Szenenfotos 2019 Joseph Lorenz und Stefanie Dvorak
Festspiele Reichenau, Foto: Dimo Dimov
Festspiele Reichenau, Foto: Dimo Dimov
Kultur

Reichenau: Ein Jahr ohne den „Unersetzbaren“

Die Festspiele Reichenau starten in die neue Saison – nur wenige Tage nach dem Tod des Publikumslieblings Peter Matic, der für den Intendanten Peter Loidolt „in keiner Weise ersetzbar“ ist. Auf dem Festspielprogramm stehen fünf Premieren und ein Konzert.

Als „Grandseigneur der Festspiele“ bezeichnete der Reichenauer Intendant Peter Loidolt Burgschauspieler Peter Matic unmittelbar nach der Todesnachricht vergangene Woche. Noch am Tag seines Ablebens sei Matic bei den Proben erschienen und „es waren keine Anzeichen zu sehen, dass es ihm schlecht geht oder dass er dem Tod so nahe war“, sagte Loidolt damals.

Bereits am Montag, zum Auftakt der diesjährigen Festspiele, hätte Matic nun bei der Premiere von Franz Werfels „Eine Blassblaue Frauenschrift“ auftreten sollen. In dem Stück in der Fassung von Nicolaus Hagg führt Julian Pölsler Regie, für Matic muss nun Thomas Kamper einspringen.

Szenenfoto aus „Blassblaue Frauenschrift“ mit Peter Matic
Festspiele Reichenau, Foto: Dimo Dimov
Peter Matic (Mitte) bei Proben zur „Blassblauen Frauenschrift“

2002 war die „Blassblaue Frauenschrift“ bereits einmal in Reichenau zu sehen. In seiner Novelle aus dem Jahr 1940 hatte Franz Werfel, der zu diesem Zeitpunkt im französischen Exil lebte, seine Eindrücke von „Ständestaats“ und Nationalsozialismus verarbeitet. Vor diesem Hintergrund erzählte Werfel eine, wie er selbst damals sagte, „vertrackte Ehegeschichte, etwas, was ich bisher noch nie versucht habe.“ Im Zentrum der Handlung im Wien des Jahres 1936 steht ein Sektionschef (verkörpert von Joseph Lorenz), seine Frau (Fanny Stavjanik) und seine ehemalige Geliebte (Stefanie Dvorak).

Turgenjew und Schnitzler am Programm

Am Dienstag folgt in Reichenau die Premiere von Iwan Turgenjews Komödie „Ein Monat auf dem Lande“ unter der Regie von Hermann Beil. Auch diese wurde bereits einmal, im Jahr 1998, als Teil der Festspiele inszeniert. Zu sehen sind heuer unter anderem Dirk Nocker, Julia Stemberger sowie Elisabeth Augustin. Das 1849/1850 uraufgeführte Stück gilt heute als das bedeutendste des russischen Dichters. Die Komödie in fünf Akten nannte Turgenjew selbst eine „psychologische Studie“. Er erforschte darin die „Rivalität zwischen einer reifen Frau und einem gerade erst erwachsenden Mädchen“, wie es im Reichenauer Programm heißt.

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 2.7.2019

Die Festspiele werden am Mittwoch mit der Premiere des Schnitzler-Dramas „Der Ruf des Lebens“ fortgesetzt. Darin analysierte er anhand einer schwierigen Beziehung von Vater und Tochter den Militarismus zur Zeit der Habsburgermonarchie. 1905 hatte Schnitzler dieses Werk genau hier, in Reichenau an der Rax, fertiggestellt. Im Jahr darauf wurde es in Berlin uraufgeführt. Heuer ist es erstmals am Ursprungsort des Textes zu sehen, u.a. mit Toni Slama, Johanna Prosl und Alina Fritsch. Regie führt Helmut Wiesner.

Glamour in Reichenau

Der Donnerstag werden die Festspiele in Reichenau mit einem Stück des US-Amerikaners F. Scott Fitzgerald wieder international und zugleich auch glamourös. „Die Schönen und Verdammten“, 1920 als Roman veröffentlicht, erzählt von einem jungen Paar (in Reichenau verkörpert von Daniel Jesch und Wanda Worch) und dem schwierigen Umgang mit den Themen Alkohol und Geld – mit unübersehbaren Parallelen zur Biografie des Autors. Die Regiearbeit in Reichenau übernahm Michael Gampe.

Am Samstag findet der Premierenreigen schließlich mit Thomas Manns „Mario und der Zauberer“ seinen Abschluss. Im Rahmen des Projekts der Festspiel-Mitgründerin Renate Loidolt treten u.a. Andre Pohl, Elisa Seydel und Tobias Reinthaller auf. Bis zum 8. August sind die fünf Stücke anschließend in Reichenau zu sehen. Am Wochenende vor der Eröffnung waren auf der Website der Festspiele für einzelne Vorführungen noch Restkarten verfügbar. Zusätzlich tritt am 21. Juli der russische Pianist Oleg Maisenberg nach sechsjähriger Pause wieder bei den Festspielen auf. Auf dem Programm steht Musik von Tschaikowsky (Die Jahreszeiten) und Mussorgsky (Bilder einer Ausstellung).