ältestes Kochbuch
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„Menschen im Blickpunkt“

Ältestes Kochbuch Österreichs in Tulbing

Das wohl älteste Kochbuch Österreichs steht in der Privatbibliothek der Familie Bläuel im Berghotel Tulbingerkogel (Bezirk Tulln). Seit vier Generationen bewahrt die Familie das kulinarische Erbe und erweckt es beim „Diner historique“ zu neuem Leben.

„Ein Buch im Regal ist nicht viel wert, wenn man es nicht hin und wieder in die Hand nimmt und aufschlägt. Das tun wir“, sagt Frank Bläuel, Geschäftsführer des 1932 eröffneten Hotel-Restaurants Tulbingerkogel im Gespräch mit noe.ORF.at.

Im Besitz der Familie Bläuel befinden sich Tausende Kochbücher – 300 davon sind historische, die aus dem Mittelalter, dem Barock und dem Rokoko stammen. Zur umfangreichen Sammlung gehört nicht nur das Werk mit dem originellen Titel „Freywillig aufgesprungener Granatapfel“, sondern auch das wahrscheinlich älteste Kochbuch Österreichs aus dem Jahr 1560. Es enthält verschiedene Krapfen-Rezepte. Süße wie pikante, wie etwa ein Rezept für einen Rüben-Krapfen, das sogar im Teppich im Speisesaal des Hotels verewigt wurde.

Kochbuchsammler Bläuel
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Lange Liste: Beim „Diner historique“ werden die Gäste mit kulinarischen Köstlichkeiten aus der Zeit des Rokoko verwöhnt

Wachteln und Schnecken nach alten Rezepten

Gemeinsam mit anderen historischen Kochbüchern wird das Buch regelmäßig aufgeschlagen, um die Gäste beim „Diner historique“ mit kulinarischen Köstlichkeiten aus der Zeit des Rokoko zu verwöhnen. „Kraut Saures mit Wachtel Gebratene“, „Gänseleber mit Müscherln“, „Schnecken in Limonisoß“ und „Karbonadeln Lämmerne im Schlafrock“ werden bei dieser Gelegenheit aufgetragen.

Allerdings nicht in einzelnen „Gängen“, sondern gesammelt in „Trachten“, erklärt Frank Bläuel: „Man nennt es Tracht, weil die Speisen hingetragen werden. Und zwar immer etwa ein Dutzend Gerichte gleichzeitig, die dann schon auf dem Tisch stehen, bevor die Gäste Platz nehmen.“

Kochbuchsammler Bläuel
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Frank Bläuel blättert im ältesten Kochbuch Österreichs

Die spektakulärsten Rezepte finde man in Kochbüchern aus der Barockzeit. „Damals wurden bis zu 200 Speisen bei einem Festmahl serviert. Das war mir zu aufwendig. Zum Glück kam nach dem Barock der Spätbarock mit einer Welle der Bescheidenheit. Da hat man plötzlich statt 200 nur mehr 30 Speisen serviert. Da habe ich gesagt: Das passt zur heutigen Zeit, das machen wir“, so Frank Bläuel und fügt augenwinkernd dazu, dass Ludwig XIV. für seine 200 Speisen 87 Köche gebraucht habe. Die könne er nicht in der kleinen Küche am Tulbingerkogel unterbringen.

Familienunternehmen in vierter Generation

Das Berghotel Tulbingerkogel wurde im Jahr 1932 eröffnet. 1952 übernahmen Friedrich und Elisabeth Bläuel den Betrieb. Die mittlerweile über 90-jährigen Senioren wohnen weiterhin im Hotel und freuen sich, dass inzwischen vier Generationen der Familie zusammenarbeiten.

Familie Bläuel
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Alle Generationen arbeiten im Berghotel Tulbingerkogel zusammen

Die Geschäftsführung des Unternehmens liegt bei Frank Bläuel, der auch für das Restaurant zuständig ist. Seine Frau Ingrid Bläuel ist an der Rezeption tätig. Sohn Georg Bläuel arbeitet als Küchenchef und Tochter Linda Bläuel kümmert sich um Veranstaltungen.

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 13.11.2022

Auch die nächste Generation, die Urenkelkinder der Gründergeneration, helfen ab und zu in der Küche mit. „Tobias und Lukas unterstützen ihren Papa beim Backen und machen selber ein Kompott. Das gefällt ihnen irrsinnig“, schildert Seniorchefin Ingrid Bläuel. Maskottchen des Hauses ist Familienhündin Anka, die sich seit zehn Jahren um die Unterhaltung der Gäste kümmert: Jeder Ball, der geworfen wird, wird von der Hündin zurückgebracht.