Olympia ’48: „Wir haben nur gestaunt“

Am 28. Juli werden in London die Olympischen Spiele eröffnet. Die britische Hauptstadt war bereits 1908 und 1948 Schauplatz dieses sportlichen Kräftemessens. Vor 64 Jahren waren auch zwei Sportlerinnen dabei, die heute in Klosterneuburg wohnen.

Bei den XIII. Olympischen Spielen traf sich die sportliche Elite erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg, nachdem London vier Jahre davor zum zweiten Mal nach 1908 Olympia-Ausrichter hätte sein sollen. Doch das scheiterte an den Kriegswirren. Medaillen waren dann aber nicht für jeden Teilnehmer das unbedingt Wichtigste.

Fritzi Schwingl (links) und Gertrude Benesch-Fesl

APA/Herbert Pfarrhofer

Die ehemaligen Olympia-Teilnehmerinnen von 1948 in London, Fritzi Schwingl (l.), Bronze-Gewinnerin im Kanubewerb über 500 Meter, und Gertrude Benesch-Fesl, sechster Platz im Turnen mit Mannschaft.

ÖOC suchte London-Teilnehmer aus dem Jahr 1948

So für viele der 114 österreichischen Teilnehmer, für die vom Österreichischen Olympischen Komitee (ÖOC) nominierten 89 Herren und 25 Damen war schon die Entsendung an sich ein Erlebnis. Weg von zu Hause in ein im Vergleich zur zertrümmerten Heimat als Sport-Eldorado empfundenes London. 64 Jahre später stehen dort wieder Spiele auf dem Programm, und einige der ÖOC-Aktiven von damals werden diese auch noch erleben.

Das ÖOC machte sich auf die Suche nach den Überlebenden des rot-weiß-roten Aufgebots von 1948. Noch steht die Zahl nicht genau fest, aber es dürfte ein Fünftel bis ein Viertel des Gesamt-Teams sein. Sie werden - vermutlich am Schluss-Wochenende 11./12. August - vom ÖOC zu den XXX. Olympischen Sommerspielen in jene Stadt eingeladen, in denen sie sich einst selbst um Gold, Silber und Bronze bemüht hatten.

Bronzemedaille im Damen-Kajak-Einer

Interessant ist die Geschichte zweier London-Teilnehmerinnen aus Klosterneuburg. Kennengelernt haben sich Fritzi Schwingl und Gertrude Benesch-Fesl erst vor wenigen Wochen, obwohl sie eben nur wenige Kilometer voneinander entfernt leben. Schwingl eroberte bei Olympia 1948 auf der Themse eine von drei Bronze-Medaillen für Österreich - im Kajak-Einer über 500 m. Benesch-Fesl wurde unter dem Namen Fesl mit der Turn-Equipe Sechste.

Gertrude Benesch-Fesl, Olympia-Teilnehmerin 1948

APA/Herbert Pfarrhofer

Gertrude Benesch-Fesl: „Hunger leiden musste niemand. Wir haben Lebensmittelkarten für Schwerarbeiter bekommen.“

Während Schwingl damals Ende der Vierziger immerhin schon 27 Jahre war und daher nun den Neunziger schon hinter sich hat, schnupperte Benesch-Fesl erst 16-jährig Olympia-Luft. Die Bronze-Medaille bzw. das Olympia-Diplom haben die beiden natürlich aufbewahrt. Bei beiden sind die Erinnerungen an die Spiele 1948 positiv, wie sie im ÖOC-Gespräch verdeutlichten.

„In England waren wir in einer anderen Welt“

„Als wir in England im Zug umgestiegen sind, waren wir in einer anderen Welt“, erinnerte sich Benesch-Fesl. „Da gab es Abteile mit Tischen und gepolsterten Sitzen - wir haben nur so gestaunt, das war unfassbar.“ Die Turnerinnen waren dann in einem Internat untergebracht, die Kanutinnen direkt an der Themse. Hunger leiden musste tatsächlich niemand. Benesch-Fesl erzählte der APA: „Wir haben Lebensmittelkarten für Schwerarbeiter bekommen.“

Bronzemedaillengewinnerin Fritzi Schwingl

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Fritzi Schwingl: „Bei der offiziellen Feier in Wien habe ich nichts mehr vom Buffet bekommen, weil die Funktionäre alles aufgegessen haben.“

Kriegsgewinner und -verlierer gab es unter den Aktiven nicht. Die straffe Organisation von heutzutage gab es auch noch nicht, begonnen bei der Eröffnungsfeier. Schwingl wäre übrigens fast zu ihrer eigenen Siegerehrung zu spät gekommen. „Ein paar Herren, die mich ins Stadion bringen sollten, wollten unbedingt noch nach Soho. Ich war dann so nervös, dass ich mich an die Siegerehrung selbst gar nicht mehr so genau erinnern kann.“

Mit 91 Jahren wieder nach London

Die rüstige Seniorin wird am Tag nach der Eröffnung der heurigen London-Spiele (28. Juli) ihren 91. Geburtstag feiern. Die Frage, ob ihr der Erfolg in der Heimat Vorteile verschafft hätte, beantwortete Schwingl staubtrocken: „Ja, im Weidlinger-Viertel haben mich nachher ein paar Leute mehr gekannt. Und bei der offiziellen Feier in Wien habe ich nichts mehr vom Buffet bekommen, weil die Funktionäre alles aufgegessen haben.“

Österreichs Medaillen in London 1948

  • Gold: Herma Bauma (Leichtathletik/Speer)
  • Gold: Adolf Hoch (Kunstbewerb)
  • Silber: Alfred L. Rinesch (Kunstbewerb)
  • Silber: Oskar Thiele (Kunstbewerb)
  • Bronze: Ellen Müller-Preis (Fechten/Florett)
  • Bronze: Ine Schäffer (Leichtathletik/Kugel)
  • Bronze: Fritzi Schwingl (Kanu/K1 500 m)
  • Bronze: Edwin Grienauer (Kunstbewerb)

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