Röhrender Hirsch in der Brunft
APA/dpa/Carsten Rehder
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Kulinarium

Hirschragout a la Karrer

Herbstzeit ist Wildzeit. Die Wildküche kommt immer öfter auf den heimischen Tisch. Radio-NÖ-Köchin Andrea Karrer weiß, wo man gutes Wildbret kaufen kann, sie kennt aber auch viele Tricks für die Zubereitung. Privat schätzt sie besonders ein Hirschragout.

Eigentlich ist die Wildküche so alt wie die Menschheitsgeschichte, denn bevor der Mensch sesshaft wurde, standen sozusagen Wildspezialitäten auf dem „Speisezettel“ des Urmenschen. Später, als das Jagen Königs- und Herrschaftsrecht war, wurden Jagdgründe streng bewacht, jeder Frevel, insbesondere Wildern, streng bestraft. Wild war kein Gericht für arme Leute, das ist sicherlich auch der Grund, weshalb in alten Kochbüchern sehr aufwendige Wildrezepte zu finden sind.

Eines ist sicher: der Geschmack ist in den letzten Jahrzehnten weniger wild geworden. Während der berühmte Feinschmeckerkönig des 18. Jahrhunderts, Gastrosoph Jean Anthelme Brillat-Savarin, noch einen Hasen wochenlang tief unten in seiner Manteltasche trug, um ihm durch die Körperwärme den richtigen Hautgout zu geben – wird dieser doch leichte Fäulnisgeschmack nur mehr von wenigen Gaumenabenteurern geschätzt.

Worum es aber beim Abhängen vor allem geht, ist, das Fleisch auf natürliche Weise mürbe zu machen. Durch leichte Beizen wird das Fleisch zusätzlich noch mürbe. Tiefgefrorenes Wildbret erhält durch den Gefriervorgang die richtige Konsistenz.

Wildtiere – Hirsche auf der Wiese
Pixabay/ Martina Janochová

In der zeitgemäßen Küche wird Wild frisch zubereitet. Reh darf nach Reh, Hirsch nach Hirsch schmecken – zart, nussig, aromatisch. Der dezente Einsatz von Gewürzen – Lorbeer, Wacholder, Thymian – unterstreicht dabei den Charakter der Speisen. Wildfleisch hat fast immer eine leicht süßliche Note, folglich erweist sich die Kombination mit herbstlichen Früchten und dunklen Beeren als eine besonders gelungene.

Aber Achtung! Wildfleisch ist nicht gleich Wildbret! Wildbret stammt aus freier Wildbahn, Wildfleisch von Tieren aus Gatterhaltung muss gekennzeichnet sein. Wild reagiert empfindlich auf äußere Bedingungen, daher muss auch die Gatterhaltung möglichst artgerecht sein. Durch die Zufütterung und die eingeschränkte Bewegung ist dieses Fleisch etwas fettreicher.

Wild – woher nehmen?

Tiefgefrorenes Wildfleisch aus Gatterhaltung ist in größeren Supermärkten ganzjährig verfügbar. Aber auch frisches Wildfleisch kann man bis auf wenige Monate außerhalb der Jagdsaison fast das ganze Jahr über genießen. Frisches Wildbret bezieht man am besten direkt beim Jäger. Und es ist erstaunlich, wie erheblich billiger das Fleisch dort ist. Außerdem liefert niemand sonst so frisch das Wildbret wie der Jäger, und nach Wunsch wird er das Fleisch auch gerne küchengerecht zerlegen.

Sendungshinweis

„Radio NÖ am Vormittag“, 17.10.2020

Wenn man keinen Jäger in seiner Gegend kennt, dann fragt man am besten bei der Gemeinde nach dem Hegeringleiter der Region. Weiters erhält man küchenfertig zerteiltes Wildbret beim Wildbrethändler, auf Märkten, am Land bieten es viele Fleischhauer an, auch viele Lebensmittelhändler führen Wildbret oder besorgen es auf Anfrage der Kunden. Auf den Homepages der Landesjagdverbände findet man die Adressen von Direktvermarktern.

