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ORF/Seiser
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Politik

Proporz: Abschaffung mit Hürden verbunden

Die Grünen haben vor einer „Verfassungskrise“ gewarnt und neuerlich die Abschaffung des Proporzsystems gefordert. ÖVP und FPÖ lehnen das ab, NEOS ist dafür, die SPÖ kommentiert den Vorstoß nicht. Rechtlich gesehen ist eine rasche Abschaffung mit Hürden verbunden.

Während das Proporzsystem in Österreich weitgehend abgeschafft wurde, hat es in Ober- und Niederösterreich und in einer Sonderform in Wien bis heute Bestand. Proporz bedeutet, dass Parteien, die eine bestimmte Anzahl an Mandaten im Landtag erreichen, automatisch auch einen Sitz in der Landesregierung bekommen. Je stärker eine Partei folglich bei einer Wahl abschneidet, desto mehr Landesräte werden von dieser Partei auch gestellt.

In der Vergangenheit wurde in Niederösterreich immer wieder über eine Abschaffung des Proporzsystems diskutiert. Insbesondere Grüne und NEOS, die zuletzt nicht in der Landesregierung vertreten waren, wagten in der ablaufenden Legislaturperiode immer wieder Vorstöße, um das Proporzsystem abzuschaffen, scheiterten jedoch an der Zustimmung durch die anderen Parteien.

ÖVP und FPÖ gegen Abschaffung

Wie schon kurz vor der Landtagswahl forderte Grünen-Landessprecherin Helga Krismer nun auch kurz nach der Landtagswahl die Einberufung einer außerordentlichen Landtagssitzung – mehr dazu in Landesvizekür wirft Schatten voraus (noe.ORF.at, 31.01.2023). Die ÖVP ist hingegen für den Proporz. „Mir ist es lieber, wenn alle Parteien, die eine gewisse Größenordnung vom Wähler zugesprochen bekommen haben, an einem Tisch sitzen, Verantwortung tragen und nicht nur Opposition spielen“, so ÖVP-Klubobmann Klaus Schneeberger.

Auch die Freiheitlichen erteilten der Forderung der Grünen eine Absage. Man sei für das Proporzsystem, teilte die FPÖ mit. Die SPÖ wollte sich auf Anfrage nicht festlegen. Von NEOS wiederum heißt es, dass man grundsätzlich dafür sei, dass der Proporz in Niederösterreich abgeschafft wird. Man habe in der letzten Legislaturperiode mehrere Anträge dazu eingebracht, allerdings habe sich eben keine Mehrheit gefunden. Auch in der neuen Legislaturperiode sei man für Gespräche offen.

Verfassungsänderung mit Hürden verbunden

Rein rechtlich ist die Abschaffung des Proporzsystems natürlich jederzeit möglich, allerdings müssen auch mehrere Hürden genommen werden. Grundsätzlich braucht es zunächst eine Landtagssitzung. Diese kann – auch außerplanmäßig – von einem Viertel der Abgeordneten beantragt werden. Liegt ein entsprechender Verhandlungsgegenstand vor, ist die Landtagssitzung binnen acht Tagen einzuberufen.

Weil es sich um eine Verfassungsbestimmung handelt, müssten bei dieser Sitzung zwei Drittel der Abgeordneten zustimmen. Üblich ist vor dem Beschluss auch eine Ausschusssitzung, und selbst wenn ein Beschluss rasch erfolgt, gibt es noch eine Einspruchsfrist. Bis die Gesetzesänderung folglich in Kraft treten kann, vergehen in der Regel mehrere Wochen. Von der Landtagsdirektion heißt es dazu auf Anfrage von noe.ORF.at lediglich, dass noch kein Verhandlungsgegenstand vorliege und man sich „an keinen Spekulationen beteiligen“ wolle.