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Gesundheit

Hanf in der Medizin: THC und CBD

Hanf ist eine sehr alte Nutzpflanze. Als illegales Rauschmittel ist es in Verruf geraten, erst in der letzten Zeit hat man wieder die positiven Wirkungen für die Gesundheit entdeckt. Verantwortlich für die medizinische Wirkung sind die Canabinoide: das THC und das CBD.

In welcher Form wird Hanf als Arzneimittel angewandt?
„Hanf ist eine uralte Nutzpflanze, deren Fasern zum Beispiel zur Produktion von Hanfpapier (Spezialpapiere, vor allem Zigarettenpapier), Hanftextilien (Bekleidung, Technische Textilien), Naturdämmstoffen verwendet werden. Hanf ist allerdings in Verruf gekommen, weil es als illegales Rauschmittel (z.B. Haschisch, Marihuana) missbraucht wurde. Erst in der letzten Zeit erkannte man wieder die verschiedenen positiven Wirkungen von Hanfprodukten für die Gesundheit. Verantwortlich für diese Wirkungen von Hanf, lateinisch Cannabis, sind vor allem zwei Inhaltsstoffe: Tetrahydrocannabiol (THC) und Cannabidiol (CBD)“, beantwortet Apotheker Gilbert Zinsler die häufigsten Fragen rund um das Thema Hanf in der Medizin.

Wie unterscheiden sich THC und CBD?
„THC ist die psychoaktive Substanz, die die Grundlage der Verwendung als Rauschmittel ist und daher in Österreich als Suchtmittel angesehen wird. Es besitzt u.a. berauschende, krampflösende, brechreizmindernde (antiemetische), schmerzlindernde und appetitanregende Eigenschaften. Das aus der Hanfpflanze gewonnene THC ist in Österreich in der Apotheke unter der Wirkstoffbezeichnung Dronabinol rezeptpflichtig erhältlich.“

Laut Zinsler gelten Einsatzgebiete v.a. Tumorschmerzbehandlung und Symptomkontrolle in der Palliativmedizin, Übelkeit bei einer Chemotherapie sowie Magersucht bei Tumor- und AIDS-Patienten, schmerzhafte Krämpfe bei Multipler Sklerose sowie chronische neuropathische Schmerzen. „CBD besitzt keine berauschenden oder suchterzeugenden Effekte, sondern ist v.a. antientzündlich, antiepileptisch und antipsychotisch sowie schmerzlindernd wirksam. Die am besten untersuchten Einsatzbereiche sind frühkindliche, nicht auf andere Therapien ansprechende Epilepsie, kindliche Schizophrenie sowie die Vorbeugung von Abstoßungsreaktionen nach Knochenmarktransplantationen. Auch die Schizophrenie bei Erwachsenen könnte eine sinnvolle Indikation darstellen", so der Apotheker.“

Hanfpflanze
ORF

Können Cannabismedikamente süchtig machen?

"Beim missbräuchlichen Gebrauch von „Gras“, wie Raucher von Marihuana die Pflanze nennen, wird das „High“, das Gras ihnen liefert gewollt: Dies ist die berauschende Wirkung. Im therapeutischen Gebrauch sind Cannabiswirkstoffe so dosiert, dass dieses „High" gar nicht oder nur in stark abgeschwächter Form auftritt. Im Normalfall kommt es zu keiner Beeinträchtigung. Cannabismedikamente machen auch nach jahrelangem Gebrauch nicht süchtig“, so Zinsler.

Für welche Erkrankungen wird CBD eingesetzt und ist es ein Wundermittel?

