„Mich interessiert, was in diesem Land in Zeiten des Krieges vor sich geht“, erzählt der mehrfach ausgezeichnete Journalist aus Mödling, der mit zwei älteren Brüdern als Sohn eines Lehrer-Ehepaares aufwuchs und nach der Matura an einer Fachhochschule Journalismus studierte. Ein Auslandssemester in St. Petersburg habe seine Faszination für Russland entfacht, die ihm bis heute geblieben sei – trotz oder gerade wegen der Unterschiede in der Mentalität der Menschen.
Sendungshinweis
„Nahaufnahme“, 19.2.2023
Ein Jahr nach Kriegsbeginn hat sich auch seine tägliche Arbeit deutlich verändert, erzählt Krisai in der Radio-Niederösterreich-„Nahaufnahme“: „Die größte Veränderung ist die Militärzensur, die verbietet, das Militär in Russland herabzuwürdigen. Deshalb haben wir die Berichterstattung über das militärische Geschehen in unsere Redaktion in der Ukraine ausgelagert. Das Wichtige ist mir, die Geschichten der Menschen zu erzählen, wie es ihnen wirklich geht.“
Im Gespräch mit Alice Herzog spricht er offen über Gefahrenmomente und das ständige Gefühl der Ungewissheit, die man hat, weil man nicht weiß, ob und wann man überwacht wird. „Manchmal habe ich das Gefühl, ich werde von einem Auto verfolgt“, so der 28-jährige Niederösterreicher.
Über Paul Krisai
Paul Krisai ist Leiter des ORF-Büros in Moskau und wurde im Vorjahr als Journalist der Jahres ausgezeichnet. Jetzt ist er mit seinem KorrespondentInnen-Team in Russland für den Publikumspreis „Romy“ nominiert.
Er gibt auch Einblicke in den Alltag der Menschen in Russland, welche Informationsquellen sie nutzen, wem sie glauben und warum bisher kaum gegen den Angriffskrieg aufbegehrt wurde. „Dass es sich um eine Spezialoperation handelt, glaubt hier eigentlich niemand mehr.“ Das Leben in Russland, ein Jahr nach Beginn des Krieges gegen die Ukraine fühle sich an, „wie in einer Parallelwelt zu leben, in der es eigentlich den Krieg nicht gibt, weil er nicht spürbar und sichtbar ist, und doch alles bestimmt,“ so Krisai.