„Endlose Gegenwart“ beim donaufestival

Unter dem Motto „endlose Gegenwart“ startet am 27. April das Kremser donaufestival. Es ist die zweite Ausgabe unter dem Intendanten Thomas Edlinger. Musik, Performance und Kunst sollen diesmal „Diagnosen zur Gegenwart“ liefern.

„Leben heißt heute updaten“, sagte der Nachfolger von Tomas Zierhofer-Kin und brachte das diesjährige Thema bei einer Pressekonferenz am Donnerstag auf den Punkt. Das umfangreiche Programm drehe sich immer wieder aus unterschiedlichen Perspektiven um den herrschenden „Netzwerkkapitalismus“, in dem „Börsen in Echtzeit handeln und Containerhäfen und Supermärkte keinen Sleep-Modus kennen“, so Intendant Edlinger. Und so stehen an den beiden Festivalwochenenden diesmal „Offlinerituale der Körperlichkeit“ genauso im Fokus wie das „Potenzial von Be- und Entschleunigungen“. Inhaltlich setze man bewusst „auf Kontraste statt den Flow einer Clubatmosphäre“.

Szene aus Liquid Loft

Chris Haring

Die Uraufführung von „Church of Ignorance“ ist am 28. und 29.4. in der Dominikanerkirche zu sehen

Buntes Programm mit Dialekten und Fitnessgurus

Eines der Highlights des bunten Programms ist die Uraufführung der Auftragsarbeit „Church of Ignorance“ von Liquid Loft. In der Dominikanerkirche entwirft Chris Haring am 28. und 29. April mit seiner Compagnie eine „Kippbildchoreografie“ im babylonischen Sprachengewirr von „robusten Dialekten aus den letzten Sprachinseln Europas, die sich gegen ein Global-English-Diktat sperren“, zu dem die Performer ihre Körper sprechen lassen.

Als „eine Art überdrehte Parodie auf den missionarischen Eifer der Fitnessgurus“ kündigten Edlinger und seine Performance-Kuratorin Astrid Peterle die österreichische Erstaufführung des jungen deutschen Kollektivs The Agency an: In „Medusa Bionic Rise“ steht in der Halle 1 des Messegeländes ein Fitnesstrainingscamp inklusive Designerdrogenapotheke auf dem Programm (27. - 29. April).

Szene aus The Agency: Medusa Bionic Rise

Nico Schmied

„Medusa Bionic Rise“ wird am 27., 28. und 29.4. in Halle 1 aufgeführt

Publikum schon bei Entstehung dabei

Eine weitere Uraufführung in der Performance-Schiene bietet Barbis Ruder: In „Channeling #likemetoo“ geht es darum, die „most likeable Performance zu schaffen“, bei der sich das Publikum vorab mittels Onlineumfrage in die Entstehung des Projekts einmischen kann.

Veranstaltungshinweis

Das donaufestival findet von 27.4. bis 6.5. in Krems statt

Einen „choreografischen Kreuzzug“ bietet „Trophee“ des in Südamerika geborenen Künstlers Rudi van der Merwe in Grafenegg, wo eine in barocke Röcke gewandete Gruppe von Tänzerinnen über ein leeres Feld auf das Publikum zuschreitet. In der Schiene „Art & Installation“ hob Edlinger die Echtzeitsimulation von John Gerrard in der Halle 1 hervor: So zeigt er etwa in „Western Flag (Spindletop, Texas)“ eine Flagge aus niemals versiegendem schwarzen Rauch, die am digital nachgebildeten Standort einer erschöpften Ölquelle in Texas in den Sand gerammt ist.

Zerklüftete Soundscapes und abenteuerliche Talks

„Hochkomprimierte oder zerklüftete Soundscapes“ versprechen Auftritte von Künstlern wie Laurel Halo, Mouse on Mars und Orson Hentschel, für „entrückte Kompositionen“ sind u. a. die kanadische Postrock-Legende Godspeed You! Black Emperor und die in der Postpunk-Szene Kairos sozialisierte Sängerin Nadah El Shazly verantwortlich. „Schwebende Melancholie“ steht bei Konzerten von Circuit des Yeux und Molly Nilsson auf dem Programm. Am letzten Festivaltag lädt man zur „musikalischen Dehnungsübung“ mit dem Titel „as waves go by“ und verspricht ein „Wogen und Dröhnen zwischen Ambient, Noise und Trance“.

Laurel Halo

Phillip Aumann

Laurel Halo spielt am 27.4. im Stadtsaal Krems

Die niederösterreichische Tourismuslandesrätin Petra Bohuslav (ÖVP) lobte das Festival, das für sie für die drei Säulen „Innovation, Mut und Weltoffenheit“ steht, wie sie bei der Pressekonferenz in Vertretung der Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sagte. Abgerundet wird das dichte Programm von zahlreichen Talks, ein Wiedersehen gibt es auch mit dem Format „Stockholm Syndrom“, das an jedem Festivaltag an einen unbekannten Ort zu einem unbekannten Künstler entführt. „Man weiß dabei vorher nicht, was passieren wird“, sagte Edlinger und machte Lust auf das Abenteuer.

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