Eine alte Apotheke
Pixabay / Michael Treu
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Gesundheit

B-Vitamine: Eine Gruppe mit vielen Aufgaben

Vitamine der B-Gruppe sind an vielen Prozessen im Körper beteiligt. Vor allem kennt man sie als Nervennahrung. Wofür man diese braucht, wie man diese am besten zu sich nimmt und weitere Fragen rund um die B-Vitamine beantwortet Radio-NÖ-Apotheker Gilbert Zinsler aus Horn.

Wer leidet unter am ehesten unter einem Mangel an Vitamin B?

Gilbert Zinsler: B-Vitamine sind in Getreide, Fleisch und Milch, aber auch in Hülsenfrüchten und Gemüse in ausreichender Zahl vorhanden. So kommen sie bei abwechslungsreicher, frischer Ernährung in ausreichendem Maß auf unsere Teller. Bei einseitigen Diäten, bei veganer Ernährung oder durch unseren Konsum von industriell verarbeiteten Lebensmitteln kann aber häufiger ein Mangel entstehen als gedacht. Zudem werden beim längeren Kochen von Speisen viele B-Vitamine zerstört.

Auch Schwangere benötigen mehr B-Vitamine. Außerdem sind manche Medikamente richtige Vitamin-B-Räuber. Dazu gehört auch die Anti-Baby-Pille. Wichtig ist aber zu bedenken, es gibt kein einzelnes Vitamin B, sondern die B-Vitamine sind eine Gruppe von verschiedenen Vitaminen, die die unterschiedlichsten Aufgaben in unserem Körper erfüllen.

Wieso sind Veganer besonders betroffen? Kommen B-Vitamine nur in tierischer Nahrung vor?

Gilbert Zinsler: Vitamin B12 kommt ausschließlich in tierischen Lebensmitteln vor. Daher ist es für Vegetarier und bei veganer Ernährung wichtig, auf eine ausreichende Versorgung von Vitamin B12 (Cobalamin) zu achten und gegebenenfalls den Blutspiegel regelmäßig zu kontrollieren um einem Mangel vorzubeugen.

B-Vitamine werden meist zuerst mit den Nerven in Zusammenhang gebracht. Welche Aufgabe erfüllen diese?

Gilbert Zinsler: Wer unter viel Stress und Dauerspannung steht, sich oft überfordert und müde fühlt sollte an die ausreichende Versorgung mit B-Vitaminen denken. Drei B-Vitamine sind für unsere Nerven besonders wichtig: B1, B6 und B12. B1 fördert die schnellen Reizleitung in unserem Nervensystem.

Sendungshinweis

„Radio NÖ am Vormittag“, 21.10.2020

Vitamin B6 ist am Aufbau von Nervenbotenstoffen beteiligt. Zwei dieser wichtigen Botenstoffe im Gehirn sind das Serotonin, das für Ausgeglichenheit sorgt und das kreativitätsfördernde Dopamin. Vitamin B6 benötigt unser Körper aber auch zur Produktion von roten Blutkörperchen und es reguliert das Immunsystem. Zu einem Mangel kann es beispielsweise bei chronischen Verdauungsstörungen, Darmentzündungen und Alkoholabhängigkeit kommen. Zur Verringerung von Müdigkeit trägt das Vitamin B12 bei.

Neben diesen dreien würde ich aber auch Vitamin B3 (Niacin) bei Stress und Erschöpfung empfehlen. Auch dieses Vitamin aus der B-Familie unterstützt die Energiegewinnung, wirkt positiv auf unser Denk- und Merkvermögen und kann dazu beitragen, Müdigkeit zu verringern.

Können B-Vitamine auch bei Nervenschmerzen eingesetzt werden?

Gilbert Zinsler: Die Vitamin-B-Gruppe ist in vielfältiger Weise für das Nervensystem mitverantwortlich. Neuralgien und Nervenentzündungen lassen sich oft ganz ohne Schmerzmittel durch den gezielten Einsatz von B-Vitaminen erstaunlich gut behandeln. Auch wenn kein Vitamin-B-Mangel vorliegt, kann eine Behandlung mit B-Vitamin bei Nervenschmerzen wirksam sein: Vitamin B1 bei Nervenentzündungen, zum Beispiel bei Rückenschmerzen; Vitamin B6 bei Karpaltunnelsyndrom; Vitamin B12 bei Schmerzen durch Osteoarthritis, Ischiasbeschwerden, Neuralgien und bei Schmerzen im Halswirbelbereich (Zervikalsyndrom).

In welcher Form kann man B-Vitamine zu sich nehmen?

Gilbert Zinsler: In der Apotheke finden Sie eine Vielzahl von Vitamin-B-Präparaten, meist in Kapselform zum Schlucken, die die verschiedenen B-Vitamine in einer vernünftigen Konzentration enthalten. Sind viele oder mehrere B-Vitamine enthalten spricht man meist von Vitamin-B-Komplex-Präparaten. Einzelne B-Vitamine, wie das für Veganer wichtige B12, das durch Fermentation gewonnen wird, gibt es auch in Tropfenform. Dadurch kann es für die tägliche Versorgung auch Getränken oder Speisen beigemengt werden.

Manche B-Vitamine helfen aber auch der Haut und werden daher oft Schönheitsvitamine genannt. Welchen Nutzen haben diese aus Ihrer Sicht?

Gilbert Zinsler: Vitamin B5 (Pantothensäure) spielt eine wesentliche Rolle im Hautstoffwechsel. Das Vitamin hilft beim Aufbau unseres Bindegewebes. Für gesunde Haaren und kräftige Nägeln leistet das „Schönheitsvitamin“ seinen Beitrag. Ebenfalls für Haut und Haare wichtig ist das Biotin – auch Vitamin B7 oder Vitamin H genannt. Es hat eiweißaufbauende Eigenschaften, hilft bei trockener Haut und brüchigen Nägeln und eventuell sogar bei Haarausfall.

Welche B-Vitamine sollten ältere Personen besonders zu sich nehmen?

Gilbert Zinsler: Die Folsäure gehört auch zu den B-Vitaminen und hat einen Einfluss auf die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der sogenannte Homocystein-Spiegel im Blut kann mit Hilfe einer Kombination aus Folsäure und Vitamin B12 gesenkt werden. Dies wirkt sich positiv auf die Vermeidung von Arterienverkalkung (Arteriosklerose). Viele ältere Menschen sind von einer mangelhaften Versorgung mit Vitamin B12 (Cobalamin) betroffen.

Ein Vitamin-B12-Mangel bei Senioren wird auch häufig durch Arzneimittel ausgelöst. So können sich Magensäureblocker ungünstig auf den Vitamin-B12-Blutspiegel auswirken. Auch ein Vitamin-B1-Mangel kann schon kurzfristig einen Einbruch der Leistungsfähigkeit zur Folge haben: Im Gehirn zeigen sich bei einem Mangel bereits leichtere Defizite durch Konzentrationsschwäche, Vergesslichkeit, Orientierungsstörungen und zeitweiser Verwirrtheit. Zusammenfassen kann man sagen, dass B-Vitamine gut sind für die Hirngesundheit im Alter.