Landestheater: Aufstieg und Fall der „Lulu“

Das Wiener Max-Reinhardt-Seminar gastiert am Landestheater Niederösterreich in St. Pölten. Gezeigt wird das 1913 entstandene Drama „Lulu“, verfasst von Frank Wedekind. Inszeniert wurde das Stück von David Stöhr, der am Reinhardt-Seminar Regie studiert.

„Lulu“ von Frank Wedekind wurde vom Autor 1913 aus seinen beiden Stücken „Erdgeist“ und „Die Büchse der Pandora“ zu einer Tragödie in fünf Aufzügen mit einem Prolog zusammengefasst. Sie schildert den sozialen Aufstieg einer jungen Frau aus prekären Verhältnissen, die nichts hat als ihren Körper. Den verkauft sie meistbietend und gelangt so in höhere Kreise. Kaum verehelicht, beginnt ein gnadenloser Abstieg.

Lulu in Bedrängnis

Melody Pasanideh

In der Auseinandersetzung mit Wedekinds „Lulu“ in der Bühnenfassung von Dirk Brauner und David Stöhr steht für den Regisseur David Stöhr der Lebenshunger und die bedingungslose Bejahung des Lebens von Lulu im Zentrum. „Sie traut sich ihren Körper und ihr Leben freizügig zu bejahen, selbst wenn ihr ein Abgrund oder Gewalt begegnen. Lulu ist erstaunlich, weil sie gegenüber den starken Männern der Moral viel mächtiger ist“, so David Stöhr.

Lulu wird von hinten gewürgt

Melody Pasanideh

„Lulu will ihr Leben hier und jetzt fröhlich leben“

„Anstatt in ihrer Qual auf eine frohe Zukunft zu hoffen, will sie ihr Leben hier und jetzt fröhlich leben. Ihre Mitmenschen versuchen durch Druck, Macht und Gewalt Kontrolle über sie zu erlangen. Aber selbst die grausamsten Versuche scheitern an diesem Wesen“, so der aus Nordrhein-Westfalen stammende Regisseur. Die Bühne für „Lulu“ stammt von Sarah Sassen, die Kostüme von Agnes Burghardt, die Musik schrieb Bernhard Eder. Auf der Bühne sind neben Marie-Luise Stockinger als „Lulu“ Pauline Fusban, Stefan Gorski, Lennart Lemster, Andrei Viorel Tacu, Luka Vlatkovic, und Lukas Watzl zu sehen.

Für die Hauptdarstellerin Marie-Luise Stockinger ist Lulu ein Wesen, dessen Natürlichkeit und Unbedarftheit die krankhafte, entstellte bürgerliche Moral entblößt: „Spannend und schwierig für mich auf den Proben war die Erkenntnis: Lulus ‚Verderblichkeit‘ ist nicht bewusst geführt, sie treibt niemanden bewusst in seinen Niedergang. Ihre Verderblichkeit für die Männer geht von ihrem bloßen Sein aus“, so Stockinger. Seit Dezember 2014 ist die junge Schauspielerin am Wiener Theater in der Josefstadt in „Die Kameliendame“ engagiert.

David Stöhr wurde 1987 in Siegen (Deutschland) geboren. Von 2006 bis 2012 studierte er Psychologie in Wien und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in Berlin. Seit 2012 studiert David Stöhr am Max-Reinhardt-Seminar Regie, dort inszenierte er bereits eine eigene Fassung von Euripides’ „Medea“ und „Zerbombt“ von Sarah Kane.

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