Germania-Lied auch bei katholischen Studenten

Das NS-Lied taucht ohne Holocaust-Zeile auch in einem Buch der katholischen Couleurstudenten auf. Dort vermutet man, dass diese „dazugedichtet“ wurde. Landeshauptfrau Mikl-Leitner begrüßt indes die mögliche Auflösung von Germania.

Das Lied findet sich im „Kommersbuch“ in einer mittlerweile überarbeiteten Auflage aus dem Jahr 1984 und ist mit einer Fußnote versehen. Laut Anmerkung stammt das Lied aus dem Jugendliederbuch des Franziskanerordens („Der Bettelmusikant“) und ist ein „parodistischer Text“, der „übertriebene Deutschtümelei, insbesondere Nazismus und Rassenlehre bespöttelt“.

Adaptierung durch Burschenschaft vermutet

Die Zeile aus dem Germania-Buch „Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million“ kommt im Buch des ÖVP-nahen Österreichischen Cartellverbands (ÖCV) nicht vor. Daher vermutet der Cartellverband, dass sie von der Burschenschaft dazugedichtet wurde, wie ein Sprecher der APA sagte.

Im Buch des ÖCV stehen Zeilen wie: „Da trat in ihre Mitte ein Römer mit deutschem Gruß: Heil Hitler, ihr alten Germanen, ich bin der Tacitus.“ Der ÖCV betont, dass das Kommersbuch 2015 ohne dieses Lied neu aufgelegt wurde und man deutsch-nationales Gedankengut ablehne. Herausgegeben wurde das Kommersbuch vom Mittelschüler-Kartell-Verband der katholischen Studentenkorporationen namens des Cartellverbands und des Akademischen Bundes der katholischen Landsmannschaften.

Mikl-Leitner: „Es braucht ein ganz klares Hinsehen“

Die Bundesregierung gab am Mittwoch bekannt, dass sie die Burschenschaft Germania auflösen will, wenn strafrechtliche Aktivitäten nachgewiesen werden - mehr dazu in NS-Liederbuch: Regierung will Germania auflösen (noe.ORF.at; 31.1.2018). Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) dazu: „Wenn Positionen, die für mich und für Niederösterreich Bedeutung haben, von der Bundesregierung übernommen werden, dann begrüße ich das.“

„Gerade, wenn es um den Umgang mit Antisemitismus und schweren Vorwürfen geht, darf es im Land keine Zweifel geben. Da braucht es einfach ein ganz klares Hinsehen, da muss vor allem auch jeder Winkel ausgeleuchtet werden und konsequent gegen Antisemitismus vorgegangen werden“, so Mikl-Leitner. Auch eine Historikerkommission begrüßte die Landeshauptfrau.

Eine Zusammenarbeit mit Udo Landbauer, der Vize-Obmann der Burschenschaft Germania war, schließt Mikl-Leitner weiterhin aus: „Ich habe meine Position ganz klar gelegt, dass es in der neuen Landesregierung keine Zusammenarbeit mit Udo Landbauer als Regierungsmitglied geben wird.“ Alle weiteren Konsequenzen müsse die FPÖ parteiintern entscheiden, so die Landeshauptfrau.

Schneeberger: „Verdacht muss erhärtet werden“

Während Mikl-Leitner auf Landesebene eine Zusammenarbeit mit Landbauer ausgeschlossen hat, ist Landbauer in Wiener Neustadt weiterhin Stadtrat und damit Teil der dortigen Koalition mit ÖVP-Klubobmann und Bürgermeister Klaus Schneeberger. Gegenüber der „Zeit im Bild 2“ begründete das Schneeberger am Mittwoch so: „Jetzt habe ich drei Jahre mit ihm sehr gut zusammengearbeitet, und jetzt kommt dieser Verdacht. Es ist ein Verdacht, ein schwerwiegender Verdacht, aber der muss erhärtet werden, damit ich abberufe.“

In der Sendung wurde auch ein ehemaliges Mitglied der Germania interviewt, das aber anonym bleiben wollte. Ob auch dieses Lied gesungen wurde, wusste der „ZiB2“-Interviewpartner nicht mehr. Aber: „Die Lieder, die da gesungen wurden, waren durchwegs quer durch die Bank mit rechtsradikalem Gedankengut und Antisemitismus versehen.“

Wittmann: „Gewusst, dass er Burschenschafter ist“

In der Causa wird unter anderem gegen ein ehemaliges SPÖ-Mitglieder aus Wiener Neustadt ermittelt, der das Liederbuch illustriert hat. Peter Wittmann (SPÖ), der von 1993 bis 1997 Bürgermeister in Wiener Neustadt war, kennt den Betroffenen, wie er in der „Zeit im Bild 2“ sagte.

Wittmann verteidigte, dass der Mann erst jetzt aus der Partei ausgeschlossen wurde. „Ich habe gewusst, dass er Mitglied einer Burschenschaft ist, aber nicht welcher. Grundsätzlich war er SPÖ-Mitglied, wie wir erfahren haben, dass er nationalsozialistisches Gedankengut befürwortet, habe ich ihn ausgeschlossen. Hätten wir das 1995 erfahren, hätten wir ihn 1995 ausgeschlossen. Wir haben es 2018 erfahren, daher haben wir ihn ausgeschlossen.“

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