Blutbad: Wilderer erschießt drei Polizisten und einen Sanitäter

Ein von der Polizei wegen Wilderei gesuchter Mann hat in der Nacht auf Dienstag in Niederösterreich ein Blutbad angerichtet: Der Verdächtige erschoss drei Polizisten und einen Sanitäter. Seit Stunden verschanzt sich der Täter auf seinem Hof. Gegen 23.30 Uhr gab ein Cobra-Sprecher bekannt, dass sich keine weiteren Geiseln in der Gewalt des 55-Jährigen befinden dürften.

In dem Haus, in dem sich der mutmaßliche Schütze in Großpriel bei Melk in Niederösterreich verschanzt hat, dürften keine weiteren Geiseln gefangen gehalten werden. „Es sind keine weiteren Personen gefährdet“, sagte Detlef Polay, Sprecher des Einsatzkommandos Cobra. Die Durchsuchung des Hauses, die am Dienstag am späten Abend noch im Gange war, gestaltete sich schwierig.

In dem Haus sei es sehr ruhig, es seien keine weiteren Schüsse gefallen. Doch der 55-jährige mutmaßliche Täter, der in der Nacht auf Dienstag vier Menschen erschossen hat, wurde von den Cobra-Leuten bisher nicht gefunden - mehr dazu in Cobra-Sprecher: „Sehr brutaler Täter“.

Polizeieinsatz in dem Gehöft in Großpriel

APA/Robert Jäger

Um 18.20 Uhr begann in Großpriel bei Melk der Zugriff auf das Gebäude, in dem sich der Amokschütze verschanzt hat

Bisher letztes Lebenszeichen gegen 17.30

Gegen 18.20 Uhr begann die Cobra mit dem Zugriff auf dem Gehöft. Zuvor waren Panzerfahrzeuge vor dem Bauernhof vorgefahren. Die Cobra führe eine „gesicherte Durchsuchung“ des weitverzweigten und verwinkelten Anwesens durch, erklärte die Polizei gegenüber der APA. Die Eigensicherung der Beamten gehe vor, die Aktion könne noch dauern. Derzeit seien mehrere Dutzend Polizisten unmittelbar auf dem Gelände im Einsatz.

Das bisher letzte Lebenszeichen des Verdächtigen habe es gegen 17.30 Uhr gegeben, als ein einzelner Schuss aus dem Bauernhof abgegeben worden sei, erfuhr die APA von den Einsatzkräften. Zuvor hatte der 55-jährige Mann immer wieder Schüsse aus dem Gehöft heraus abgefeuert.

Polizei wollte verdächtigen Wilderer kontrollieren

Seinen Ausgang nahm das Blutbad in der Nähe von Annaberg (Bezirk Lilienfeld): Die Polizei war in der Nacht verständigt worden, dass ein amtsbekannter Wilderer wieder unterwegs sei. Eine Straßensperre wurde errichtet, und zwei Cobra-Beamte stoppten den Wagen des Verdächtigen.

Die Sondereinheit war nach den jahrelangen schweren Wildereidelikten in der Gegend in die Fahndungsmaßnahmen nach illegalen Schützen eingebunden - mehr dazu in Amokläufer soll gesuchter Wilderer sein.

Tödliche Schüsse bei Straßensperre

Einer der Beamten wurde vom Verdächtigen angeschossen, er starb etwa zwei Stunden später in einem Krankenhaus. Während der Versorgung des Schwerverletzten noch am Tatort durch die Rettung eröffnete der Mann erneut das Feuer. Der Fahrer des Rotkreuz-Wagens wurde tödlich getroffen, der zweite Cobra-Polizist verletzt.

Erschossener Polizist Johann Ecker (links) und toter Rot-Kreuz-Mitarbeiter Johann Dorfwirth

APA/Landespolizeidirektion Niederösterreich

Vom Amokläufer erschossen: der Polizist Johann Ecker (l.) und der Rotkreuz-Mitarbeiter Johann Dorfwirth (r.)

Wilderer nahm einen Polizisten als Geisel

Der mutmaßliche Wilderer flüchtete danach zu Fuß. Einige Kilometer weiter, an einer Kreuzung der Bundesstraßen 20 und 28 in Richtung Puchenstuben, stieß der Mann auf einen Streifenwagen und feuerte erneut. Einer der Beamten, ein Polizist aus dem Bezirk Scheibbs, starb - mehr dazu in Ministerium bestätigt drei Todesopfer. Dessen Kollege wurde zur Geisel des Verdächtigen, der mit dem Polizeiauto zu seinem Bauernhof bei der Ortschaft Großpriel bei Melk flüchtete.

