Wiese mit mehreren Erdhügel im Vorder- und Hintergrund
Foto: meineresterampe / Pixabay
Tiere

Ein Rendezvous mit dem Maulwurf

Der Maulwurf wurde erst kürzlich vom Naturschutzbund Österreich zum „Tier des Jahres“ gekürt. Er gilt als Nützling, bringt aber so manchen Gärtner zum Verzweifeln. noe.ORF.at hat bei Gartenexperten nachgefragt.

„NÖ heute“-Gartenexperte Johannes Käfer schiebt vorsichtig mit einer Gartenschaufel Erde von einem Hügel in der Wiese zur Seite. „Es können ja auch Wühlmäuse sein – und die gelten als Parasiten- und Krankheitsüberträger“, sagt Käfer. Daher sei es immer ratsam, Handschuhe zu tragen, bevor man die Erdhügel im eigenen Garten näher nach ihrem Erbauer untersucht.

Langsam legt Käfer mit einem Unkrautstecher den Gang unter dem Erdhügel frei. Die freigelegten Gänge gehen bodennah und seitlich weg. Das spreche eher für Wühlmäuse, so Käfer. Bei einem echten Maulwurfshügel verläuft der Gang vertikal in die Erde. Der bis zu 17 Zentimeter große Maulwurf lebt zwischen zehn und 20 Zentimeter unter der Erde. In den Wintermonaten zieht er sich – ähnlich wie seine Nahrung – in tiefere Schichten zurück.

Maulwurf an der Oberfläche auf einem Erdhügel
Der Maulwurf fühlt sich in ruhigen Naturgärten am wohlsten

Was der Maulwurf nicht will: Lärm

Der Tunnelbauer lebt auf bis zu 200 Quadratmeter im Erdreich. Er ist zwar fast blind, hört und riecht jedoch exzellent. Das müsse er auch, um zu überleben. „Der Maulwurf hört sofort, wenn Beute in einen seiner Jagdgänge gefallen ist. Darum kann er es gar nicht leiden, wenn es laut ist“, sagt Käfer. Ein Rasenroboter, Hunde oder spielende Kinder können ihn in Kombination mit biologischen Hausmittel wie im Frühjahr angesetzte Holunderjauche und Essensreste vertreiben. Auch Zugluft kann er nicht ausstehen. Zwei Dinge braucht es jedenfalls definitiv: „Viel Geduld und Beharrlichkeit“, sagt der Gartenexperte Käfer. Die Maulwürfe dürfen lediglich vergrämt, nicht aber bekämpft werden.

Vielen Gartenbesitzern sind vor allem die Erdhügeln ein Dorn im Auge. Auf keinen Fall sollte man die Erde mit Scheibtruhen abtransportieren, da sie im Boden fehlt und dieser dadurch immer unebener wird. „Am besten im Frühjahr – bevor das Gras wieder wächst, mit einem Rechen ebnen“, empfiehlt Käfer. Die Erde ist unkrautfrei und eignet sich dadurch auch für Aussaatkisten.

Nahaufnahme einer Wühlmaus auf einer Hand
Foto: Tatyana Kazakova/Pixabay
Wühlmäuse können auch die Maulwurfsgänge verwenden

Auch junge Wühlmäuse stehen auf seinem Speiseplan

Eigentlich könnte man sich freuen, wenn man einen Maulwurf im Garten hat, sagt Gerlinde Koller-Steininger, Gartenexpertin für ökologische Pflege. Gilt er doch als ökologischer Schädlingsbekämpfer, natürlicher Erdlockerer und Drainagierer. Neben Engerlingen, Drahtwürmer und anderen Schädlingen stehen auch kleine, junge Wühlmäuse auf dem Speiseplan des Fleischfressers, sagt Koller-Steininger. Nebenbei sei der Maulwurf ein Qualitätszeichen für jeden Naturgarten-Besitzer, dass es sich um „einen guten, sehr fruchtbaren Boden mit einer vielfältigen Bodenfauna“ handelt, so die Expertin.

Sendungshinweis

„Guten Morgen Niederösterreich“, 16.1.2020

Eine Symbiose zwischen Hobbygärtnern und Maulwürfen sei laut Peter Lengauer vom Naturschutzbund Niederösterreich jedenfalls möglich: „Mehr Hinwendung zu Naturgärten, weg von ‚niedergepflegten‘ Gärten mit Golfrasen,“ plädiert Lengauer gegenüber noe.ORF.at. Die Bekämpfung mit Giften, Krachern und ähnlichen Mitteln sei jedenfalls nicht nur für den Maulwurf schädlich, sondern für die ganze Bodenfauna im Garten. „Wer so etwas einsetzt, der tut sich selbst nichts Gutes, denn diese Stoffe landen irgendwann auch wieder bei uns – sei es am Teller, in der Luft oder auch auf unserer Haut in Form einer Allergie“, ist Lengauer überzeugt.

Maulwurf: Nützling oder Schädling

Nicht umsonst ist der Maulwurf 2020 vom Naturschutzbund zum „Wildtier des Jahres“ gekürt worden. „NÖ heute“ hat sich umgehört, was für und was gegen den „Tunnelbauer“ spricht.

Die Wahl zum Tier des Jahres 2020

Der Trend gehe in Richtung weniger „gepflegten“ Gärten zu Naturgärten. „Die Anwesenheit des Maulwurfs sollten wir also durchaus positiv sehen und ihm ein bisschen Platz gönnen“, sagt Lengauer. Mit der Wahl des Maulwurfs zum Tier des Jahres will der Naturschutzbund auf ein Tier aufmerksam machen, das zwar noch nicht gefährdet ist, aber von dem die meisten Menschen fast nichts wissen. „Damit wollen wir jedem die Gelegenheit geben, die Tiere auch wirklich sehen zu können“, sagt Lengauer.