Ein Kirschbaum mit Kirschen.
Landwirtschaftskammer Vorarlberg
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„Köstlich Kulinarisch“

Kirschen aus Nachbars Garten

Die Kirsche ist um diese Jahreszeit eine edle und besonders begehrte Frucht. Dabei gibt es einiges zu beachten. ORF-NÖ-Köchin Andrea Karrer verrät Tipps und Tricks rund um Kirschen und zeigt, wie der perfekte französische Kirschauflauf gelingt.

Vor einigen Jahren war ich im Frühjahr in Japan. Dort wird kein anderer Baum so verehrt wie die Kirsche, sie sind „geheiligte“ Bäume – seit mehr als tausend Jahren feiert man das Kirschblütenfest. In der japanischen Mythologie steht die Sakura, die Blüte der Kirschen, als Symbol der Vergänglichkeit: „Wie der Frühlingswind den Blütenschnee der Kirschen sanft mit sich nimmt und der Erde wiedergibt, so fällt auch das Ich und vergeht“, beschreibt ein Gedicht die japanische Lebenshaltung.

Sendungshinweis

„Radio NÖ am Vormittag“, 19.6.2021

Kirschen sind auch für uns etwas Besonderes. Die Saison ist kurz, die Ernte mühsam und die Früchte dadurch im Vergleich zu anderen Obstsorten sehr teuer. Sind Kirschen nicht kecke, heitere „Erotik“, besonders die „aus Nachbars Garten“? Als Symbol dieser heiteren Erotik sind sie auch die besten Glücksbringer und Wahrsager.

Der traditionelle „Barbarazweig“, der am 4. Dezember geschnitten und dann in die Vase gestellt wird, ist üblicherweise ein Kirschzweig. Wenn er zu Weihnachten voll erblüht ist, soll das nicht nur Glück bringen, sondern auch eine bevorstehende Hochzeit ansagen. Wen dieses Schicksal treffen wird, fand man früher so heraus: Jeder Zweig wurde mit dem Namen eines potenziellen Verehrers bedacht. Welcher Zweig zuerst blühte, war dann der des Bräutigams.

Fruchtige römische Eroberung

Wildkirschen (kleine Süß- und Sauerkirschen) waren bereits bei den Steinzeitmenschen heiß begehrt. Archäologen fanden versteinerte Kirschkerne in den Höhlen unserer Vorfahren. Doch die köstlichen dicken Herzkirschen brachte erst der römische Feldherr Lucullus von seinen Reisen aus Kleinasien etwa 74 v. Chr. heim.

Nach Eroberung der Stadt Kerasos am Schwarzen Meer, in deren Umgebung ausgedehnte Kirschbaumanlagen gepflegt wurden, erhielt er zahlreiche wertvolle Tributgeschenke, Gold, Edelsteine, Silber. Doch der Genießer stellte die jungen Kirschbäume ins Zentrum seiner Schätze, um zu zeigen, dass dies die wertvollste aller Eroberungen sei und ließ in Rom Kirschbäume pflanzen. Man vermutet, dass sich der botanische Name der Kirsche, Prunus cerasus, von der Stadt Kerasos ableitet.

Kleine Kirschkunde

Sorten: Es gibt mehrere hundert Sorten von Süß- und Sauerkirschen (Weichseln), die sich durch Größe und Farbe (von gelb-rötlich bis schwarz-rot) unterscheiden. Bei uns besonders verbreitet sind die aromatisch-saftigen Herzkirschen und die kleinen Knorpelkirschen (oder auch Grammelkirschen genannt) mit festem Fruchtfleisch. Die hellen Weißkirschen findet man leider nur noch in wenigen Gärten und selten auf dem Markt.

Tipps rund um Einkauf, Lagerung, Verarbeitung von Kirschen: Da nicht jeder einen eigenen Kirschbaum im Garten stehen hat, müssen die Kirschen für Kirschkuchen & Co. meist gekauft werden. Achten Sie beim Kauf auf ein paar Kleinigkeiten, dann haben Sie mehr Genuss:

  • Achten Sie beim Einkauf auf trockene, glatthäutige Früchte und unbedingt Früchte mit Stängeln.
  • Kirschen sollten Sie möglichst rasch verbrauchen. Nach dem Pflücken sollten Kirschen innerhalb von 2-3 Tagen verzehrt werden.
  • Ganz wichtig ist es, die Kirschen erst nach dem Waschen zu entstielen, damit die wertvollen Inhaltsstoffe nicht „ausgewaschen“ werden.
  • Bewahren Sie die Kirschen mit Stängel im Kühlschrank auf, so behalten sie ihre Frische.
  • Legen Sie einen Wintervorrat an: Sie können die Kirschen samt Kern einfach einfrieren. Im Winter holen Sie die Kirschen dann einfach rechtzeitig aus der Truhe und lassen sie langsam an der Luft auftauen. Am besten, Sie legen sie dafür auf einem Tuch nebeneinander aus.
  • Das Entkernen von Kirschen ist eine zeitaufwändige Beschäftigung. Ein bisschen leichter haben Sie es, wenn Sie die Kirschen vor dem Entkernen für ein paar Minuten ins Gefrierfach legen, der Stein löst sich dann leichter und das Fruchtfleisch bleibt fester. Noch leichter tun Sie sich mit einem speziellen Kirschentkerner.

