Mohndorf Armschlag
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„Menschen im Blickpunkt History“

Als der Mohn ein Gästemagnet wurde

Der Graumohn hat im Waldviertel jahrhundertelange Tradition, außerhalb war er kaum bekannt. Ein Wirte-Ehepaar aus dem kleinen Ort Armschlag (Bezirk Zwettl) machte vor gut 30 Jahren den Mohn zum Tourismus-Magneten und das ganze Dorf zum Mohndorf.

Es sind Millionen von roten und weißen Blüten, die in diesen Tagen Touristen ins Waldviertel locken. Vor allem in das Dorf Armschlag, das sich selbst zum Mohndorf ernannt hat. Oder besser, das von Rosemarie und Johann Neuwiesiger dazu gemacht wurde. Sie hatten die Idee in den 1980er-Jahren, erzählt Johann Neuwiesinger, der damals ein normales Wirtshaus mit Landwirtschaft führte. Er schwor die anderen Bewohner des kleinen Dorfes in der Gemeinde Sallingberg (Bezirk Zwettl) auf den Mohn als Tourismus-Magneten ein – und war erfolgreich damit. Das Mohndorf Armschlag war geboren.

Von der Börse in die Vergessenheit

Bis dahin hatte der Waldviertler Mohn ein wechselhaftes Schicksal. Bekannt war er schon im 13. Jahrhundert, als die Mönche im Stift Zwettl Mohn anbauten. Bis in die 1930er-Jahre war er sogar an der Börse in London gelistet. Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet er hingegen fast in Vergessenheit, berichtet Johann Neuwiesinger: „Es hat ihn fast in jedem Bauernhof gegeben, aber nur für den Eigenbedarf, im Handel war er fast nicht mehr erhältlich. Erst in den 80er-Jahren ist wieder mehr angebaut worden. Als wir 1989 mit der Mohnvermarktung begannen, waren es an die 150 Hektar Anbaufläche im Waldviertel, jetzt dürften es 1.500 Hektar sein.“

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Der Mohnanbau hat im Waldviertel Tradition

Daran haben die Neuwiesingers mit ihrem Mohnwirtshaus großen Anteil. Das Gasthaus mit Landwirtschaft, seit 1881 in Familienbesitz, erfuhr nach der Einführung der Marken „Mohndorf“ und „Mohnwirt“ einen Aufschwung. Spezialitäten wie die Mohnzelten haben hier ihren Ursprung, erzählt Rosemarie Neuwiesinger: „Das waren früher Essensrationen, die bequem in die Arbeit mitgenommen werden konnten.“

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 10.7.2022

Wie den Mohn selbst habe es die Zelten in den Bauernhäusern gegeben, so Neuwiesinger: „Ich habe das Rezept mit dem Erdäpfelteig gewählt und die Mohnzelten verkauft, sie gingen von Anfang an weg wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln. Heute werden sie auch von großen Erzeugern wie Waldland produziert, es gibt sie im ganzen Waldviertel.“

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Die Mohnzelten sind auch Teil der „Mohndorf“-DNA

2.000 Mohnmühlen ausgestellt

Das Mohnwirtshaus ist bekannt für seine Rezepte, aber auch als Museum der Mohnverarbeitung. Zu sehen sind etwa die uralten Holz-Mörser, mit denen der Mohn früher gestoßen wurde. Später kamen die Handmühlen, die es Johann Neuwiesinger besonders angetan haben. Er begann, sie zu sammeln und in seinem Stadel auszustellen. 2.000 sind es inzwischen: „Jetzt gibt es keine mehr auf dem Markt. Ich glaube, ich habe alles aufgekauft oder geschenkt bekommen, was noch da war.“

Was hier geschaffen wurde, wird auch in Zukunft weiterbestehen. Denn die nächsten Generationen arbeiten im „Mohndorf“ schon aktiv mit und werden dafür sorgen, dass der Mohn nicht wieder in der Versenkung verschwindet.