Nahaufnahme eines Grillkohlestücks
ORF/Nina Pöchhacker
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„MENSCHEN IM BLICKPUNKT History“

Die Köhler und Köhlerinnen von Michelbach

Die Köhlerei ist ein uraltes Handwerk. Früher war ausschließlich von „dem Köhler“ die Rede, eine Familie in Michelbach (Bezirk St. Pölten) zeigt, dass es für einen erfolgreichen Betrieb alle braucht: Das Wissen wird von Generation zu Generation weitergegeben.

Zwei Köhlerinnen und zwei Köhler stehen an diesem Vormittag rund um das Grundgerüst eines neuen Meilers und schlichten Holz. Die Kleidung von schwarzem Staub bedeckt. Der Wind weht die Partikel vom danebenliegenden fertigen, ausgeglühten Meiler herüber.

Vier Wochen dauert es, bis das in runder Form aufgestapelte Holz zu einem großen, schwarzen Haufen einsackt. Sechs Mal im Jahr bauen Johann und seine Frau Theresia sowie Sohn Martin und seine Frau Julia so einen Meiler auf. Und das funktioniert seit Jahrhunderten gleich: Holz wird gestapelt, darüber kommt Reisig und ein Erd-Asche-Sand-Mantel. In der Mitte des Meilers steht ein Rohr: „Da haue ich die Glut hinunter, fülle das Rohr bis rauf an. Das dauert drei bis vier Tage und dann geht das Feuer auseinander, von oben nach unten macht der Meiler dann Holzkohle“, erklärt Johann Hochecker.

Menschen im Blickpunkt History: Köhlerfamilie

Eine der letzten Köhlerfamilien ist Familie Hochecker in Michelbach bei St. Pölten. Seit 62 Jahren wird dort Holz zu Kohle -und auch die nächste Generation ist bereits entflammt.

Die perfekte Dosis Luft

Köhlern ist das Steuern von Luft: Zu viel und das Holz wird zu Asche, zu wenig und es verkohlt nicht. Am Handwerk des Köhlers hat sich im Prinzip seit dem Altertum nichts geändert – nur technische Hilfsmittel sind dazugekommen. Große Holzscheite werden mit dem Teleskoplader auf den Meiler gehoben, das Holz nicht mehr mit der Axt sondern mit einer Maschine gespalten. Die körperlich anstrengende Arbeit macht das um einiges leichter, sagt Johann Hochecker. Er erlernte den Beruf vor 40 Jahren von seinem Vater.

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Zwei Männer bauen einen Meiler auf, um Holzkohle herzustellen
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Die erste von drei Holzschichten des Meilers, in der Mitte das Rohr für die Glut
Betriebsgelände der Köhlerei Hochecker, ein Traktor bringt Holz, das zu einem Meiler aufgeschlichtet wird
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Das Holz stammt aus den Wäldern der Familie
Johann Hochecker beim Einstechen des Meilers
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Mit dem Einstechen testet Johann Hochecker, ob das Holz verkohlt ist. Stößt er auf Widerstand, gibt es noch Holz im Meiler.

Eine Ausbildung oder eine Lehre für die Köhlerei gibt es nicht. Sie kann nur von einem Köhler erlernt werden. 1960 wurde die Köhlerei in Michelbach gegründet. „Früher bei meinem Vater haben wir hauptsächlich an die Industrie verkauft. Das hat sich im Laufe der Zeit verändert. Mittlerweile sind es zu 80 Prozent Privatkunden fürs Grillen zu Hause und Gastronomie“, sagt Hochecker. Darunter sind einige Haubenlokale.

Der Wunsch nach Kohle aus der Region

Auch bei der Grillholzkohle muss es für immer mehr Menschen ein regionales Produkt sein. Die Nachfrage kann die heimische Köhlerei bei weitem nicht erfüllen. 90 Prozent der Grillkohle in Geschäften sei importiert, sagt Hochecker. Dazu fällt wegen des Kriegs in der Ukraine einer der größten Exporteure von Grillholzkohle weg. „Bei uns hat sich schon eine Firma gemeldet, die haben wir vor 15 Jahren beliefert und dann haben sie umgestellt. Jetzt rufen sie an, dass die Ukraine heuer nicht liefern kann“, erzählt Hochecker.

Die Nachfrage wäre vorhanden, Köhler in Österreich gibt es aber nur noch vereinzelt. In Michelbach ist der Betrieb mit dem eigenen Sohn gesichert. „Dass ich das auch mal machen werde, weiß ich eigentlich seit der Hauptschule. Das war schon immer das, was der Papa gemacht hat“, sagt Martin Hochecker. Zum Köhler geworden ist er mehr oder weniger über seine ganze Kindheit und Jugend: „Man hilft einfach immer mit und irgendwann hat man das ganze Wissen intus.“

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Holzkohle in einem Sack
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Die Kohle muss nach dem Ausnehmen aus dem Meiler noch mindestens einen halben Tag abkühlen und abgelöscht werden. Wind kann immer wieder die Glut im Inneren einzelner Stücke anfachen.
Grillkohle: Links „weiche“ Grillkohle, rechts „harte“ Grillkohle, bei der die Jahresringe des Baumes zu sehen sind
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Bei harten Holzsorten sieht man auch bei verkohlten Stücken noch Jahresringe. Holzkohle ist zu 98 Prozent das Kohlenstoffgerüst der Holzzellen.
Ein Meiler wird in Michelbach aufgebaut
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Zwei Generationen beim Aufstellen eines neuen Meilers

Etwa über die größten Risiken für Köhler: Der Köhler geht oben am Meiler und sticht für die Belüftung kleine Löcher hinein. Noch gegen Ende der Verkohlung hat es im Meiler bis zu 200 Grad. Man sinkt leicht ein und kann sich Verbrennungen holen. Beim Auskühlen muss man die Kohle zudem überwachen, weil sich immer wieder Glutnester entzünden können. Auch die Hocheckers haben das schon einige Male erlebt.

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„NÖ heute“, 3.4.2022

Wertschätzung für uralte Handarbeit

Nur Erfahrung kann solche Zwischenfälle verhindern. Die Köhlerei wurde von Johann Hocheckers Eltern 1960 gegründet. Frauen arbeiteten schon immer mit. Die Gründerin war in der Umgebung nur als „Kohlenhexe“ bekannt, erzählt Theresia Hochecker. „Man kannte ihren echten Namen gar nicht und damals war das ja auch gut für die Bekanntheit. Mittlerweile kennt man uns ja über Soziale Medien viel weitläufiger.“ Die Kundinnen und Kunden stammen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz.

Dass sie durchs Heiraten zu Köhlerinnen werden sei logisch gewesen, sagt Schwiegertochter Julia Hochecker: „Das lernt man einfach. Wir nehmen dieses Handwerk mit in die Zukunft, das ist etwas sehr Schönes.“ Die Wertschätzung von Kunden für die traditionell hergestellte Grillkohle sei enorm: „Das Schönste ist deswegen auch das Ernten der Kohle, das Ausnehmen. Da hat die Kohle einen edlen, feinen Klang. Da sieht man, was aus dem Produkt geworden ist, das man eingeschlichtet hat.“