Landhausschiff St. Pölten Außeneinstellung
ORF/Petra Ottitsch
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Wahl 23

Kampf um die letzten Unentschlossenen

Am Freitag haben die fünf Landtagsparteien ihre Wahlkämpfe offiziell abgeschlossen. Im Finale geht es ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grüne und NEOS darum, Unentschlossene zu überzeugen und doch noch den einen oder anderen Prozentpunkt zu holen.

Mit Punsch, Waldviertler Bier und eigens von einem Gmünder Bäcker kreierten „Johanna-Weckerl“ ging am Freitag der Wahlkampf der ÖVP am Stadtplatz von Gmünd in die Zielgerade. Eine klassische Abschlussveranstaltung der niederösterreichischen Volkspartei gab es diesmal nicht, die Stationen im Waldviertel waren allerdings die letzten offiziellen Termine von Spitzenkandidatin Johanna Mikl-Leitner vor dem Wahltag.

Zentrale Botschaft war einmal mehr eine drohende Zusammenarbeit von SPÖ und FPÖ gegen die ÖVP im Anschluss an die Wahl. „Dazu ist ihnen jedes Mittel recht – Angriffe, Untergriffe, Konfrontationen, ja bis hin zu Lügen und Ansagen von (FPÖ-Bundesparteichef Herbert; Anm.) Kickl, wir bringen den Krieg ins Feindesland“, sagte Mikl-Leitner. In Niederösterreich brauche man derartige Dinge nicht, so die amtierende Landeshauptfrau vor Unterstützerinnen und Unterstützern.

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ÖVP-Wahlkampfabschluss
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Eine offizielle Veranstaltung zum Wahlkampfabschluss gibt es bei der ÖVP nicht
ÖVP-Wahlkampfabschluss
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Einer der letzten Stopps der Volkspartei-Tour durch Niederösterreich erfolgte jedoch in Gmünd
ÖVP-Wahlkampfabschluss
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Bei winterlichen Temperaturen gab es nicht nur spezielle „Johanna-Weckerl“,…
ÖVP-Wahlkampfabschluss
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…sondern auch wärmende Getränke
ÖVP-Wahlkampfabschluss
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Spitzenkandidatin Mikl-Leitner muss mit Verlusten rechnen, hofft aber auf ein Ergebnis jenseits der 40-Prozent-Marke

Mikl-Leitner warnt vor „blau-rotem Experiment“

Der Wahlkampf sei noch nie so hart gewesen wie dieses Mal, meinte Mikl-Leitner zwei Tage vor dem Urnengang. Auch dessen Ausgang sei unsicher: „Keiner von uns weiß, ob wir am Montag das blau-rote Experiment erleben oder ob wir das ‚Miteinander‘ weitergehen können.“

Nach der Wahl wolle sie die Gräben zuschütten, versprach die Kandidatin der niederösterreichischen Volkspartei, ehe sie sich in Gmünd plaudernd unter die Leute mischte, Bekannte traf und Anliegen mitnahm. Die absolute Mandatsmehrheit (2018: 49,6 Prozent der Stimmen) im Landtag zu halten ist für die ÖVP nicht realistisch, Wahlziel ist ein Ergebnis über 40 Prozent und damit eine Absolute in der Landesregierung.

Ex-Kanzler als roter Wahlkampfhelfer

Beim Wahlkampfabschluss der SPÖ am Nachmittag rührte Ex-Kanzler Christian Kern die Werbetrommel für den roten Spitzenkandidaten Franz Schnabl. „Franz und sein Team haben die besten Antworten“, sagte Kern vor einigen hundert Funktionären und Sympathisanten am Riemerplatz in der Landeshauptstadt. Zuvor hatte Kern in seiner Rede die Materialschlacht der ÖVP für die anstehende Landtagswahl und die mutmaßliche Wahlkampfkostenüberschreitung kritisiert.

