so der Intendant.

Erstens bieten der Regisseur bzw. die Dramaturgin an, in eine Schulklasse zu kommen und ein erstes Gespräch über den Inhalt des Stückes und Theater im Allgemeinen zu führen, eventuell auch über Shakespeares Theater im Speziellen. Dann gibt es auch noch die Möglichkeit eines Probenbesuchs im Burghof. Dabei besteht für die Schüler die Möglichkeit mit Schauspielern, Regisseur und Dramaturgin vertiefend zu sprechen und Theaterarbeit hautnah zu erleben. „Und drittens einen Vorstellungsbesuch zu günstigen Konditionen. Ich freue mich schon auf den Austausch mit der Jugend – die liegt mir sehr am Herzen“, sagt Intendant Sturminger.

Mehr über „Ein Sommernachtstraum“

Shakespeares „Ein Sommernachtstraum“ hatte am 29. Juni Premiere, weitere Vorstellungen sind am 30. Juni, 1., 2., 5., 8., 9., 13., 14., 15., 16., 21., 22., 23., 28., 29. und 30. Juni, Beginn jweiles 20.00 Uhr.

Mitwirkende: Andreas Patton, Veronika Glatzner, Swintha Gersthofer, Nick Barton, Karl Walter Sprungala, Benjamin Vanyek, Ian Hutter, Markus Kofler, Karola Niederhuber, Petra Staduan, Raphael Nicholas, Judith Prieler u.a.
Intendanz und Regie: Michael Sturminger
Musik: Michael Pogo Kreiner
Bühne und Kostüme: Renate Martin und Andreas Donhauser

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