Spermidin ist ein Polyamin, eine Art Eiweiß. Es wurde erstmals in der männlichen Samenflüssigkeit entdeckt und hat daher seinen Namen. Es wird im menschlichen Körper gebildet, allerdings sinkt der Spermidin-Spiegel mit dem Alter – hier kommt die Ernährung ins Spiel.
Sendungshinweis
„NÖ heute“, 23.10.2023
Denn erste Studien legen nahe, dass die Substanz vor altersbedingten Krankheiten schützen könnte, indem sie die Autophagie ankurbelt. „Autophagie ist die Selbstreinigung der Zellen, der Recyclingprozess des Körpers“, erklärt Ernährungswissenschafterin Margit Fensl, die sich für ihr Buch „Der Jungbrunnen-Effekt“ intensiv mit dem Thema Autophagie beschäftigt hat, „das heißt, in der Zelle wird sozusagen der ‚Schrott‘, der sich dort befindet, abgebaut und noch einmal recycelt.“
Studie zeigt Verbesserung von Demenzsymptomen
Was das für Demenzbetroffene bedeuten könnte, ist von der FH Wr. Neustadt untersucht worden. Bewohnerinnen und Bewohner eines steirischen Pflegeheims haben mit Weizenkeimen angereichertes Brot bekommen, eine Kontrollgruppe normales Gebäck. Nach drei Monaten wurde bereits eine Verbesserung der geistigen Leistungsfähigkeit festgestellt, freut sich Thomas Pekar, Studiengangsleiter für Biomedizinische Analytik, „und nach einem Jahr war das Ergebnis noch besser.“

Für diese Forschung wurden Pekar und sein Team auch ausgezeichnet – mehr dazu in Forschungspreis: Spermidin hilft Dementen (noe.ORF.at; 26.5.2023). In einer Folgestudie hofft man nun, diesen Effekt nicht nur mit Gedächtnistests, sondern auch auf MRT-Bildern nachweisen zu können.
„Wir hoffen, dass wir zunächst solche Ablagerungen vorfinden und, nachdem die Studienteilnehmerinnen das Spermidin über einen längeren Zeitraum zu sich genommen haben, dass man weniger oder gar keine Ablagerungen mehr detektieren kann“, erklärt Pekar von der Fachhochschule Wr. Neustadt.
Wirkung auf verschiedene Körperbereiche wird untersucht
Erfreuliche Ergebnisse könnte es aber nicht nur in der Demenzforschung geben, sondern auch in anderen Bereichen. „Wenn man sich vorstellt, dass Spermidin auf die Zelle wirkt und dass es Zellen in jedem Bereich unseres Körpers gibt, dann kann man davon ausgehen, dass positive Wirkungen in sämtlichen Organen, in allen Bereichen des Körpers erzielt werden können“, meint Pekar, „weil es ist egal, ob ich jetzt in der Nervenzelle für eine gesunde Zelle sorge, in einer Herzmuskelzelle oder in einer Hautzelle.“
Spermidingehalt pro 100g
- Weizenkeime: 35,4 mg
- Natto (japanische fermentierte Sojabohnen): 34 mg
- Cheddar, min. 12 Mon. gereift: 19,9 mg
- Kürbiskerne: 10,4 mg
- Pilze: 9 mg
- Erbsen: 6,5 mg
- Brokkoli: 3,5 mg
- Mais: 3,2 mg
- Mango: 3 mg
- Apfel: 1,5 mg (große Schwankungsbreite)
Quelle: „Das Spermidin Kochbuch“ von Reinhart Jarisch, Kneipp Verlag
Erst kürzlich wurde nachgewiesen, dass Spermidin die Eizellen von Mäusen verjüngt und damit die Fruchtbarkeit erhöht. Das könnte etwa älteren Frauen mit Kinderwunsch helfen – mehr dazu in Spermidin verjüngt auch Eizellen (science.ORF.at; 16.10.2023).
Weizenkeime spermidinreichstes Lebensmittel
Wer spermidinreich essen will, sollte in erster Linie – so wie die Teilnehmenden an der Demenzstudie – Weizenkeime auf seinen Speiseplan setzen, aber auch Kürbiskerne, Sojabohnen, Cheddar-Käse, Erbsen, Kräuterseitlinge und Brokkoli enthalten viel davon.
Kochen reduziert den Spermidingehalt allerdings, „um etwa zehn bis 15 Prozent“, schätzt Ernährungswissenschafterin Margit Fensl, „das heißt, wenn Sie diese Lebensmittel roh zu sich nehmen können, ist es besser.“ Die einfachste Variante ist, zwei Esslöffel Weizenkeime täglich ins Müsli, Porridge oder Jogurt zu streuen. Auch Kürbiskerne können beispielsweise einfach über den Salat gestreut werden. Nachdem sich das leicht in den Alltag einbauen lässt, hält Fensl die Einnahme von Spermidin in Form von Nahrungsergänzungsmittel im Normalfall für nicht notwendig.