Schlafender
Getty Images/iStockphoto/Kate Aedon
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„La Vita“

Gewichtsdecken auf dem Prüftstand

Immer mehr Menschen haben Schlafstörungen. Drei von zehn Personen leiden darunter, so eine Schweizer Untersuchung. Hilfe versprechen unter anderem Gewichtsdecken. Sie wiegen mehrere Kilogramm und sollen durch den Druck beruhigend wirken.

Rein äußerlich unterscheiden sich Gewichtsdecken nicht von herkömmlichen Decken. Sehr wohl aber, wenn man sie hochhebt. Fünf bis zwölf Kilogramm bringen sie dank eingenähter kleiner Gewichte aus Glas oder Metall auf die Waage, im Gegensatz zu etwa einem Kilogramm bei herkömmlichen Decken. Empfohlen wird, eine Gewichtsdecke mit etwa zehn Prozent des Körpergewichts zu wählen.

Verkauft werden sie meist über Onlineshops und kosten je nach Anbieter zwischen 50 und 300 Euro. Durch den Druck sollen sie bei Schlafproblemen helfen, aber auch bei Angst- oder Hyperaktivitätsstörungen bis hin zu Autismus. Zu Vorsicht raten manche Hersteller bei Atemwegserkrankungen, Herz- und Blutdruckproblemen, Diabetes, Nierenerkrankungen und Gelenks- oder Rückenschmerzen. Hier sollte man vor der Nutzung einen Arzt zu Rate ziehen.

Gewichtsdecke
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Gewichtsdecken (l.) sollen durch den Druck, den sie auf den Körper ausüben, bei Ein- und Durchschlafstörungen helfen

An der Donau-Universität Krems fanden Wissenschaftler von „Medizin Transparent“ zwei Studien dazu und überprüften sie. Gemessen wurde der Schlaf bei beiden mit Hilfe von Bewegungssensoren. Die Sensoren messen, ob man sich in der Nacht bewegt oder ruhiger ist. „Das können die Bewegungssensoren relativ zuverlässig feststellen. Was sie nicht können, ist die Qualität des Schlafs zu messen“, erklärt Bernd Kerschner, Projektleiter von „Medizin Transparent“.

Eine Studie wurde mit 73 autistischen Kindern durchgeführt. Eine Hälfte schlief mit Gewichts-, die andere mit normalen Decken. Das Ergebnis, so Kerschner: „Da ist rausgekommen, dass es keinen Unterschied gab. Die Eltern wurden mittels Schlaf-Fragebogen befragt. Und auch da gab es keine nennenswerten Unterschiede.“

Sensoren zeigen keinen Unterschied bei Schlafqualität

An der zweiten Studie nahmen 120 Erwachsene teil, die unter anderem an Depressionen, ADHS, Angst- und eben Schlafstörungen litten. Auch hier wurde bei der Auswertung der Bewegungssensoren kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen festgestellt.

Gewichtsdecke
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Gewichtsdecken sind meist zwischen fünf bis zwölf Kilogramm schwer, herkömmliche Decken sind deutlich leichter

„Die Erwachsenen haben mit Gewichtsdecke nicht länger geschlafen, auch nicht mit weniger Unterbrechungen. Aber in den Schlaf-Fragebögen haben die Probandinnen und Probanden angegeben, dass sie doch besser geschlafen haben. Das ist ein gewisser Widerspruch zu den objektiv gemessenen Daten“, so Kerschner.

Möglicherweise verzerrte sich das Ergebnis, da die Erwachsenen wussten, dass es sich bei der Gewichtsdecke um etwas „Außergewöhnliches“ handelt. Zudem würden die Sensoren auch nur die Bewegungen, jedoch nicht die Schlafqualität messen.

Der Rat des Experten lautet: „Blind den Versprechungen glauben würde ich nicht, das können die Studien nicht belegen, dass man bei Schlafstörungen mit Gewichtsdecken besser schlafen kann. Sie schließen das aber auch nicht aus.“ Wer überlegt, sich eine Gewichtsdecke zuzulegen, sollte sie also besser mit einer Rückgabeoption kaufen und zu Hause in Ruhe ausprobieren.