Die veganen Landwirte mit ihren Rindern auf der Weide.
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Landwirtschaft

Wenn der Rinderzüchter zum Veganer wird

Hubert Gassner war Bio-Rinderzüchter in Gföhl (Bezirk Krems), bis er Stefanie Buchinger kennenlernte. Die Veganerin suchte einen Platz für sechs Schweine, die sie vor dem Schlachthof gerettet hatte. Heute lebt der Landwirt vegan und setzt sich für den Tierschutz ein. Seine Tiere behielt er.

„Rinder-Wahn-Sinn“ nennt Hubert Gassner die Entscheidung, seine Rinder nicht mehr in den Schlachthof zu bringen. Diese Entscheidung traf er vor sechs Jahren. Damals erreichte ihn ein Brief von Stefanie Buchinger. Die überzeugte Veganerin hatte sechs Mastschweine vor dem Schlachter gerettet und einen Platz zum Leben für sie gesucht. „Der Freikauf selbst ist keine große Schwierigkeit“, so Stefanie Buchinger über die Zeit der Herbergsuche, „aber tatsächlich einen Platz zu finden, das ist unglaublich schwierig“.

Auf den Weiden, wo Hubert Gassner sonst Sommer wie Winter seine Rinder hält, fand sie diesen. Wenige Wochen später stellte auch der Bio-Rinderzüchter seine Ernährung auf vegan um und verkaufte kein einziges seiner Tiere mehr.

Veganer Rinderzüchter Hubert Gassner striegelt seine Tiere
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Landwirt Hubert Gassner striegelt seine Rinder regelmäßig auf der Weide.

„Ungutes Gefühl“ am Weg zum Schlachthof

Schon vor der Begegnung mit Stefanie Buchinger hatte Gassner ein zunehmend „ungutes Gefühl“, wenn er seine Tiere zum Schlachthof brachte. „Ich hab mir in der Zeit gedacht, wie soll das weitergehen, wenn bei einem Bio-Tier, das bei mir immer in der Natur gelebt hat, nur durch den Weg zum Schlachter das Fleisch eigentlich kaputt gemacht wird – wegen der Stresshormone, die da entstehen.“ Als Stefanie Buchinger mit ihrer Anfrage nach einem Lebensplatz für die geretteten Schweine an ihn herantrat, wusste er sofort, dass er das machen werde, so Gassner.

Doch die Entscheidung sorgte im Umfeld des alten Klosterhofes in Gföhl für Irritation. „Dadurch, dass mich die Leute gekannt haben, haben sie zwar gewusst, verrückt ist er nicht, und so ‚deppat‘ kann er auch nicht sein,“ erzählt Gassner rückblickend mit einem Schmunzeln, am Anfang sei er aber gemieden worden: „Viel geredet haben sie nicht mit mir, weil man ja doch einen Vogel hat, wenn man so etwas tut.“

Landwirtin Stefanie Buchinger streichelt ihr gerettetes Mastschwein auf der Weide
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Das gerettete Mastschwein genießt die Streicheleinheiten von Landwirtin Stefanie Buchinger

Als einen „sehr mutigen Schritt“ bezeichnete Stefanie Buchinger Gassners Entscheidung. Die Tiere dankten es Gassner durch ein verändertes Verhalten: „Früher waren sie immer misstrauisch und nicht so zutraulich wie jetzt. Jetzt sind sie wirklich entspannt und ganz ruhig, weil sie wissen, sie brauchen überhaupt nichts zu fürchten.“

Allerdings muss nun auch für mehr als 60 Rinder und sechs Schweine immer genug Futter bereit stehen. Auf den Weiden war das in den ersten Jahren noch kein Problem, inzwischen sorgt jedoch die Trockenheit im Waldviertel für eine Futterknappheit.

Tierschutz lernen in Weide-Workshops

Gassner und Buchinger gründeten zwei Vereine. Mitglieder können für die Tiere spenden oder Tierpatenschaften übernehmen. Die studierte Chemikerin Stefanie Buchinger beschäftigt sich außerdem in einem Forschungsprojekt mit der „pflanzlichen Genusskultur“: „Weil uns klar ist, dass Ernährung und Tierliebe doch auch in Konflikt kommen können. Im Forschungsprojekt beschäftigen wir uns unter anderem mit dem Spannungsfeld zwischen Genuss, Verzicht und Gewissen.“

Veganer Rinderzüchter Hubert Gassner füttert seine Tiere auf der Weide
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Die Rinder von Hubert Gassner leben das ganze Jahr über auf der Weide

Auch Weide-Workshops werden angeboten. Dabei wolle man zeigen, wie eine alternative Tierhaltung aussehen kann, wie die Tiere davon profitieren und wie „Nutztiere ticken“, so Buchinger. Vegan zu sein ist dabei natürlich keine Voraussetzung, ganz im Gegenteil, sagt Gassner. „Ich will zeigen, wie gutes Fleisch oder weniger gutes Fleisch produziert wird. Ich möchte auch den Normalverbraucher auf den Klosterhof bringen. Und der könnte dann auch kosten, wie vegan schmeckt.“ Kurse und Bioprodukte vom Feld sowie vegane Lebensmittel werden außerdem online verkauft – allerdings nur an Vereinsmitglieder.