Hollabrunner Hauptplatz
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Politik

Zuzug bringt Freud und Leid in Hollabrunn

Über das starke Bevölkerungswachstum freuen sich in Hollabrunn alle Parteien. Die Bezirkshauptstadt wächst laut Prognosen bis 2029 auf 13.000 Einwohner an. Mit diesem Zuzug kommen aber auch Diskussionen. Dabei geht es um Verkehr und Wohnen.

Wenn die Verkehrslage gut ist, trennt Hollabrunn und Wien eine etwa 40-minütige Autofahrt. Die Stadt wurde in den vergangenen Jahren zu einem beliebten Zuzugsort – eine Art erweiterter Speckgürtel der Bundeshauptstadt. Das sieht man auch an der Anzahl der Wahlberechtigten: 11.038 der 11.800 Einwohner sind am 26. Jänner in Hollabrunn wahlberechtigt. Die Zahl derjenigen, die stimmberechtigt sind, ist hier wegen der Zweitwohnsitzerregelung so hoch.

Die Verkehrsdebatte

Viele Einwohner pendeln täglich, sei es in die Arbeit oder in die Schule. Diese Verkehrsproblematik müsse man lösen, heißt es von den Grünen. Ihr Spitzenkandidat Georg Ecker kritisiert, dass es seitens der ÖVP eine Blockadehaltung gebe: „Verkehrskonzepte haben wir genug, nur wird nichts daraus umgesetzt. Die Katastralgemeinden sind sehr schlecht angebunden an den öffentlichen Verkehr. Es gibt etwa keine Möglichkeit, mit den Öffis zum Zug zu kommen.“ Die Grünen sind seit der letzten Wahl 2015 mit zwei Mandataren im Gemeinderat vertreten. Sie fordern den zweigleisigen Ausbau der Zugstrecke zwischen Hollabrunn und Stockerau (Bezirk Korneuburg).

Wahlergebnis in Hollabrunn 2015

  • ÖVP: 58,16 Prozent (-0,4)
  • SPÖ: 17,32 Prozent (-6,32)
  • FPÖ: 17,26 Prozent (+5,05)
  • Grüne: 7,25 Prozent (+2,22)

Dass die Züge überfüllt seien, ist auch für FPÖ-Spitzenkandidat Christian Lausch ein Problem. Ähnlich wie die Grünen, möchte er den zweigleisigen Ausbau von Retz (Bezirk Hollabrunn) bis Stockerau. Nichtsdestotrotz zielen Lauschs Forderungen aber auch auf Autofahrer ab: „Es gibt ein Parkplatzproblem in der Innenstadt. Wir wollen mehr Kurzparkzonenplätze.“ Die FPÖ durchlebte in Hollabrunn seit 2015 turbulente Zeiten. Vom besten Gemeinderatswahlergebnis mit 17 Prozent und sechs Mandaten blieb Christian Lausch als einziger Gemeinderat übrig. Ende 2015 verließen vier Mandatare die FPÖ und treten jetzt als „Liste Scharinger“ an. Ein weiterer Blauer war zuerst parteifrei und tritt dieses Mal für die ÖVP an.

Hollabrunner Hauptplatz
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Geht es nach den Forderungen der Oppositionsparteien, sieht der Hauptplatz bald anders aus

Gestaltung der Innenstadt

Zwei bis drei Mandate möchte die FPÖ am 26. Jänner erreichen. Sie wirbt mit Wohnen für junge Pärchen und Singles. Beim Zuzug handle es sich nämlich hauptsächlich um Familien. Für Jüngere würde es keine leistbaren Wohnungen geben, so Lausch: „So 50 bis 60 Quadratmeter um maximal 400 Euro. Dann brauchen die Jungen auch nicht nach Wien zu ziehen, weil sie bei uns nichts finden.“ Den Zuzug sieht Lausch positiv, aber die Infrastruktur müsse mitwachsen.

In diese Richtung geht auch die Kritik der SPÖ. Die Stadtregierung habe Budgetlöcher gestopft, aber nichts investiert – so der Vorwurf von SPÖ-Spitzenkandidat Friedrich Dechant. Der Zuzug brauche ein Gesamtkonzept: „Über Verkehr bis Siedlungsbau. Viele Leerflächen wurden verbaut mit Wohnungen, aber der steigende Bedarf beim Kanal- und Wassernetz ist nicht durchdacht“, sagt Dechant gegenüber noe.ORF.at. Die SPÖ will den Hauptplatz umbauen. Statt der Parkplätze solle ein Parkdeck errichtet werden, damit der Platz „grüner“ werden kann.

Sendungshinweis

„Radio-NÖ-Journal“, 20.1.2020

Die Innenstadt sieht Wolfgang Scharinger, Erstplatzierter der namensgleichen Bürgerliste, als „Katastrophe an sich“ an. Geschäfte würden zusperren. Der Zuzug solle nicht im Zentrum geschehen, sondern in den umliegenden Dörfern. Damit meint Scharinger die 21 Katastralgemeinden Hollabrunns: „Der Zuzug wächst uns im Zentrum über den Kopf. Wir sollten einen Teil der Baugründe für bereits Ortsansässige reservieren“, schlägt Scharinger vor. Er ist seit 30 Jahren in der Gemeindepolitik aktiv und gründete die „Liste Scharinger“ als Abspaltung von der FPÖ. Im Gemeinderat fordert Scharinger eine bessere Zusammenarbeit.

ÖVP kündigt Plan für Infrastruktur an

Die sei vorhanden, kontert ÖVP-Bürgermeister Alfred Babinsky. Er spricht lieber von einer Wahlauseinandersetzung als von einem Wahlkampf. Offiziell übernahm er im Sommer 2019 das Amt von Erwin Bernreiter. Der Weg der ÖVP ist, weiter Wohnraum im Zentrum zu verdichten und in den Katastralgemeinden weniger Fläche zu versiegeln. In der Innenstadt seien etwa zwei Wohnprojekte in Planung, in denen auch Geschäfte Platz finden würden. Am Ausbau der Infrastruktur arbeite man kontinuierlich: „Ein neuer Schulcampus, wo unsere zwei Volksschulen, die Musikschule und die Sonderpädagogische Schule Platz haben, könnte 2024 fertiggebaut sein.“ Beim Verkehr verweist Babinsky auf das „Projekt 2040“, das in drei Monaten präsentiert werden soll. Dabei geht es um die Infrastruktur der Stadt.

Als Wahlziel sieht der Bürgermeister, die absolute Mehrheit zu halten. Jüngere Wähler sollen etwa mit WLAN-Hotspots oder dem Ausbau des Eislaufplatzes überzeugt werden. Einer Forderung von drei Oppositionsparteien für ein Hallenbad kann er sich nur teilweise anschließen. SPÖ, FPÖ und die „Liste Scharinger“ schlagen den Bau eines Hallenbads vor. Das soll mit Beteiligungen weiterer Gemeinden im Bezirk finanziert werden. Babinsky wünscht sich auch ein Hallenbad, aber die Erhaltungskosten müssten finanziert werden und Hollabrunn würde als Stadt mit den meisten Einwohnern folglich auch den größten Teil davon zahlen.