„Wenn am heute das Internet durchsucht wird man unendliche Möglichkeiten des Einsatzes von CBD finden. Unseriöse Anbieter von verschiedenen CBD-Ölen etc. finden immer wieder neue Anwendungsgebiete und versprechen Wunderheilungen. Hanfprodukte und sind sicherlich keine Wundermittel. Bisher gibt es gute Ergebnisse bei verschiedenen Formen der Epilepsie, bei der Schizophrenie, bei Morbus Parkinson, bei besonderen Hirntumoren. Mögliche andere medizinische Anwendungsgebiete, die wissenschaftlich diskutiert wreden sind: Schlafstörungen, Depressionen, Belastungsstörungen, Diabetes, Multiple Sklerose, Morbus Alzheimer, Autismus und verschiedene Krebserkrankungen. Für all diese potenziellen Anwendungsmöglichkeiten fehlen allerdings bis jetzt ausreichend aussagekräftige wissenschaftliche Studiendaten bei Menschen, um die Wirksamkeit von CBD zweifelsfrei zu bestätigen. Die Forschung der kommenden Jahre wird hier hoffentlich mehr Klarheit schaffen können.“

Die meisten Patienten möchten Hanfprodukte bei chronischen oder starken Schmerzen einnehmen?

„Cannabinoide finden zunehmend Anwendung bei chronischen Schmerzen. Die genaue Wirkung ist noch immer Gegenstand zahlreicher Studien. Die meisten Hanföle und sonstige Dinge, die in Hanfshops oder in Supermärkten angeboten werden sind wohl unwirksam und sinnlos. Nach derzeitigem Wissensstand besteht Hoffnung, bestimmte chronische Erkrankungen komplementär mit echten Medikamenten wie Dronabinol behandeln zu können. Die Studienlage legt eine gewisse Wirkung bei chronischen Schmerzen nahe. Jedenfalls sind Cannabinoide sind nur eine Möglichkeit der Behandlung in der Schmerzmedizin. Die Wirksamkeit bestimmter Präparate hängt von der individuellen Situation eines Patienten ab. Besser belegt ist die Wirkung bei neuropathischen Schmerzen, d.h. bei Schmerzen, die durch Erkrankungen des Nervensystems verursacht werden“, erklärt der Pharmazeut.

Wie sieht die rechtliche Situation nun aus? Ist CBD verboten, oder erlaubt?

„Hanfprodukte die den natürlichen Gehalt an CBD enthalten können als Lebensmittel in Österreich überall verkauft werden. Diese haben allerdings selten den gewünschten medizinischen Effekt, da zu wenig Inhaltsstoff enthalten ist. Mit CBD angereicherte Produkte, also CBD Extrakte mit einem höheren CBD Gehalt gelten nach einem Erlass des Sozialministeriums, der inzwischen für mehr Konsumentenschutz sorgen sollte, nun als „Novel Food“ gelten dürfen eigentlich nur nach einer Kontrolle in den Handel gebracht werden“, so Zinsler, und weiter: „Trotzdem werden entsprechende Produkte zum Beispiel als Tee oder Öl weiterhin verkauft – Meistens allerdings ohne Qualitätskontrolle und in einer Form, die nicht für die innerliche Anwendung, also Einnahme empfohlen wird. Dies ist eigentlich unbefriedigend und vernünftig wäre, im Sinne der Patientensicherheit wäre eine Einstufung von CBD als Arzneimittel, das geprüft und kontrolliert nur in der Apotheke bezogen werden kann.“

Wie ist CBD in der Apotheke erhältlich? Zahlt CBD die Krankenkasse in der Apotheke?

„Die Abgabe von CBD in Apotheken ist nur erlaubt, wenn der Apotheker die Herstellung entsprechend der ärztlichen Verschreibung durchführt. Die Dosierung erfolgt somit individuell und indikationsbezogen. Für die medizinische Anwendung wird ausschließlich der Einsatz der Reinsubstanz von CBD in Arzneistoffqualität in öligen Tropfen empfohlen. So haben Sie, als Patient die Sicherheit ein Produkt zu bekommen, das wirkungsvoll ist und für sie die richtige Dosierung enthält. Eine Erstattung der Kosten durch die Krankenkasse ist nur mit besonderer medizinischer Begründung nach Bewilligung des chefärztlichen Dienstes möglich. Diese gibt es in Ausnahmefällen, zum Beispiel bei therapierefraktären seltenen kindlichen Epilepsieformen“, sagt Gilbert Zinsler.