Worauf achten?

Beim Kauf vor allem auf Farbe und Geruch des Fleisches achten: angenehmer, leicht säuerlicher Geruch, feinfaserige Struktur, rotbraune bis dunkelrote Farbe. Wildfleisch sollte keinen schwarzen Schimmer haben; riecht es nach Schwefel, ist es nicht mehr genießbar.

Achtung: Wildfleisch darf keinesfalls bräunlich oder schwärzlich verfärbt sein. Auch der früher durch zu langes Reifen angesehene intensive Wildgeschmack „Haut gout“ ist nicht mehr zeitgemäß und wird nicht mehr praktiziert. Diese Kennzeichen weisen auf zu lange gelagertes und eventuell bereits verdorbenes Fleisch hin.

Röhrender Hirsch in der Brunft
APA/dpa/Carsten Rehder

Kochtipp: Rotwein- oder Ölmarinaden mit milden Gewürzen und Kräutern unterstreichen den zarten Wildgeschmack. Wichtig: Marinaden immer ohne Salz zubereiten, denn Salz entzieht Feuchtigkeit.

Würztipp: Wacholderbeeren, Thymian und Lorbeerblätter unterstreichen das zarte Aroma. Preiselbeeren, Orangen, Weintrauben, „erdige“ Zutaten wie Pilze und Maroni ergeben ein wunderbares Geschmackserlebnis mit Wild.
Das Fleisch gut durchgebraten verzehren, niemals roh!

Die besten Stücke: Schlegel: im Ganzen oder in Stücke geteilt zum Braten und Dünsten geeignet; Schulter: meist ausgelöst, gut für schmackhafte Ragouts sowie magere Braten geeignet; Rücken: das zarteste Stück wird im Ganzen oder in Filets geteilt und kurz gebraten.

Lagerung: Im Kühlschrank kann Wildfleisch bis zu einer Woche gelagert werden.

Hirschragout

Zutaten für 4 Portionen

  • 750 g Hirschschlögel oder Hirschschulter, ausgelöst
  • 1 Bund Suppengrün (etwa 300 g)
  • 1 große Zwiebel (150 g)
  • 2 EL Öl
  • 1 EL Paradeisermark
  • 1 TL Mehl (glatt)
  • 1/8 l Rotwein
  • 300 ml Wildfond oder Bouillon
  • Salz, Pfeffer aus der Mühle
  • 1 EL frischer Thymian, gehackt
  • 6 Wacholderbeeren, zerstoßen
  • 2 Lorbeerblätter
  • 1 Gewürznelke
  • 200 g Champignons
  • 20 g Butter

Zubereitung: Hirschfleisch in etwa 3 cm große Würfel schneiden. Suppengrün waschen, putzen und in etwa 1 cm große Würfel schneiden. Zwiebel schälen und in sehr kleine Würfel schneiden. Selchspeck ebenfalls kleinwürfelig schneiden. Fleisch in einem Topf in heißem Öl etwa 2 Minuten scharf anbraten und aus dem Topf nehmen. Gemüse, Selchspeck und Zwiebel im Bratrückstand bei geringer Hitze etwa 10 Minuten glasig rösten.

Paradeisermark unterrühren und etwa 1 Minute mitrösten, Mehl unterrühren, gut verrühren und mit Rotwein aufgießen, Wein fast vollständig einkochen lassen, anschließend mit Bouillon aufgießen, aufkochen, Fleisch einlegen, mit Salz, Pfeffer, Thymian, Wacholderbeere, Lorbeerblättern und Nelke würzen und nochmals aufkochen lassen. Wildragout zugedeckt im vorgeheizten Rohr bei 160 Grad Celsius (Ober- und Unterhitze) etwa 2 ½ Stunden weichdünsten lassen. Champignons putzen, vierteln, in erhitzter Butter etwa 2 Minuten braten, salzen und unter das Ragout mengen.

Das Ragout anrichten. Dazu passen Preiselbeerenkompott, Serviettenknödel, Semmelknödel, Nockerln, Spätzle, Schupfnudeln.