Auch Schnabl versuchte noch einmal zu mobilisieren: „Der Wahlkampf ist erst zu Ende, wenn die Wahlzellen geschlossen sind.“ Nach wie vor gebe es eine große Zahl Unentschlossener. Anschließend ging es für Schnabl weiter nach Pottendorf (Bezirk Baden), wo er beim Wahlkampf-Finale samt Neujahrsempfang der SPÖ-Frauen auch auf Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner traf.

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SPÖ-Wahlkampfabschluss in St. Pölten
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SPÖ-Spitzenkandidat Schnabl trat in St. Pölten nicht nur mit Ex-Bundeskanzler Christian Kern auf,…
SPÖ-Wahlkampfabschluss in St. Pölten
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…sondern auch mit dem Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler, der einen Vorzugsstimmenwahlkampf führt
SPÖ-Wahlkampfabschluss in St. Pölten
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Landesrätin Königsberger-Ludwig unterstützte Schnabl beim Wahlkampfabschluss
SPÖ-Spitzenkandidat Franz Schnabl (r.) und SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner (l.) während des Wahlkampffinales der SPÖ Niederösterreich
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Am Abend folgte ein Zusammentreffen mit Bundesparteichefin Rendi-Wagner in Pottendorf
SPÖ-Wahlkampfabschluss in Pottendorf
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Geladen waren auch weitere Spitzen der Sozialdemokratie, darunter Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch (3.v.r.)

Auch sie richtete noch einmal einen Appell an die Besucherinnen und Besucher: „Nutzen wir die verbleibenden 48 Stunden gemeinsam, so viele Menschen wie möglich zu überzeugen, die Sozialdemokratie zu wählen.“ Die „Haltung“ unterscheide die SPÖ von allen anderen Parteien, meinte die Bundesparteivorsitzende. „Es geht um viel, es liegt an uns, zu überzeugen.“

Schnabl selbst formulierte sein Wahlziel an diesem Abend so, wie er es bereits beim Landesparteitag im Oktober gemacht hatte: „Das Ergebnis wird St. Pölten erschüttern und das Bundeskanzleramt zum Wackeln bringen.“ Dass die ÖVP „das Spiel verlieren wird“ sei „sonnenklar“, so Schnabl. Und auch in Richtung FPÖ teilte er aus: „Diese Partei ist nicht wählbar.“ Der sozialdemokratische Spitzenkandidat stellte im Wahlkampf zuletzt den Anspruch, Mikl-Leitner an der Spitze der Landesregierung ablösen zu wollen.

St. Pölten für FPÖ „Zentrum schwarzer Grauslichkeiten“

Mit einer Schlussveranstaltung beim St. Pöltner Klangturm schwor sich die FPÖ auf den Endspurt für den Landtagswahlkampf ein. Spitzenkandidat Udo Landbauer („Wir spielen auf Sieg“) bekam dabei Unterstützung von Bundesparteiobmann Herbert Kickl und Generalsekretär Michael Schnedlitz. Geäußert wurde vor Funktionären jede Menge Kritik an der ÖVP.

Die niederösterreichische Landeshauptstadt sei das „Zentrum der schwarzen Grauslichkeiten“, aber „nicht mehr lange“, betonte Landbauer bei mittelstarkem Schneefall. Es müsse Schluss sein mit „schwarzer Arroganz, Abgehobenheit und Machtmissbrauch“. Landeshauptfrau Mikl-Leitner verkaufe „die Wähler für dumm“, die Rechnung dafür komme „am 29. Jänner garantiert“. Er selbst wolle eine „lebenswerte Perspektive für Familien und Kinder in unserem Land“ schaffen.

