Wald, Blätter, Baum, Bäume, Sujet
ORF/Zrost
ORF/Zrost
„La Vita“

Der Wald als Apotheke

In den Wald zu gehen, kann für Körper und Seele heilsam sein, wie mittlerweile wissenschaftlich belegt ist. Genutzt wird das bei Kursen, in denen man gemeinsam „Waldbaden“ geht. In Niederösterreich entstehen derzeit zudem zwei offizielle Heilwälder.

In Japan sind Waldbesuche schon länger Teil der Gesundheitsvorsorge. Mittlerweile ist der Begriff „Shinrin Yoku“ – das „Waldbaden“ – auch in Österreich populär geworden, immer häufiger werden Kurse dafür angeboten.

Auch Helga Krassnig und ihr Mann Siegfried ließen sich vor einigen Monaten weiterbilden, um „Waldbaden“ zusätzlich zu ihrer Fastenbegleitung in Oberkreuzstetten (Bezirk Mistelbach) anbieten zu können. Der Fokus liegt dabei nicht auf der Bewegung im Wald im Sinne von Sport, sondern darauf, die Sinneswahrnehmung zu stärken, erklärt Helga Krassnig. Man versucht, „in den Wald einzutauchen.“ Das gelingt etwa durch Achtsamkeitsübungen, „damit man ein Gefühl dafür bekommt: wie fühlt sich der Baum an, wie riecht die Erde, wie klingt der Vogelgesang.“

Menschen machen Atemübungen im Wald, Waldbaden
ORF/Zrost
Durch Achtsamkeits- und Atemübungen versucht man beim Waldbaden, in den Wald „einzutauchen“

Stress wird abgebaut, das Immunsystem gestärkt

Auch Atemübungen sind fixer Bestandteil der Waldbadegänge, andere Übungen können wiederum so manchem Teilnehmer etwas Überwindung kosten. „Ich war total überrascht, wie es ist, barfuß durch den Wald zu gehen“, schildert etwa Sophie Piatti, die schon mehrere Male beim Waldbaden dabei war, „ich dachte, das sticht sicher, aber es war wirklich toll, auch das Gefühl, da hineinzusteigen, ohne zu wissen, was unter dem Laub ist.“

Dass das Naturerlebnis im Wald Körper und Geist gut tut, ist mittlerweile auch wissenschaftlich belegt. Stress wird reduziert, das Immunsystem gestärkt, der Blutdruck sinkt. Die heilende Wirkung der Pflanzen ergibt sich unter anderem durch die Terpene, die man über die Luft und die Haut aufnimmt.

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 19.10.2020

„Terpene sind Inhaltsstoffe, die aus den Harzen, aus dem Baum, abgegeben werden, Duftstoffe, wenn er blüht, ätherische Öle – all das kann man zusammenfassen unter diesem Begriff“, erklärt Gerhard Tucek, Leiter des Instituts für Therapiewissenschaften an der IMC Fachhochschule Krems. Hier beschäftigt man sich seit einigen Jahren intensiv mit der therapeutischen Wirkung des Waldes und begleitet derzeit die Entstehung der ersten beiden offiziellen „Heilwälder“ in Niederösterreich.

Schuhe und barfuß gehende Füße im Wald, Waldbaden
ORF/Zrost
Ohne Schuhe und Socken lässt sich der Waldboden am besten wahrnehmen

Heilwälder in Senftenberg und Göttweig geplant

„Nächstes Jahr soll der Heilwald in Senftenberg fertig sein“, schildert Heinz Boyer, Gründer und Aufsichtsratsvorsitzender der IMC FH Krems, „und wir hoffen auch, dass es in Göttweig nächstes Jahr soweit ist.“ Wichtig sei, dass hier eine Zertifizierung erfolge, „es kann nicht jeder einfach sagen: Ich mache einen Heilwald. Sondern hier gibt es ganz genaue Kriterien.“ So brauche es etwa medizinische Gutachten, die belegen, dass die Bäume in dem entsprechenden Waldstück für die Krankheiten, die es zu therapieren gilt, tatsächlich geeignet sind.

Zudem muss der Heilwald in der Nähe einer Gesundheitseinrichtung sein und es muss verschiedene Wege geben – je nach Einsatzgebiet und sportlicher Fitness der Patientinnen und Patienten. Sind alle Vorgaben erfüllt und ist der Zertifizierungsprozess abgeschlossen, könnte es demnach schon bald Waldtherapie auf Kassenkosten geben. Derzeit läuft die Zertifizierung noch über Deutschland, Krems ist jedoch bemüht, selbst auch Zertifizierungsstelle zu werden.

Das Thema Waldtherapie sei eine „Chance für unsere Gesundheit“, erklärt Heinz Boyer das Engagement der Fachhochschule in diesem Bereich, er sehe aber auch die „Chance auf eine neues Produkt“ im Sinne von touristischen Überlegungen, „gerade in Zeiten wie diesen, und ich hoffe, dass wir damit einen präventiven Beitrag für unsere Gesundheit leisten, aber auch später heilend miteingreifen können.“