Kleine Frucht – viele Vitamine

Kirschen sind kleine Vitaminbomben. Sie enthalten viel Vitamin C, welches unser Immunsystem unterstützt und uns vor Erkältungen schützt. Daneben sind sie reich an B-Vitaminen wie Folsäure sowie an den Mineralstoffen Kalium und Eisen.

Was tut man gegen die ungeliebte „Fleischbeilage“, also den Wurm, in den köstlichen Früchten? Augen zu und hinunter ist die eine Möglichkeit, eine Methode für Mutige und meiner Meinung nach ein Training für Expeditionen.
Mein Tipp: Kirschen etwa eine halbe Stunde in ein Gefäß mit kaltem Wasser legen – falls in einigen Früchten Würmer sind verlassen diese „fluchtartig“ die Kirschen, denn sie bekommen buchstäblich Angst zu ertrinken und sie ertrinken auch tatsächlich! Jetzt brauchen Sie nur mehr das Wasser abgießen und die Kirschen abzuspülen. Somit sind die süßesten Früchte für den Genuss freigegeben!

Kulinarische Reise nach Frankreich

Clafoutis aux cerises darf im Sommer nicht fehlen. Dieser französische Kirschauflauf stammt aus dem Limousin, also der Mitte Frankreichs und ist ein traditionelles Dessert. Er wird klassisch mit frischen, dunkelroten Kirschen zubereitet, die von einem flüssigen Teig (l’appareil à clafoutis) umgeben sind. Vergleichen könnte man die Teigmischung mit einem Palatschinken-Teig, also ziemlich flüssig, erst im Ofen beginnt sie zu stocken und wird kompakter.

Für ein echt französisches Clafoutis aux cerises wird der Teig aber zusätzlich noch ein wenig aromatisiert. Kirschwasser, Vanille und Zimt werden hierfür am häufigsten genommen. Ich mag es gerne, wenn auch noch gemahlene Mandeln in der Mischung sind und manchmal löse ich auch etwas Marzipan in Milch auf, meistens, wenn Kinder mitessen und ich das Kirschwasser deshalb weglassen muss/will.

Unbedingt muss die Auflaufform ordentlich mit flüssiger Butter eingepinselt und mit Zucker ausgestreut werden, damit während des Backens am Rand ein wenig Karamell entsteht und der Teig dort etwas stärker bräunt. Eine Sache ist auch noch wichtig: Klassisch werden die Kirschen für Clafoutis nicht entkernt, damit sich kein Kirschsaft mit dem Teig vermischt. Aber sollte jemand Kirschauflauf für die ganz Erwachsenen unter den Erwachsenen zubereiten oder für kleine Kinder, darf man ruhig eine Ausnahme machen und die Kirschen entkernen. Ansonsten einfach ein kleines Tellerchen für die Kirschkerne zusätzlich eindecken. Ich lasse aber meist die Kerne drin, damit die Kirschen schön knackig bleiben und kein Saft austritt.

Clafoutis aux cerises (Französischer Kirschauflauf)

Zutaten für 8 Portionen:

  • 3 Eier (M)
  • 1 Dotter (20 g)
  • 90 g Mehl (glatt)
  • 20 g Butter
  • 200 g Schlagobers
  • 250 g Milch
  • 110 g Zucker
  • 25 g Kirschwasser (für Kinder mit Milch ersetzen)
  • 4 g Salz
  • 1 Vanillestange, ausgekratzt
  • 1 Teelöffelspitze Zimtpulver
  • 400 – 500 g Kirschen
  • 15 g Butter und etwas Zucker für die Form

Garnitur:

  • Staubzucker
  • Schlagobers
  • Kirschen

Zubereitung: Alle Zutaten rechtzeitig aus dem Kühlschrank nehmen, sie sollten Raumtemperatur haben. Butter leicht erwärmen (Mikrowelle), sie sollte flüssig, aber nicht heiß sein. Eier und Dotter in der Küchenmaschine mit dem Schlagbesen etwa 1 Minute gut verrühren. Danach Butter, Schlagobers, Milch, Mehl, Kirschwasser, Salz, Zucker, Vanille und Zimt beifügen und etwa 3 Minuten gut verrühren. Den Teig zugedeckt 20 Minuten quellen lassen. Inzwischen Kirschen waschen, verlesen und von den Stielen befreien. Je nach Vorliebe auch die Kirschen entkernen.

Danach die Butter für die Form (26 – 28 cm Durchmesser) erwärmen, sie sollte flüssig aber nicht heiß sein. Flüssige Butter in die Form geben und mit einem Pinsel gut verteilen. Die Form mit Zucker gleichmäßig ausstreuen und überflüssigen Zucker aus der Form rieseln lassen. Kirschen gleichmäßig in der Form verteilen und den Teig vorsichtig zwischen die Kirschen gießen, aber nur soviel, dass die Kirchen zu etwa ¾ bedeckt sind. Clafoutis im vorgeheizten Rohr bei 180 °C auf mittlerer Schiene etwa 35 – 40 Minuten backen.

Tipp: Die Clafoutis aux cerises ist fertig, wenn der Teig nicht mehr „schwabbelt“, wenn man an der Form rüttelt und ein in die Mitte gestochenes Messer noch leicht feucht ist, aber kein flüssiger Teig mehr daran klebt. Auf Raumtemperatur abkühlen lassen und mit geschlagener Sahne und frischen Kirschen servieren.