Gemeindearchivar Lucas Nunzer
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„Menschen im Blickpunkt“

Österreichs jüngster Gemeindearchivar

Der 17-jährige Lucas Nunzer ist wohl der jüngste Gemeindearchivar Österreichs. In Spitz an der Donau kümmert er sich um die Aufarbeitung zigtausender Akten. Neben wertvollen Dokumenten fand er schon Totengräberuniformen und einen Revolver.

Schon als Kindergartenkind wurde bei Lucas Nunzer das Interesse an der Geschichte seines Heimatorts Spitz an der Donau (Bezirk Krems) geweckt: „Ich war fünf oder sechs Jahre alt, als ich mit meinem Papa ins alte Gemeindearchiv gehen durfte. Da war es dunkel und staubig. Hinter den Aktenbergen, zwischen zwei Kästen, haben wir drei Figuren entdeckt: die ehemaligen Brunnenfiguren vom Marktplatz, die seit Jahrzehnten verschollen waren“, erinnert sich der heute 17-Jährige. "Mich hat das damals schon fasziniert und ich wollte wissen, was man in diesem Archiv noch alles finden kann.“

Nunzer absolviert derzeit eine Lehre als Archivar im Landesarchiv in St. Pölten. Daneben arbeitet er, vom Spitzer Gemeinderat beauftragt, ehrenamtlich als Gemeindearchivar. „Das Interesse an Spitz liegt mir wahrscheinlich im Blut“, sagt der Jugendliche, „mein Vater ist hier Bürgermeister und auch mein Großvater, mein Ururgroßvater und mein Urururgroßvater waren Bürgermeister.“ Sie alle scheinen die Archivarbeit allerdings vernachlässigt zu haben: In mehreren dunklen Kammern lagern zigtausende Akten, deren Inhalt längst niemand mehr kannte.

Bürgermeister Spitz an der Donau
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Vier Vorfahren des 17-Jährigen waren bereits als Bürgermeister der Gemeinde in der Wachau tätig

Fundstücke von Fleischbeschau bis Pergamenturkunde

„Das meiste sind alte Meldezettel, Rechnungsbücher, Fleischbeschauakten und Ähnliches. Man findet aber auch historische Dokumente“, freut sich der junge Archivar, der jetzt das Archiv aufarbeitet: „Das älteste Fundstück stammt aus dem Jahr 1312. Besonders wertvoll sind die Herrschaftsurkunden aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Einige sind auf Pergament geschrieben und haben Wachssiegel.“

Das Lesen der Kurrentschrift hat sich Nunzer selbst beigebracht: „Ich habe als Schüler alte Briefe aus der Nazi-Zeit gefunden, die von meinem Urgroßvater geschrieben worden sind. Die wollte ich unbedingt lesen. Darum hab ich mir damals ein kleines Büchlein namens ‚Kurrent für Anfänger‘ gekauft.“ Das Arbeiten mit den historischen Dokumenten ist für den jungen Archivar wie ein Puzzlespiel. Jedes Schriftstück sei ein Teil des großen Ganzen. Je mehr man davon kenne, desto klarer werde das Bild der Vergangenheit, meint Nunzer.

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Gemeindearchivar Lucas Nunzer
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Das Gemeindearchiv ist das Reich von Lucas Nunzer
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In den Aktenbergen sind auch Schätze zu finden,…
Gemeindearchiv Spitz an der Donau
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…darunter ein alter Revolver
Gemeindearchivar Lucas Nunzer
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Der Jugendliche arbeitet hier ehrenamtlich

Revolver und Totengräberuniformen

Die Brunnenfiguren, die er als Kindergartenkind gemeinsam mit seinem Vater gefunden hat, waren nicht der einzige außergewöhnliche Fund: „Hinter den Spinnweben und unter der Staubschicht im alten Archiv tauchen immer wieder ungewöhnliche Gegenstände auf – zum Beispiel ein alter verrosteter Revolver, von dem niemand weiß, warum er im Archiv liegt“, sagt Nunzer. "Interessant finde ich auch die alten Totengräberuniformen, die hier in einem alten Kasten hängen. Sie sind alle mit Namenszetteln beschriftet, so als ob die alten Herrschaften jederzeit wieder kommen und ihre Uniformen anziehen könnten.“