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FPÖ-Wahlkampfabschluss in St. Pölten
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Viel Kritik an der regierenden Volkspartei äußerte FPÖ-Spitzenkandidat Landbauer…
FPÖ-Wahlkampfabschluss in St. Pölten
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…beim Wahlkampfabschluss im St. Pölten Regierungsviertel
FPÖ-Wahlkampfabschluss in St. Pölten
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Landbauer will in den kommenden fünf Jahren statt Mikl-Leitner das oberste Amt in Niederösterreich besetzen
FPÖ-Wahlkampfabschluss in St. Pölten
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Bei der Abschlusskundgebung bekam er Unterstützung von Kickl (Mitte) und Schnedlitz
FPÖ-Wahlkampfabschluss in St. Pölten
ORF/Werner Fetz
Bei teils winterlichen Bedingungen äußerte der Bundesparteichef auch Kritik am Bundespräsidenten

Kickl: „Lektion in Sachen Demokratie“

Kickl nahm zunächst Bundespräsident Alexander Van der Bellen verbal ins Visier und spannte dann den Bogen zur Landtagswahl. „Eine erste Lektion in Sachen Demokratie gibt es am Sonntag von der niederösterreichischen Bevölkerung für den Herrn Bundespräsidenten.“ Im Bundesland liege „was Schönes, was Gutes“ in der Luft, Mikl-Leitner blase „der Wind of Change ins Gesicht“. Wer die Landeshauptfrau und die ÖVP wähle, bekomme ihren Parteikollegen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka „und noch viele mehr“ gleich „mit im Gepäck“.

Angriffig gab sich auch Generalsekretär Michael Schnedlitz. In 48 Stunden nahe „die Schicksalswahl“, der Wahltag solle „zum Zahltag“ für Mikl-Leitner sowie ihre ÖVP-Kollegen Bundeskanzler Karl Nehammer und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka werden. Man gehe mit „Rückenwind“ in die letzten Stunden des Wahlkampfs, es sei sogar ein „regelrechter Orkan“. Die Freiheitlichen mit Spitzenkandidat Landbauer haben ebenfalls den Anspruch auf das Amt des Landeshauptmanns erhoben.

Grüner Abschluss mit ministerialer Rückendeckung

Die Grünen waren nicht in St. Pölten, sondern in Mödling unterwegs. Wie schon öfter im Wahlkampf holten sie sich auch zum Abschluss Unterstützung aus der Bundespartei, konkret von Gesundheitsminister Johannes Rauch. Er reiste wahlprogrammgemäß per Bahn an und wurde am Bahnhof Mödling von Spitzenkandidatin Helga Krismer begrüßt.

„Je kälter der Abschluss des Wahlkampfs, desto heißer der Wahlkampf“, begrüßte Rauch anschließend die Funktionärinnen und Funktionäre bei einer Rede im leichten Schneefall. Seine zweite Botschaft, in Anspielung an die blau-gelbe Wahlwerbung der ÖVP Niederösterreich: „Da haben sie etwas übersehen – wenn man die beiden Landesfarben mischt, kommt Grün dabei raus.“ Krismer betreibe seit Jahren ausdauernde, zähe Landespolitik, sie habe außerdem aus der Sicht des Ministers einen „absolut fantastischen“ Wahlkampf bestritten. Nun werde es die Partei schaffen, die absolute Mehrheit der Volkspartei zu brechen, zeigte er sich überzeugt.

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Wahlkampfabschluss der Grünen in Mödling
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Die Grünen luden für ihren Wahlkampf-Abschluss nicht in die Landeshauptstadt, sondern nach Mödling
Wahlkampfabschluss der Grünen in Mödling
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Am dortigen Bahnhof begrüßte Spitzenkandidatin Krismer ihren Parteikollegen, Gesundheitsminister Rauch
Wahlkampfabschluss der Grünen in Mödling
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„Es geht um jede Stimme“, sagte dieser später in einer Rede…
Wahlkampfabschluss der Grünen in Mödling
ORF/Felix Novak
…während sich Krismer bei ihrer Ansprache kämpferisch und zum Teil auch emotional zeigte
Wahlkampfabschluss der Grünen in Mödling
ORF/Felix Novak
Zum Abschluss stiegen Rauch und der Landeschef der oberösterreichischen Grünen, Stefan Kaineder, auf Karussell-Fahrräder, die bereits bei vergangenen Wahlkampfveranstaltungen zum Einsatz gekommen waren

Krismer: „Es ist Ende im Gelände“

Es gehe in Niederösterreich in den nächsten fünf Jahren „wirklich ans Eingemachte“, betonte die angesprochene Spitzenkandidatin: „Es ist, was CO2 betrifft, Ende im Gelände.“ Wenn FPÖ-Kandidat Landbauer glaube, er könne „dieses wunderbare Land, das so zukunfts- und energiereich ist, an die Wand fahren, dann werde ich mein Letztes geben und deshalb laufen wir“, sagte Krismer.