Mann verschanzete sich in seinem Bauernhof

Dort verschanzte sich der mit umfangreicher Munition ausgestattete Mann in seinem auf einer Anhöhe gelegenen Vierkanthof. Rund 100 Polizisten umzingelten seit etwa 7.00 Uhr das Anwesen, die Umgebung wurde großräumig abgesperrt - mehr dazu in Polizei fordert Bundesheerpanzer an.

Amokläufer Alois H.

APA/Paul Plutsch

Dieser Mann hat sich in seinem Haus in Großpriel verschanzt

Die Polizei bestätigte, dass der Verdächtige immer wieder aus dem Bauernhaus heraus Schüsse abgab. Die Polizei hatte auch Angehörige des Verdächtigen beigezogen, die offenbar erfolglos versucht hatten, ihn auf seinem Handy zu erreichen. Die Versuche, mit dem Mann Kontakt aufzunehmen, blieben aber fruchtlos.

Zur Lage an Ort und Stelle hieß es am späten Nachmittag gegenüber der APA zunächst noch: „Unverändert. Der Verdächtige wird im umstellten Gebäude vermutet. Wir gehen davon aus, dass er allein ist.“ Zuvor war kurz Rauch aus dem Vierkanthof gedrungen, die Ursache war zunächst unklar.

Kontaktherstellung wird als schwierig bezeichnet

Tief bewegt berichteten die Polizei und das Rote Kreuz um 17.00 Uhr bei einer Pressekonferenz in Lilienfeld über den Einsatz: Der 55-Jährige, der verdächtigt wird, seit 2009 in Niederösterreich und der Steiermark gewildert zu haben, befand sich am späten Nachmittag immer noch verschanzt in seinem Haus nahe Melk, sagte Roland Scherscher vom Landespolizeikommando Niederösterreich. Eine Verhandlungstruppe sei an Ort und Stelle, eine Kontaktherstellung mit dem Mann gestalte sich jedoch schwierig.

Pressekonferenz von Polizei und Rotem Kreuz

APA/Robert Jäger

Polizei und Rotes Kreuz bei der Pressekonferenz im Stift Lilienfeld

Polizei: „Einer der schwärzesten Tage“

Dass sich Sprengstoff im Haus befinde, konnte der Ermittler nicht bestätigen, der Entminungsdienst sei als Vorsichtsmaßnahme hinzugezogen worden. Der Nahbereich um das Anwesen wurde großräumig evakuiert. Der Mann erschoss auf seiner Flucht vier Menschen , drei Polizisten und einen 70-jährigen Rettungssanitäter des Roten Kreuzes. „Es ist einer der schwärzesten Tage“, so Scherscher. „Niederösterreich trauert um unseren Mitarbeiter. Wir wollen den Angehörigen tiefes Mitgefühl aussprechen“, sagte Josef Schmoll, Vizepräsident des Rotes Kreuzes.

Polizisten

ORF / Andreas Kotzmann

Faymann: „Tief empfundene Anteilnahme“

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) zeigte sich tief betroffen über den gewaltsamen Tod der Einsatzkräfte in Niederösterreich: „Mein volles Mitgefühl und meine tief empfundene Anteilnahme gilt in diesen Stunden den Angehörigen und den Kolleginnen und Kollegen der zu Tode gekommenen Einsatzkräfte“, sagte Faymann.

Mikl-Leitner: „Bin zutiefst erschüttert“

„Ich bin über den Tod der Polizisten und des Rettungssanitäters zutiefst erschüttert. Sie haben ihr Leben gelassen für unsere Sicherheit“, sagte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Ihr aufrichtiges Mitgefühl gelte den Familienangehörigen und den Kolleginnen und Kollegen der Getöteten, so Mikl-Leitner.

Pröll: „Mein tiefes Mitgefühl gehört den Angehörigen“

Die tiefe Anteilnahme des Landes Niederösterreich gelte „den Angehörigen der Opfer der Mordtragödie in unserem Land“, sagte Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP). Die Brutalität der Tat erschüttere alle: „Wenn Menschen in Ausübung ihres Dienstes in der Exekutive oder im Rettungswesen nicht mehr nach Hause zurückkehren, verdient das ein besonderes Innehalten, die Angehörigen brauchen unsere gemeinschaftliche Zuwendung und unser Mitgefühl“, so der Landeshauptmann. Pröll ordnete die Trauerbeflaggung der öffentlichen Gebäude in Niederösterreich an.

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