Franz Schnabl und Sven hergovich
APA/HELMUT FOHRINGER
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wahl 23

SPÖ-Spitze: Hergovich folgt auf Schnabl

Nach dem desaströsen SPÖ-Ergebnis bei der Landtagswahl sind die ersten Konsequenzen gezogen worden. Franz Schnabl hat seine Funktion als Landesparteivorsitzender angeboten, auf ihn folgt AMS-Chef Sven Hergovich – für einen Neustart, wurde betont.

Nach 20.00 Uhr wurde es vor der Presse verkündet: Schnabl macht den Weg frei, Hergovich soll der neue Landesparteivorsitzende der SPÖ Niederösterreich werden. Das wurde einstimmig im Landesparteivorstand beschlossen, betonte Schnabl am Montagabend. Damit läutet die SPÖ einen Generationswechsel in der Landespartei ein – und eine Verjüngung um 30 Jahre. Schnabl ist 64, Hergovich 34 Jahre alt. Er werde der jüngste Landesparteivorsitzende in der Geschichte der Landespartei sein, sagte Hergovich.

„Es braucht einen Neustart“, sagte Schnabl beim Pressestatement am Montagabend. „Der Neustart ist einer, der eine personelle Veränderung mit sich bringt – mit einer neuen Chance für die Partei.“ Er sprach von einer „signifikanten Generationsverjüngung“. Hergovich stand schon seit eineinhalb Jahren auf Schnabls Agenda, sagte er. Er sei froh, dass er jetzt bereit sei, diese Verantwortung zu übernehmen – „da gehört viel Mut dazu in so einer schwierigen Situation“.

„Beschlossen, dass es Neustart geben muss“

Hergovich bedankte sich bei Schnabl und seiner Partei. „Dem Ganzen sind intensive Gespräche vorausgegangen“, sagte er. Es habe tiefgreifende Analysen gegeben, und es sei beschlossen worden, dass es einen Neustart geben muss. Dass die Wahl auf ihn fiel, freue ihn „insbesondere auch deshalb, weil ich auf keiner Wahlliste gestanden bin“.

Sven Hergovich und Franz Schnabl
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Franz Schnabl und Sven Hergovich traten am Montagabend gemeinsam vor die Presse

Als AMS-Chef habe er immer vor Augen gehabt, auf dem Arbeitsmarkt niemanden zurückzulassen, betonte Hergovich. Das gelte für ihn nun auch als Landesparteivorsitzenden. „Es braucht aber auch Kompromisse, damit wir etwas für Niederösterreich weiterbringen.“

Hergovich schloss Unterstützung für Landbauer aus

Seine erste Aufgabe sei es nun, „Gespräche mit allen Parteien über eine mögliche Regierungsbeteiligung zu führen.“ Man werde mit allen Parteien sprechen, aber eines stellte Hergovich sofort klar: „Ich werde meiner Fraktion nie den Auftrag erteilen, Udo Landbauer zum Landeshauptmann zu wählen. Das geht sich für uns nicht aus.“ Zu Johanna Mikl-Leitner habe er ein „gutes Gesprächsklima“, meinte er.

Mitte Februar wolle Hergovich, gebürtiger Niederösterreicher, seinen Lebensmittelpunkt von Wien nach Niederösterreich verlegen und in eine Wohnung in St. Pölten übersiedeln.

Am Montagnachmittag traten in St. Pölten die Gremien der SPÖ zusammen. Nach dem Präsidium tagte der Vorstand in der Landesparteizentrale. Die Zeichen standen schon davor auf Ablöse von Schnabl. Die kritischen Stimmen gegen den Landesparteivorsitzenden nach der Wahlschlappe wurden im Laufe des Tages mehr und mehr. Schnabl selbst hatte am Wahlsonntag noch keinen Grund für Konsequenzen gesehen.

Hergovich seit fünf Jahren AMS-Chef

Hergovich wurde am 22. Oktober 1988 in Korneuburg geboren und ist seit 1. Juli 2018 Geschäftsführer des AMS Niederösterreich. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität Wien war er etwa in der Arbeiterkammer Wien und als Referent im Kabinett von Doris Bures sowie später Alois Stöger (beide SPÖ) im Verkehrsministerium tätig.

Sendungshinweis

Radio NÖ Journale, 31.1.2023

2016/17 war Hergovich Arbeitsmarktexperte im Kabinett von Stöger im Sozialministerium und stellvertretender Leiter des Ministerbüros, bevor er im November 2017 stellvertretender Landesgeschäftsführer des AMS NÖ wurde. Im Verwaltungsrat des AMS Österreich hat er zahlreiche Projekte im Arbeitsmarktbereich mitverhandelt. Bei der Nationalratswahl 2019 kandidierte Hergovich auf der Wiener Landesliste der SPÖ. Er fand sich damals an zehnter Stelle.

Viele Stimmen für Veränderung wurden laut

Schon am Nachmittag waren viele kritische Stimmen laut georden. Der St. Pöltner Bürgermeister Matthias Stadler machte klar, dass man ganz sicher nicht zur Tagesordnung übergehen könne, sondern ernsthaft die Dinge analysieren müsse – und selbst dabei dürfe es nicht bleiben, „sondern es gehören Weichenstellungen vorgenommen, es gehören Veränderungen, und zwar ganz massiv Veränderungen vorgenommen“.

EU-Abgeordneter Günther Sidl bezeichnete es als „wichtig, ein Signal auszusenden, dass wir das Wahlergebnis verstanden haben“. Und zwar an jene, „die uns das Vertrauen gegeben haben“, aber auch an jene, die es nicht getan haben.

Man müsse sich auf allen Ebenen unterhalten, „was verkehrt gelaufen ist“, sagte Rainer Spenger, Vizebürgermeister in Wiener Neustadt. Es gelte, Schlüsse zu ziehen, alle müssten sich „bei der Nase nehmen“. Schuldzuweisungen seien fehl am Platz. „Neu aufstellen, auch im Bund“, laute die Devise.

„Prozess der Erneuerung einleiten“

Der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler betonte bei seinem Eintreffen vor dem Landesparteivorstand, dass es nun darum gehen werde, einen Prozess der Erneuerung einzuleiten. Sein Amtskollege aus der Nachbargemeinde Trumau, Andreas Kollross, forderte via die Tageszeitung „Die Presse“ ebenfalls eine „personellen Erneuerung“ in der Landespartei.

„Nach dem Ergebnis“ müsse man „über alles diskutieren“, unterstrich Landtagsabgeordneter Hannes Weninger. Es werde auch um Personelles gehen, man dürfe es aber „nicht bei einer Personaldebatte allein belassen“. „Es rumort kräftig“, meinte die scheidende Dritte Landtagspräsidentin Karin Renner.

Die SPÖ kam bei der Landtagswahl laut Hochrechnung inkl. Wahlkartenprognose von Sonntagabend auf 20,6 Prozent der Stimmen, was ein Minus von 3,3 Prozentpunkten und das schlechteste Ergebnis aller Zeiten bedeutet (bisher 21,57 Prozent im Jahr 2013). Dadurch büßten die Roten einen Sitz im Landtag ein. Künftig stellen die Sozialdemokraten nur noch zwölf Mandatarinnen und Mandatare. Immerhin konnten die zwei Sitze in der Landesregierung gerettet werden, der Landesvize steht ihnen jedoch nicht mehr zu.