Der Krieg, der Europa veränderte

Am Freitag ist auf der Schallaburg die Ausstellung „Jubel und Elend“ eröffnet worden, die bisher größte über den Ersten Weltkrieg, die in Österreich zu sehen war. Vor 100 Jahren war Kriegsbeginn, zu Kriegsende 1918 war nichts mehr so wie 1914.

Österreich-Ungarn erklärte am 28. Juli 1914 Serbien den Krieg, der Grund war die Ermordung von Thronfolger Franz Ferdinand. Schon wenige Wochen später war aus einem regionalen Konflikt ein Weltkrieg entstanden.

Schützengraben im Ersten Weltkrieg

ORF

„Der Erste Weltkrieg wurde bewusst vorangetrieben“

Der Historiker Peter Fritz, einer der Kuratoren der Ausstellung „Jubel und Elend“ auf der Schallaburg: „Wenn man den Ersten Weltkrieg als ‚Urkatastrophe‘ bezeichnet, dann muss man folgendes anmerken: Katastrophen brechen immer über einen herein. Das war beim Ersten Weltkrieg nicht so: Er wurde von Menschen bewusst begangen und vorangetrieben. Viele waren sich dessen nicht bewusst, welche Dimensionen dieser Krieg annimmt, aber es gibt bereits im Vorfeld sehr wohl viele warnende Stimmen“, erläutert Fritz.

Ansichtskarte aus der Zeit des Ersten Weltkriegs, 1914

Sammlung Glembay

„1914 glaubte man an den Sieg“

In keinem der am Krieg beteiligten Länder konnte man damals ahnen, dass das schreckliche Ende erst vier Jahre später sein sollte. Christian Rapp, Mitglied des Kuratorenteams der Ausstellung „Jubel & Elend“: „Man war natürlich überzeugt, dass man zu den Siegern gehören wird und dass dieser Krieg sehr kurz sein wird, und dass er schnell entschieden sein wird. Man glaubte außerdem, dass der Krieg diese schon lange anhaltenden internationalen Spannungen, auch dieses Brodeln innerhalb Österreich-Ungarns, beenden könnte.“

Peter Fritz, Kurator der Ausstellung "Jubel und Elend" auf der Schallaburg

ORF/Andreas Kotzmann

Peter Fritz: „1914 wurden viele vom Ausmaß des Krieges überrascht“

Der Erste Weltkrieg wurde mit unglaublicher Brutalität geführt, mit einem bis damals unvorstellbar großen Einsatz militärischer Mittel. War sich Österreich-Ungarn bewusst, dass durch den Krieg gegen Serbien ein weltweiter Flächenbrand entstehen könnte?

Peter Fritz: „Es gibt bereits in den 1890-er-Jahren Stimmen, die warnen, dass der nächste Krieg ein Völkerkrieg oder gar ein Weltkrieg werden wird. Auch vor 1914 war es allen sehr wohl bewusst, was auf die Bevölkerung zukommen wird. Ich glaube aber dennoch, dass sehr viele überrascht waren, als es dann wirklich eingetreten ist.“

Der Erste Weltkrieg radikalisierte die Gesellschaft

Nach dem Ersten Weltkrieg musste die Landkarte Europas neu gezeichnet werden. Es gab kein Österreich-Ungarn mehr, kein deutsches Kaiserreich, das russische Zarenreich war Geschichte, viele neue Länder waren entstanden.

Christian Rapp, Kurator der Ausstellung "Jubel und Elend" auf der Schallaburg

ORF/Andreas Kotzmann

Christian Rapp: „Radikale wollten keine friedliebende Gesellschaft“

Der Historiker und Kurator Christian Rapp: „Der Erste Weltkrieg hat die Gesellschaft auch radikalisiert. Zu Kriegsende gab es auf der linken wie auf der rechten Seite radikale Akteure, die im Ersten Weltkrieg geprägt worden sind und die in der Zwischenkriegszeit eine bedeutende Rolle spielen sollten.“

Ihnen ging es nicht darum, nachhaltig eine friedliebende Gesellschaft zu entwickeln, sondern „sie wollten unter dem Namen der Rasse oder der Arbeiterklasse einen dauernden Kampf gegen ‚die Feinde‘ ausrufen - und diese ‚Feinde‘ konnten sich dann auch im Inneren befinden.“

Die Opferbilanz des Ersten Weltkriegs: zehn Millionen getötete Soldaten, 20 Millionen wurden verwundet und sechs Millionen tote Zivilisten.

Reinhard Linke, noe.ORF.at

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