ÖVP-Wahlplakat in Yspertal
ORF/Thomas Koppensteiner
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Wahl 23

ÖVP: Große Verluste durch Protestwähler

Die ÖVP hat bei der Landtagswahl vor allem in vielen Landgemeinden schwere Verluste hinnehmen müssen. Der größte Absturz erfolgte in Yspertal (Bezirk Melk) mit minus 33 Prozentpunkten. Viele Wähler dürften aus Protest zur FPÖ gewandert sein.

Yspertal am Tag nach der Wahl. Eisiger Wind pfeift über die Straßen, es schneit, nur wenige Leute sind beim Lokalaugenschein von noe.ORF.at draußen unterwegs. Was ausschlaggebend dafür war, warum sie sich für eine Partei entschieden haben? Die Antworten klingen sehr ähnlich: „Ich habe mir gedacht, dass sich mal was ändert. Es ist doch jetzt alles schlechter geworden“, sagt ein Passant. „Es ist generell keine gute Zeit, die Leute wollen Veränderung“, sagt eine Frau, die eingepackt in eine dicke Jacke mit ihrem Hund spazieren geht.

Für die ÖVP gab es in der Gemeinde im südlichen Waldviertel bei der Wahl am Sonntag eine Talfahrt. Das Ergebnis der Volkspartei hat sich im Vergleich zu 2018 halbiert, 33,95 Prozent blieben letztlich übrig. Für Bürgermeisterin Veronika Schroll (ÖVP) kam der Absturz nicht überraschend, in dieser Dimension hatte sie ihn aber nicht erwartet.

Ergebnis Gemeinde Yspertal Landtagswahl 2023
Landeswahlbehörde NÖ

Schroll sieht mehrere Gründe für den schwarzen Absturz in ihrer Gemeinde. Zum einen hat der frühere Bürgermeister und Zweite Landtagspräsident Karl Moser (ÖVP) nicht mehr kandidiert, zum anderen habe die SPÖ das „strategisch genutzt“ und einen Kandidaten aus Yspertal auf der Bezirksliste positioniert. Die Sozialdemokraten konnten in der Gemeinde um 7,36 Prozentpunkte zulegen und kamen auf 25,58 Prozent der Stimmen. Noch deutlichere Zugewinne machte aber die FPÖ. Mit einem Plus von 20,02 Prozentpunkten und 31,05 Prozent landete sie auch in Yspertal deutlich vor der SPÖ.

Laut der Bürgermeisterin hätten bundespolitische Themen extrem in den Wahlkampf hineingespielt. „Beim Wahlwerben und auch in meiner politischen Arbeit spürt man immer, dass das Thema Corona in Wahrheit nicht aufgearbeitet ist. Da gibt es noch einiges an emotionalem Stau“, so Schroll. Sie spricht aber auch die Teuerung an. „Obwohl das Land sehr viel Geld in die Hand genommen hat, ist manches bei den Bürgern nicht so wirklich angekommen, emotional oder auch noch nicht auf der Stromrechnung.“ Das Ergebnis habe „mit absoluter Sicherheit“ viel mit Protestwählern zu tun.

„FPÖ hat MFG abgelöst“

Weiß angezuckert präsentiert sich am Tag nach der Wahl auch die Landschaft rund um Waidhofen an der Ybbs. Die ÖVP ist in der Mostviertler Statutarstadt um 18,43 Prozentpunkte auf 36,76 Prozent der Stimmen abgerutscht, die FPÖ konnte 12,33 Prozentpunkte zulegen und rangiert mit 23,17 Prozent deutlich vor der SPÖ (19,09 Prozent), die minus 0,62 Prozentpunkte zu Buche stehen hat. Dein Ziel – eine Liste ehemaliger MFG-Politiker – kam auf 3,18 Prozent der Stimmen.

Sendungshinweis

„NÖ heute“, 30.1.2023

Vor genau einem Jahr hatte die impfkritische MFG bei der Gemeinderatswahl in Waidhofen an der Ybbs mit 17,08 Prozent noch ihren größten Erfolg gefeiert, die FPÖ war auf 4,0 Prozent gekommen. Die MFG ist nun faktisch nicht mehr vorhanden. Ein Teil der Verluste der ÖVP wird der Protestbewegung zugeordnet. „Dieser Eindruck drängt sich auf. Wenn man sich vorstellt, dass die Ukrainekrise dazugekommen ist, haben dieselben Personen diese Sorgen. Die FPÖ hat also die MFG abgelöst“, sagt Bürgermeister Werner Krammer gegenüber noe.ORF.at.

Ergebnis Gemeinde Waidhofen an der Ybbs Landtagswahl 2023
Landeswahlbehörde NÖ

Bürgermeister stehen hinter Mikl-Leitner

Trotz der Verluste für die Volkspartei sehen zahlreiche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der ÖVP auf Anfrage von noe.ORF.at am Montag keine Notwendigkeit einer Obfraudebatte. „Ich denke, sie (Johanna Mikl-Leitner; Anm.) ist die Richtige. Sie hat gute Arbeit geleistet“, sagt etwa die Bürgermeisterin von Yspertal, Veronika Schroll.

Waidhofens Bürgermeister Werner Krammer ortet keine inhaltlichen Fehler. Das Land habe in der Region viel investiert, nennt er etwa den Glasfaserausbau, Radwege, ein Pflege- und Betreuungszentrum und Feuerwehrhäuser als Beispiele. „Ich kann nicht nachvollziehen, wo die Problemlage ist.“ Man werden natürlich Ursachenforschung betreiben, sagt Krammer und verweist auf große Unterschiede in den Vierteln. „Das Mostviertel hat ganz anders gewählt als das Industrieviertel. Da schrillen schon die Alarmglocken.“