„Die ersten Jahre waren schwierig“, erzählt Barbara Schmidl im Interview mit noe.ORF.at. Die Mutter von zwei kleinen Kindern arbeitete nach ihrem Studium als wissenschaftliche Assistentin, als sie plötzlich vor einem großen Scherbenhaufen stand: ihrem Erbe. Der jahrhundertealte Familienbetrieb in Dürnstein (Bezirk Krems) musste nach dem Tod ihres Vaters und einigen falschen Entscheidungen Insolvenz anmelden.
„Das ist ein Teil von mir, das ist Familie. Ich habe es ganz deutlich gespürt, als die Bäckerei so schlecht dastand und ich nicht wusste, wie es weitergeht. Alle Berater haben mir abgeraten und gesagt ‚Hände weg, nur ja nicht übernehmen‘. Aber es ging nicht anders, ich musste es versuchen. Für meine Familie, die schon so viel Herzblut hier hineingesteckt hat. Aber auch den Mitarbeitern gegenüber, die trotz Lohn- und Gehaltsrückständen hinter mir gestanden sind.“
Seit genau 242 Jahren gibt es die Bäckerei Schmidl in Dürnstein. Schwierige Zeiten habe man schon öfter erlebt, berichtet Barbara Schmidl von Erzählungen ihrer Ururgroßmutter: Sie stand 1857 nach dem Tod des Mannes mit zwei kleinen Kindern und der Bäckerei da und musste den Betrieb nicht nur gegen drohende Konkurrenz behaupten, sondern auch die Übersiedlung in das heutige Haus im Zentrum von Dürnstein veranlassen. Dort wird heute noch gearbeitet. „Für mich war sie eine starke Frau, eine Visionärin. Ich hätte sie gerne kennengelernt“, so Barbara Schmidl.
Das „S“ im Laberl als Markenzeichen
Das Wachauer Laberl, das Barbara Schmidls Urgroßvater Rudolf erfand, wurde oft kopiert. Das Originalrezept ist bis heute unverändert und besteht im Wesentlichen aus Mehl, Wasser und Salz. Eine Neuerung gibt es trotzdem: Barbara Schmidl hat damit begonnen, ein „S“ in die Unterseite einzubacken, um das Original zu kennzeichnen. Aber auch sonst ist sie Neuem gegenüber aufgeschlossen. Ein Marillenbrot gibt es mittlerweile ebenso im Sortiment wie „schwedische Knöpfe“ – ein Gebäck mit Kardamom und Zimt als Erinnerung an einen Schwedenurlaub mit ihren beiden Söhnen.

Sehr konservativ ist Schmidl hingegen, was das Bäckerhandwerk betrifft. Die wichtigsten Zutaten seien naturbelassen und kommen direkt aus Niederösterreich, vom Mehl über den Mohn bis zum Kümmel, den Kürbiskernen oder der selbstgemachten Marillenmarmelade, erzählt sie. „Die Nachhaltigkeit und der ökologische Fußabdruck sind mir als Mutter von zwei kleinen Kindern besonders wichtig. Außerdem sind wir in unserer Region so reich gesegnet, da ist es schön, wenn man dann das Beste daraus machen kann“.
Auch, dass sie und ihr Team das Gebäck nach wie vor händisch formen, habe mit dem Geschmack zu tun: „Es gibt Studien, die belegen, dass Lebensmittel die von Hand produziert wurden, einen anderen Nährwert haben, der Körper kann die Energie aus so einem Gebäckstück viel besser aufnehmen. Und ich bin auch davon überzeugt, dass das den Geschmack beeinflusst.“
Historische Altstadt erschwert Expansionspläne
Seit der Insolvenz 2014 hat sich viel verändert. Mittlerweile sucht der Betrieb einen Standort in der Umgebung, um expandieren zu können. Denn die Bäckerei im denkmalgeschützten Gebäude in der Dürnsteiner Altstadt stößt an ihre Grenzen: Für die LKW-Fahrer bedeutet die schmale Einfahrt millimetergenaue Arbeit, der Mehlwagen muss rückwärts durch die Altstadt voller Touristinnen und Touristen schieben, weil er nichts anders um die engen Kurven kommt.
Ein neues Grundstück zu finden sei aber nicht einfach, erzählt Schmidl, die Suche dauert schon Jahre. Das Stammhaus in Dürnstein soll aber auf jeden Fall Stammhaus bleiben, „weil das Herz daran hängt. Aber mittlerweile sind wir bereit für den nächsten Schritt“.
Tradition und Innovation: ein wichtiger Spagat
Der Spagat zwischen Tradition und Innovation ist für Barbara Schmidl besonders wichtig: „Das ist das Spannende: immer vorauszublicken, was die Zukunft bringt und dafür offen zu sein, das Alte nicht zu vergessen, sondern nur zu versuchen, es in die Zukunft zu transportieren und weiterzuentwickeln. Das macht irrsinnig viel Freude, auch wenn es nicht immer leicht ist. Aber wenn man auf seine Familie und das Team hört, schafft man es.“