Kührer-Prozess neigt sich dem Ende zu

Langsam nähert man sich dem Prozessfinale im Fall um Julia Kührer. Die letzten der rund 100 Zeugen sind für Donnerstag im Landesgericht Korneuburg geladen. Am Vormittag sagten die Ermittler des Bundeskriminalamtes aus.

Jene Ermittler, die im Mai 2010 eine freiwillige Nachschau auf dem Anwesen des Beschuldigten durchführten, waren im Zeugenstand. K. habe in Anwesenheit seiner damaligen Freundin bereitwillig die Türen geöffnet, sagte der Beamte. Das leer stehende Haus sei desolat und verwahrlost gewesen, der Garten dicht verwachsen, der verbarrikadierte Eingang zum Erdkeller mit Spinnweben überzogen und von Moos überwuchert.

Erdkeller trotz Hinweis nicht betreten

Den Erdkeller, in dem ein Jahr später die Leiche der Schülerin gefunden wurde, betraten sie aber nicht. „Was hat Sie trotz eines Hinweises davon abgehalten, mit einem Spürhund in den Erdkeller zu gehen?“, fragte Verteidiger Farid Rifaat den Chefermittler des Bundeskriminalamtes. „Ich habe eine steile, baufällige Stiege gesehen und es wäre unverantwortlich gewesen, den Keller zu betreten. Und ja, ich hatte ein mulmiges Gefühl“, antwortete der Beamte und betonte, dass es in diesem Prozess nicht darum gehe, die Arbeit der Polizei in Frage zu stellen.

Der Hinweis auf Michael K. habe dem Verschwinden des Mädchens gegolten und der Vermutung, es könnte in dem Keller versteckt sein, wunderte sich Verteidiger Farid Rifaat. Er stehe dazu, dass das, im Nachhinein gesehen, ein Fehler gewesen sein mag, es hätte aber keinen Unterschied gemacht, ob die sterblichen Überreste des Mädchens 2010 gefunden worden wären oder ein Jahr später, entgegnete der Beamte.

Angeklagter mit Polizisten im Gerichtssaal

APA / HELMUT FOHRINGER

Freundschaftliches Verhältnis zum Angeklagten

Er beschrieb das Verhältnis zum Beschuldigten als freundschaftlich. Den Termin für die Nachschau habe man sich einen Tag im Voraus telefonisch ausgemacht, sagte der Ermittler. Verteidiger Rifaat sah darin genau bestätigt, dass sein Mandant nichts mit dem Verschwinden von Julia Kührer zu tun hat. „Der Angeklagte hätte jede Zeit der Welt gehabt, alles zu verwischen, wenn er was gewusst hätte. Er hat nichts getan, weil er auch nicht wusste, dass da was liegen soll.“ Außerdem sei sein Mandant bei der Nachschau äußerst kooperativ gewesen und habe auf jede Frage eine Antwort gegeben.

Letzter Tag der Zeugeneinvernahmen

Julias Ex-Freund hätte vergangene Woche als erster Zeuge in dem Prozess aussagen sollen, doch er kam nicht - mehr dazu in Fall Kührer: Erster Prozesstag zu Ende. Stattdessen schickte ein Spital ein Fax an das Gericht, wonach der junge Mann stationär behandelt werde und nicht vernehmungsfähig sei. Das hat sich mittlerweile geändert, am Donnerstagnachmittag soll der Mann aussagen.

Viele Zeugen, die mit ihm und Kührer befreundet waren, hatten in den vergangenen Tagen über die beiden erzählt - mehr dazu in Kührer-Prozess: Weitere Zeugen sagten aus. Dabei war auch immer wieder von Drogen zu hören. Am Donnerstag wird der Mann vermutlich selbst dazu befragt. Nach dem fünften Verhandlungstag ist man, sofern alles nach Plan läuft, mit den Einvernahmen der Zeugen fertig. Außerdem sollen am Donnerstag auch Tatortfotos gezeigt werden.

Der 51-jährige Angeklagte, auf dessen Grundstück die sterblichen Überreste Kührers gefunden wurden, bekannte sich nicht schuldig. Er habe mit dem Tod Kührers nichts zu tun, so der Mann, der sich wegen Mordes vor Gericht verantworten muss. Am Freitag werden Gutachter ihre Ergebnisse präsentieren. Das Urteil soll am 24. September gesprochen werden.

Blaue Decke mit der Aufschrift "Borbo"

Polizei

Käufer der blauen Decke war nicht zu ermitteln

Bei dem Prozess berichtete ein Beamter der Exekutive schließlich von den umfangreichen Erhebungen, um die Herkunft jener blauen Decke, in der die Leiche eingewickelt gewesen war, zu eruieren. 278 Stück der Marke „Orion“ hatte die Firma Borbo in den Jahren 2004/05 an 23 Firmen in Österreich geliefert. In den meisten Fällen konnten die Käufer nicht eruiert werden, hieß es. Man habe sich auf Geschäfte in der Region konzentriert, aber auch hier seien bis auf wenige Ausnahmen die Käufer nicht mehr zu ermitteln gewesen. Anwalt Farid Rifaat zufolge hatte das Hilfswerk Pulkau eine Decke erworben.

Kriminalbeamtin hatte Kleidungsstücke durchgesehen

Ihr sei „komisch“ vorgekommen, dass Michael K. bei der freiwilligen Nachschau in seinem Wohnhaus immer zwischen drinnen und draußen hin- und hergependelt ist, sagte eine Kriminalbeamtin. „Wenn mir jemand das Haus umdreht, dann bleib’ ich dabei“, meinte sie im Zeugenstand. Sie hatte unter anderem die vorhandenen Kleidungsstücke durchgesehen.

In der Befragung weiterer junger Frauen aus dem damaligen schulischen Umfeld in Horn ging es Richter Helmut Neumar darum, die Glaubwürdigkeit jener Zeugin zu ergründen, die K. belastet hatte, Julia, mit der sie ziemlich vertraut gewesen sei, die gefährliche Designerdroge „Crystal Meth“ verkauft zu haben. Ihre damaligen Schulfreundinnen äußerten sich am Donnerstag eher neutral in die Richtung, sie sei ein „offener Mensch“. In früheren Aussagen hatte es geheißen, die Handelsschülerin würde oft Wirklichkeit mit Fantasie verwechseln. Aus dem Freundeskreis Julia Kührers hatten die meisten angegeben, sie nicht zu kennen.

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