Zeichnung einer mittelalterlichen Stadt
MAMUZ Mistelbach
MAMUZ Mistelbach
Kultur

MAMUZ macht Mittelalter-Bauten erlebbar

Am 1. Juni öffnet auch das MAMUZ in Asparn an der Zaya (Bezirk Mistelbach) wieder. Im Schloss geht es um das Bauen und Wohnen in Niederösterreich im Mittelalter. Am Freigelände machen imposanten Wohnbauten 40.000 Jahre Menschheitsgeschichte im Maßstab 1:1 erfahrbar.

Während im Juni am Freigelände gleich mehrere Themenwochenenden mit Aktivitäten wie Bogenschießen oder „Kochen wie die Kelten“ angeboten werden, widmet sich die aktuelle Sonderausstellung in diesem Jahr einer weniger lang vergangenen Epoche der Geschichte: Die Besiedelung des heutigen Niederösterreichs und des Südens Tschechiens im Mittelalter wird anhand der Baugeschichte anschaulich gemacht.

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 30.5.2020

Es überrascht dabei, dass die so genannten „Grubenhäuser“ aus dem 9. und 10. Jahrhundert n. Chr. sehr vielen vorchristlichen Bauten im Freigelände ähneln. „Die Grubenhäuser“, führt Franz Pieler, der wissenschaftliche Leiter des MAMUZ aus, „hatten ungefähr eine Grundfläche von vier mal fünf Metern. Der Boden war etwa einen Meter abgesenkt. Er sorgte für ein gleichmäßigeres Klima im Haus durch alle Jahreszeiten. Die Wände bestanden aus Holz, Flechtwerk und Lehm.“

Foto eines nachgebauten Grubenhauses
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Nachbildung eines frühmittelalterlichen Grubenhauses (Freilichtmuseum Unterrabnitz im Burgenland)

Stein löste Holz als begehrtes Baumaterial ab

Denkt man an die vielen Ruinen und stolzen Burgen in Niederösterreich, so glaubt man nicht, dass vor mehr als 1.000 Jahren – abgesehen von den Behausungen einfacher Bauern – selbst die Burgen noch aus Holz und Lehm gebaut waren. Ab dem 11. Jahrhundert folgte der Wandel. Die Ausstellung „Achtung Baustelle – Bauen und Wohnen im Mittelalter“ zeigt, wie sich hin zum 13. Jahrhundert, mit dem wirtschaftlichen Aufschwung in Niederösterreich, das Bauen mit Stein durchsetzte.

Franz Pieler macht dafür mehrere Ursachen aus: Einerseits ließen sich die Massivität, die Höhe und die Größe der Bauten mit Holz nicht mehr umsetzen. Andererseits verlangte die gesellschaftliche Entwicklung, die eine starke Hierarchie hervorbrachte, nach repräsentativeren Bauten bei der Elite. Steinbauten wirkten imposanter als ihr Pendant aus Holz. Und dann war noch die leichtere und risikolosere Beheizung der Gebäude ein Grund.

Skizze einer waldviertler Siedlung im 9. Jahrhundert
MAMUZ
Visualisierung des mittelalterlichen Dorfes von Hard mit Herrenhof, im nordöstlichen Waldviertel gelegen (13./14. Jahrhundert)

Das Arbeiten im Hamsterrad

Klöster wurden nun aus Stein gemauert, erste Städte entstanden im Wald- und Weinviertel mit festen Bürgerhäusern. Bei den Wohngebäuden der Bürger bestand das Untergeschoß aus Stein, während das Obergeschoß aus Fachwerk gezimmert war, deren Lücken mit Lehmziegel und Flechtwerk ausgekleidet wurde. In den Räumen sorgte ein Kachelofen für Behaglichkeit. In der Schau in Asparn an der Zaya sind verschiedene Ofenkacheln ausgestellt.

Man fragt sich, wie die zentnerschweren Steinquader auf die hohen Burgmauern oder Kirchtürme gehieft wurden. Kuratorin Elisabeth Nowotny erklärt die Arbeitsweise: „Ein technisches Hilfsmittel war der Tretkran. Man kann ihn sich wie ein überdimensionales Hamsterrad vorstellen, das von darin laufenden Arbeitern angetrieben wurde. Das war ein unabdingbares Hilfsmittel auf einer mittelalterlichen Großbaustelle.“

Mittelalterlicher Kran mit Hamsterrad
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Darstellung einer Baustelle mit Tretkran

Wer also im Sommer eine Burg besteigt oder eine Basilika bestaunt, denke auch an die hunderten Arbeiter in den mannshohen Hamsterrädern. Neben dem Leben im Kloster, in den Burgen und bei den Bürgern, ist auch dem bäuerliche Leben in der Ausstellung großer Raum gegeben. Die Beschriftung ist durchgehend zweisprachig. Viele Objekte stammen aus dem angrenzenden südmährischen Raum. Die Ausstellung ist ein Interregio-Projekt zwischen Niederösterreich und Tschechien und soll die gemeinsame Geschichte und Tradition hervorstreichen.