Alexander Schneller, Direktor Circus Pikard
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„Menschen im Blickpunkt History“

Alexander und seine Zirkustruppe Pikard

Der gute alte Zirkus, der Familienbetrieb, der von Stadt zu Stadt zieht – der ist zuletzt immer mehr verschwunden. Der einzige rein österreichische Zirkus, der das noch macht, ist der Circus Pikard mit Direktor Alexander Schneller, ein Nachkomme der Gründerdynastie.

Glanz und Glamour, Akrobatik und Spaß – das ist es, was den Zauber der Manege ausmacht. Abseits der großen Show herrscht Leben auf Rädern. Hinter dem großen runden Zirkuszelt stehen die Wohnwägen der Künstlerinnen und Künstler, immer bereit, zur nächsten Station zu fahren.

Alexander Schneller (im Bild oben), heute 35 Jahre alt, war der jüngste Zirkusdirektor Österreichs, als er vor drei Jahren den Zirkus von seiner Mutter Elisabeth übernahm. Er sprüht vor Enthusiasmus, was dieses Leben von Stadt zu Stadt betrifft: „Jeder hat seinen eigenen Wohnwagen, aber trotzdem leben wir sehr gemeinsam, denn der Zirkusplatz ist oft nicht so groß und die Wagen stehen dann eben Wand an Wand.“

Niederösterreichische Zirkusdynastie

Der einzige rein österreichische Zirkus, der noch durchs Land zieht, ist der Zirkus Pikard. Er tourt ausschließlich durch Niederösterreich – mit seinem jungen Direktor Alexander Schneller. Dieser ist wiederum Nachkomme der Gründerdynastie.

Der eine hört laut Musik, die andere spielt stundenlang Violine, sieben Hunde und vier Kinder sind ebenfalls am Platz. „Da kann es schon ab und zu lauter werden. Hundert Prozent Friede, Freude, Eierkuchen ist es bei uns auch nicht immer, aber der Respekt passt, der Zusammenhalt passt und wenn es einmal zu laut wird: eine stille Ecke findet sich schon“, ist Schneller optimistisch.

Jeder und jede hilft bei allem mit

Es macht den Eindruck einer großen Familie. Jeder hilft mit, um den Betrieb am Laufen zu halten. Der Clown etwa verkauft auch Souvenirs, Akrobatinnen bieten Popcorn an. Ein ganz besonderes Leben, sagt Alexander Schneller: „St. Pölten ist unsere Landeshauptstadt und wir fahren hier einfach auf eine große Wiese und sagen, hier wohnen wir für ein Monat. Das hört sich verrückt an, ist für uns aber völlig normal.“

Schneller könnte sich gar kein anderes Leben vorstellen: „Ich liebe es, es ist mein Leben. Und ich freue mich, dass es Menschen in meinem Umfeld gibt, die dieses Leben mit mir leben möchten. Das, was wir hier gemeinsam leisten, ist in Wahrheit unbezahlbar.“ Reich werde man damit trotzdem nicht, lächelt er, aber das sei auch nicht der Sinn der Sache.

Mann auf Leiter auf Seil in Zirkusaufführung
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Der Circus Pikard tourt ausschließlich durch Niederösterreich

Die Geschichte der Schneller-Dynastie

Alexander Schneller, der seit seinem dritten Lebensjahr in der Manege steht, übernahm den Zirkus 2019 von seiner Mutter Elisabeth. Sie leitete das Unternehmen jahrzehntelang zusammen mit ihrem Mann Ernö und war auch Artistin. Vor drei Jahren zog sie sich zurück, Ernö Schneller war schon 2004 völlig überraschend während eines Gastspiels in Krems verstorben.

Die Schneller-Dynastie stammt ursprünglich aus Ungarn. Ernös Vater, der selbst aus einer Zirkusfamilie mit jahrzehntelanger Tradition kam, gründete den Zirkus zusammen mit seiner Frau, die aus der französischen Zirkusfamilie Picard stammte und so wurde der neue Zirkus „Picard“ genannt, die Schreibweise später auf „Pikard“ geändert. Ernö und Elisabeth Schneller gründeten ihren Sitz in Pulkau (Bezirk Hollabrunn) und richteten ihr Winterquartier in Hof am Leithaberge (Bezirk Bruck an der Leitha) ein.

Zwei bis drei Stunden Training täglich

Das Team besteht derzeit aus 16 Künstlerinnen und Künstlern, zum Teil Stammpersonal, zum Teil internationale Artisten, die von Engagement zu Engagement wechseln, aber in der Regel vielseitig sind. Denn eine Nummer allein genügt zumeist nicht. Bestes Beispiel ist der Direktor selbst: Alexander Schneller ist nicht nur Zirkusdirektor, Moderator und Regisseur, er ist auch ein Klasse-Jongleur, Artist und Tänzer.

Und das will er noch lange bleiben: „Ich habe zwar sieben Nichten und Neffen von meinen drei Schwestern, die alle sesshaft geworden sind, derzeit interessiert sich aber keines der Kinder für diese Szene. Aber das kann ja noch werden. Ich jedenfalls werde das weitermachen, so lange ich kann und es gibt zum Glück viele Idealisten, die das mit mir gemeinsam machen.“

Ob Schlangenfrau oder Kraftakrobat, zwei bis drei Stunden tägliches Training sind nötig, um Leistungen wie diese zu vollbringen und auf diesem Niveau zu halten. Wenn die Show vorbei ist, wird abgebaut und der Tross zieht weiter zur nächsten Station in Niederösterreich. Denn der einzige niederösterreichische Zirkus macht ausschließlich in Niederösterreichs Städten Station.