Die Spitzenkandidatin zeigte sich in ihrer letzten größeren Rede vor dem Wahltag auch emotional. „Ich kenne als Kommunalpolitikerin die Menschen, die zigmal überlegt haben, die Grünen, das muss ja nicht sein.“ Nun sei der Tag gekommen, es gebe keine Ausrede mehr. „Ich stehe da und bringe das Herz und das Wissen mit“, so Krismer mit brüchiger Stimme vor jubelnden Anhängerinnen und Anhängern der Partei. Die Grünen wollen bei der Wahl das 2018 verlorene vierte Mandat im Landtag zurückgewinnen und so den Klubstatus wiederherstellen.

Sendungshinweis

„NÖ Journal“, 28.1.2023

NEOS gegen Förderungen mit der Gießkanne

Bei ihrem Wahlkampfabschluss in der St. Pöltner Fußgängerzone kämpfen am Freitag NEOS noch einmal um jede Stimme. Dabei gab es ebenfalls Unterstützung aus der Bundespartei. NEOS fordern eine Politik für die nächsten Generationen, wurde einmal mehr betont.

Im Kampf gegen die Teuerung seien immer mehr Förderungen nach dem Gießkannenprinzip das falsche Mittel. „Es kann nicht sein, dass unverantwortliche Politiker das Geld anderer Leute, das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, zum Fenster hinauswerfen, nur weil sie schlechte Umfragewerte haben“, sagte Beate Meinl-Reisinger, Vorsitzende der NEOS-Bundespartei.

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LTW23 Wahlkampfabschluss NEOS
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NEOS-Spitzenkandidatin Indra Collini lud zum Wahlkampfabschluss am St. Pöltner Herrenplatz
LTW23 Wahlkampfabschluss NEOS
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Collini warnte beim Wahlkampfabschluss vor einer „Ibiza-Koalition“
LTW23 Wahlkampfabschluss NEOS
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Unterstützung bekam Collini von Bundesparteichefin Beate Meinl-Reisinger
LTW23 Wahlkampfabschluss NEOS
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2018 konnten die Neos auf Anhieb 5,2 Prozent und drei Mandate erreichen
LTW23 Wahlkampfabschluss NEOS
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Knapp 100 Funktionäre und Sympathisanten sowie Schaulustige waren beim Wahlkampfabschluss dabei

Collini will „korrupten Sauhaufen“ bekämpfen

Spitzenkandidatin Indra Collini kritisierte vor allem die Machtfülle der ÖVP, die in Niederösterreich mit Ausnahme von 1993 bis 2003 mit absoluter Mehrheit regiert. Den anderen Parteien gehe es mehr um Posten als um Inhalte, kritisierte die NEOS-Landeschefin. Das zentrale NEOS-Thema, in der Politik für mehr Transparenz zu sorgen, war auch beim Wahlkampfabschluss noch einmal gefragt: „Es ist ein korrupter Sauhaufen, den wir hier haben“, so Collini. „Wir müssen alles tun, damit die Menschen wieder vertrauen können.“

Die Jungen dürften nicht die Dummen sein, so einer der wichtigsten pinken Slogans im Wahlkampf. „Wir wollen die Parteienförderung halbieren und das Geld nehmen und in die Jungen investieren“, forderte die Spitzenkandidatin. Sie will mit diesem Geld einen „Zukunftstausender“ im Bereich der Bildung schaffen, denn „das muss es uns wert sein“. NEOS fordern auch mehr Kinderbetreuungsplätze und eine Energiewende, die mit Fortschritt und Innovation verbunden werden müsse. Bei der Wahl am Sonntag wollen NEOS ein Mandat dazugewinnen und Klubstärke erreichen.