Rudolf Silvan
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Politik

Silvan: „Treten an, um stärkste Kraft zu werden“

Für Rudolf Silvan, den Spitzenkandidaten der SPÖ Niederösterreich für die Nationalratswahl, sind die inhaltlichen Schwerpunkte der Kampf gegen den Zwölf-Stunden-Tag und der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel. Er tritt an, um mit der SPÖ stärkste Kraft zu werden.

Der gebürtige Mödlinger Rudolf Silvan ist gelernter Bäcker, schon früh engagierte er sich in der Gewerkschaft. 1990 wurde er Jugendsekretär der Gewerkschaft Bau-Holz Niederösterreich, seit 2009 ist er deren Landesgeschäftsführer.

Von 2008 bis April 2019 war er Vorsitzender der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt für Wien, Niederösterreich und das Burgenland. Für den niederösterreichischen SPÖ-Spitzenkandidaten, der in Siegersdorf (Bezirk Baden) lebt, sind die Anliegen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die wichtigste Aufgabe.

noe.ORF.at: Herr Silvan, 2017 war die damalige Ministerin Sonja Hammerschmid Spitzenkandidatin der SPÖ in Niederösterreich, heuer ist sie auf Platz zwei der Landesliste. Heur stehen Sie auf Platz eins. Sie sind bis jetzt Gewerkschafter, aber nicht Bundespolitiker. Wie wird man in der SPÖ eigentlich Spitzenkandidat?

Rudolf Silvan: Es war so, dass wir in der SPÖ seit 130 Jahren Arbeitnehmerpolitik machen, dass dies aber von den Arbeitnehmern bei der Wahl nicht wirklich honoriert wird. Wir hatten bei der letzten Wahl bei den klassischen Arbeitern eine Anteil von zirka 20 Prozent. Es sollte ein Signal an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sein, dass man hier einen Gewerkschafter auf Platz eins setzt.

noe.ORF.at: Im Wahlkampf treten Sie vor allem mit Kritik am Zwölf-Stunden-Tag auf, dass er eine Belastung für die Arbeitnehmer sei. Auf der Gegenseite hört man, dass das durchaus fein ist, an einem Tag mehr zu arbeiten und an vier Wochentagen fertig zu sein. Oder wenn ich Pendler bin, dann habe ich an vier Tagen das Wochenpensum erledigt. Was ist so schlimm an der Möglichkeit, dass man zwölf Stunden arbeitet?

Silvan: Wir haben jetzt nach einem Jahr die Erfahrung gemacht, dass der Zwölf-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche bei einem Drittel der österreichischen Betriebe angekommen sind. Wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass alle ausländischen Unternehmen, die hier in Österreich anbieten – ob das tschechische, slowakische, ungarische oder slowenische sind –, alle mit einer 60-Stunden-Arbeitswoche kalkulieren. Unsere eigenen Kleinbetriebe kommen dadurch unter Druck. Deswegen fordern wir ein modernes Arbeitszeitgesetz, das dem 21. Jahrhundert entspricht.

Rudolf Silvan im Gespräch mit Robert Ziegler
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Rudolf Silvan (r.) im Gespräch mit ORF-NÖ-Chefredakteur Robert Ziegler

noe.ORF.at: Aber ist diese ständige Kritik am Zwölf-Stunden-Tag und der 60-Stunden-Woche nicht ein bisschen populistisch? Es gibt ja niemandem, der durchgehend 60 Stunden arbeitet.

Silvan: Es waren heuer nach der ersten Hitzewelle Kolleginnen und Kollegen bei uns, die bei über 33 Grad eine 55-Stunden-Woche hinter sich hatten und die wirklich ernsthafte gesundheitliche Probleme hatten. Wir hatten im Juni im Burgenland einen Hitzetoten am Bau, einen 54-jährigen Bauarbeiter.

noe.ORF.at: Bringen Sie jetzt den Tod eines Menschen mit dem Zwölf-Stunden-Tag in Verbindung?

Silvan: Die Belastung in der Hitze mit der Verbindung von langen Arbeitszeiten ist eindeutig gesundheitsgefährdend. Der zweite Punkt ist: Wir wissen, dass bei Arbeiten über 30 Grad die Konzentration sinkt – um bis zu 50 Prozent –, und im gleichen Ausmaß natürlich die Arbeitsunfallgefahren steigen.

noe.ORF.at: Ein großes Thema im Wahlkampf ist der Klimaschutz. Die SPÖ bietet ein ganzes Bündel an: Sie will keine CO2-Steuer, will ein Klimaticket, will die Pendler entlasten, den öffentlichen Verkehr ausbauen, gleichzeitig auch die Straßen ausbauen, quasi nach dem Motto „Alles für alle“. Was will die SPÖ jetzt wirklich?

Silvan: Wir wollen erstens einmal in Niederösterreich einen flächendeckenden Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel. Wir haben tolle Strecken, gleichzeitig ist es aber so, dass wir in Rest-Niederösterreich, ob das jetzt ins Wald-, Wein- oder Mostviertel ist, schlechte Möglichkeiten und Anbindungen haben. Jetzt ist es daran, hier möglichst viel zu investieren, das bringt auch Arbeitsplätze und auch etwas dem Gewerbe und der Wirtschaft, und soll CO2 sparen. Das zweite Angebot ist das Klimaticket, 365 Euro pro Jahr, also einen Euro pro Tag, analog zu Wien.

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 19.9.2019

noe.ORF.at: Die gestrige ORF-Diskussion zwischen Ihrer Parteivorsitzenden Rendi-Wagner und ÖVP-Bundesobmann Kurz hat gezeigt, dass es wirklich große Differenzen gibt. Sehen Sie die SPÖ auch in der nächsten Zeit in der Opposition?

Silvan: Ich glaube, persönliche Befindlichkeiten kann man schon einmal austauschen, auch vor der Kamera, das gehört zu einem Wahlkampf dazu. Ich glaube aber, dass wir alle soweit Profis sind, wenn es um das Land und die Menschen geht, dass wir die persönlichen Befindlichkeiten hintanstellen und die Sachebene in den Vordergrund stellen.

noe.ORF.at: Wünschen sie sich eine ÖVP-SPÖ-Regierung?

Silvan: Ich wünsche mir eine SPÖ-ÖVP-Regierung.

noe.ORF.at: Wollen sie jetzt wirklich sagen, dass Sie anstreben, dass die SPÖ auf Patz eins kommt?

Silvan: Wer in Niederösterreich und in Wien gut abschneidet, hat auch gute Chancen, Erster zu werden. Ich kenne die Umfragen genauso wie Sie, Umfragen sind eine Momentaufnahme. Wir treten natürlich an, um stärkste Kraft zu werden.

noe.ORF.at: Die SPÖ war 2017 in Niederösterreich hinter der FPÖ auf Platz drei. Das ist doch völlig unrealistisch, dass Sie hier Richtung Platz eins marschieren. Was machen Sie, wenn die SPÖ bundesweit auf Platz drei kommt?

Silvan: Das halte ich quasi für ausgeschlossen. Ich glaube, wir sind jetzt momentan sehr gut unterwegs. Die Wahlanalysen und die Wählerstromanalysen zeigen, dass wir hier einen Aufwärtstrend haben. Ich gehe davon aus, dass wir mindestens Platz zwei in Niederösterreich belegen.

noe.ORF.at: Wäre für Sie denkbar, dass es auch einmal eine Koalition SPÖ-FPÖ gibt?

Silvan: Nein, das wäre nicht denkbar, weil es ideologisch einfach nicht passt. Das wäre für mich persönlich ein absolutes no-go.