Zwischen Schulstunde und Soap: „Sonntags 1918“

Auch der Kultur.Sommer.Semmering thematisiert das Gedenkjahr: Im Kurhaus ist am Donnerstag das Stück „Sonntags 1918“ von Michaela Ronzoni uraufgeführt worden: zwei Stunden zwischen Geschichtsunterricht und Soap.

Das Ende des Ersten Weltkriegs und der Zusammenbruch der Monarchie bilden den historischen Hintergrund des Geschehens. Zwei Ehepaare treffen in einem Sanatorium aufeinander, worauf das unvermeidliche private Drama seinen Lauf nimmt. So ist denn eine Art geschichtliches Lehrstück zu erleben, das didaktische Züge nicht verleugnet, aus dem sich zugleich ein zunehmend melodramatisches Beziehungsviereck entwickelt.

Ein Beziehungsviereck als Stationentheater

Die junge Wäschefabrikantin Poldi (Hannah Candolini) ist mit dem lungenkranken Hans (Michael Rudigier) verheiratet, wendet sich aber dem Postoffizianten Artur (Gregor Kronthaler) zu, der seine jüdische Frau Stefanie (Nevena Lukic) verlässt. Am Ende ist Hans tot, Stefanie verbittert, Artur und Poldi verbringen noch glückliche Jahrzehnte. Ja, das Leben ist hart, aber ungerecht und meint es trotzdem manchmal sogar gut.

Musik Sommer Semmering Uraufführung Sonntags 1918

Karoline Suntinger

„Sonntags 1918. Eine Alltagsgeschichte in 6 Szenen“ von Michaela Ronzoni mit Hannah Candolini (r.) und Gregor Kronthaler (l.)

Regisseur Klaus Rohrmoser hat das Stück als Stationentheater inszeniert. Das wirkt auf den ersten Moment spannend, räumt dem Haus eine zentrale Funktion ein, erweist sich aber im Verlauf des Abends als wenig lohnend. Vor allem nach der Pause - ein dramaturgischer Killer par excellence! - ist die Luft draußen. Man steht auf Gängen umher, zwängt sich in nüchterne Zimmer, um dort Menschen beim Verzweifeln zuzusehen, und fragt sich, ob noch etwas von Belang folgt. Das ist leider nicht der Fall.

Von Orth bis Maertens, von Drassl bis Krisch

Hingegen wartet der Kultursommer noch mit etlichen attraktiven Veranstaltungen auf. So liest etwa Elisabeth Orth am 18. August im Südbahnhotel aus Stefan Zweigs „24 Stunden aus dem Leben einer Frau“ und ist tags darauf im Künstlergespräch mit Intendant Florian Krumpöck präsent. Ausverkauft sind die „Literarischen Sommerfrischen“ mit Gerti Drassl, Michael Maertens und Daniel Keberle (Arthur Schnitzler, Anatol) am 25. und 26. August. Weitere Gäste am Semmering sind bis 2. September u.a. noch Timna Brauer, Robert Meyer, Karl Markovics, Johannes Krisch, Angelika Hager, Maria Happel und Andrea Händler.

Ewald Baringer, Austria Presse Agentur

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