Die Wahlziele in der Analyse

Gut zwei Wochen vor der Landtagswahl haben fast alle Parteien ihre Ziele definiert, wenn auch nicht in Zahlen. Politikberater Thomas Hofer hat diese Ziele und die Art, wie diese formuliert sind, für noe.ORF.at analysiert.

noe.ORF.at: Die ÖVP hat ein Wahlziel in Zahlen bislang nicht genannt. Im Jahr 2013 erreichte die ÖVP 50,8 Prozent der Stimmen. Spitzenkandidatin Johanna Mikl-Leitner will sich an den „stärksten politischen Parteien bzw. Landeshauptleuten“ orientieren und hat gesagt, dass eine absolute Mehrheit heute nicht mehr erreichbar sei. Warum tut Sie das?

Landtagswahl 2018 in noe.ORF.at

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Thomas Hofer: Es ist klar, dass Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner tiefstapelt, sie macht das aus strategischen Gründen. Sie spielt mit der Erwartungshaltung und möchte auf jeden Fall vermeiden, dass sie als Verliererin da steht, wenn sie unter 50 Prozent bleibt. Sie hat sicherlich die Messlatte von Erwin Pröll, als dieser das erste Mal bei Landtagswahlen angetreten ist - das waren etwa 45 Prozent. Das ist wohl das wahre Ziel. Alles, was darüber ist, kann als Erfolg verkauft werden. Man will also die Erwartungshaltung nicht in Richtung 50 Prozent heben, weil man relativ rasch Gefahr läuft, als einer der Wahlverlierer dazustehen.

noe.ORF.at: Der Spitzenkandidat der SPÖ sagt über sich selbst, dass er der „älteste Jungpolitiker Österreichs“ ist. Das Ziel von Franz Schnabl ist es, „stärker“ zu werden. Wie ist dieses Ziel vor dem Hintergrund zu sehen, dass die SPÖ 2013 das schlechteste Ergebnis einer Landtagswahl (Anm., 21,6 Prozent) hinnehmen musste?

Hofer: Ich denke nicht, dass es aus Sicht der SPÖ viel schlechter gehen kann. Bei der letzten Wahl war es das mit Abstand historisch schlechteste Ergebnis und insofern müsste Franz Schnabl hier etwas drauflegen. Aber auch das wird schwer, weil das Umfeld seitens der SPÖ auch bundespolitisch nicht das beste ist und insofern braucht es hier eine Kraftanstrengung, dass man es in diese Richtung schafft. Ich denke zwar nicht, dass die SPÖ ein großes Minus anschreiben wird - das zeichnet sich, was die Umfragen angeht, nicht ab. Ein dramatischer Sprung nach oben zeichnet sich aber auch nicht ab.

noe.ORF.at: Während die SPÖ vom historisch schlechtesten Ergebnis also weg will, strebt die FPÖ das historisch beste Ergebnis an, 2013 waren es 8,2 Prozent. Udo Landbauer ist mit 31 Jahren der jüngste Spitzenkandidat. Wie realistisch ist Platz zwei?

Hofer: Hier muss man zulegen und ich rechne zumindest mit einer Verdoppelung. Eigentlich ist sogar noch mehr drinnen, denn man darf nicht vergessen, dass 2013 etwa zehn Prozent das Team Stronach gewählt haben und da sind Wählerinnen und Wähler dabei, die für die FPÖ gewinnbar sind. Insofern muss man Platz zwei tatsächlich in Angriff nehmen. Die FPÖ wird am 28. Jänner sicher zu den Siegern zählen, denn sie kann aufgrund dieser Ausgangsposition nur gewinnen. Die Frage ist allerdings, wie weit nach oben es gehen kann. Denn möglicherweise hat Udo Landbauer mit seiner extremen Zuspitzung das Wachstum sogar ein wenig gebremst. Am Wahltag wird das aber nicht weiter auffallen - wenn es nach oben geht, kann er sich jedenfalls als Sieger sehen.

noe.ORF.at: Die Grünen haben 2013 8,1 Prozent der Stimmen erreicht, bislang aber kein Wahlziel genannt. Spitzenkandidatin Helga Krismer hat in einem Interview mit der Austria Presse Agentur gesagt, dass „Wahlziele nur Medien interessieren“. Woher kommt diese extreme Zurückhaltung?

Sendungshinweis

„NÖ Journal“, 13.1.2018

Hofer: Die Grünen haben natürlich die Angst, dass sie auch aus dem Landtag fallen und deswegen wollen sie hier keinen Negativ-Spin hineinbekommen und formulieren deswegen kein Ziel. Würde man sagen, im Landtag bleiben zu wollen, würde das sehr tiefgestapelt wirken und defensiv rüberkommen. Man vermeidet das also, aber natürlich geht es um den Wiedereinzug in den Landtag, keine Frage. Angesichts der Themenlage- sowohl in Niederösterreich als auch auf Bundesebene - ist es für die Grünen gerade nach diesem Horrorjahr 2017 das einzige, das man anstreben muss: Im Landtag zu bleiben und so für die kommenden Landtagswahlen eine bessere Ausgangsposition zu schaffen.

noe.ORF.at: NEOS tritt in Niederösterreich erstmals bei einer Landtagswahl an. Spitzenkandidatin Indra Collini lässt sich bei ihrer Kampagne von NEOS-Chef Matthias Strolz unterstützen und will in den Landtag einziehen. Wie realistisch ist das?

Hofer: Natürlich ist es keine ‚gmahde Wiesn‘, wie man in Österreich sagt, aber die Chancen sind da. Sie haben sicherlich eine bessere Themenkonjunktur und auch beim personellen einen anderen Aufschlag als andere Parteien und NEOS ist auch im Bund aktuell die einzige funktionsfähige Oppositionspartei und insofern sind die Chancen da. Wenn man gerade im Speckgürtel rund um Wien das vorhandene Potential abholt, ist der Einzug in den Landtag jedenfalls möglich bis realistisch. Hier gibt es Bereiche, die wählertechnisch ähnlich wie Wien funktionieren.

Das Gespräch mit Thomas Hofer führte Gernot Rohrhofer, noe.ORF.at

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