Keine Entspannung am Arbeitsmarkt

Auf dem Arbeitsmarkt ist für heuer keine Entspannung in Sicht. Im Gegenteil: Man rechnet mit einem historischen Höchstwert an Jobsuchenden. Besonders schwierig wird es für Personen mit geringer Qualifikation oder Ausbildung.

Im Jänner 2015 waren in Niederösterreich 70.509 Menschen arbeitslos gemeldet, zum Sommer hin sanken die Zahlen bis auf 52.449 im Juni, bis Jänner 2016 stieg die Zahl der Arbeitslosen auf 72.453 an. 2015 waren in Niederösterreich durchschnittlich 58.522 Menschen arbeitslos, das entspricht einer Quote von 9,1 Prozent. Für das Jahr 2016 erwartet man einen historischen Höchstwert von durchschnittlich 64.000 Arbeitslosen und eine Arbeitslosenquote von 9,7 Prozent.

Problem sind Langzeitarbeitslose und über 50-Jährige

Nach den Erwartungen des Arbeitsmarktservice Niederösterreich (AMS) wird der Anteil der Langzeitarbeitslosen besonders stark steigen. Auch die Zahl der Arbeitslosen, die älter als 50 sind, die nur eine geringe Ausbildung oder gesundheitliche Probleme haben, wird steigen. Der Anteil der arbeitslosen Frauen soll hingegen weitgehend stabil bleiben.

Die Arbeitslosigkeit zeigt sich in Niederösterreich regional sehr unterschiedlich: Im Dezember 2015 war die Quote im AMS-Bezirk Gmünd mit 14,3 Prozent am höchsten, gefolgt von Wr. Neustadt und Baden. Am niedrigsten war die Quote in den AMS-Bezirken Waidhofen an der Ybbs mit 6,7 Prozent, gefolgt von Amstetten und Scheibbs.

AMS will offene Stellen suchen und vermitteln

Beim AMS will man sich - auch mit 195 Millionen Euro für die Arbeitsmarktpolitik - darauf konzentrieren, offene Stellen zu finden und zu vermitteln. Im Extremfall werde man andere Serviceleistungen einschränken, um eben den steigenden Zustrom an Jobsuchenden bewältigen zu können, heißt es beim AMS.

Neben der erwähnten Wirtschaftsentwicklung, die den Arbeitsmarkt noch nicht entlastet, werden nämlich auch Asylberechtigte auf den Arbeitsmarkt kommen, sagt Karl Fakler, Geschäftsführer des AMS Niederösterreich.

noe.ORF.at: Herr Fakler, die Asylberechtigten werden Jobs brauchen. In welchen Bereichen wird man sie einsetzen?

Karl Fakler: Das wird davon abhängen, welche Ausbildungen diese Menschen haben. Es gibt unterschiedlichste Vermutungen, nach unserem Wissen sind die meisten dieser Zuwanderer unqualifizierte Arbeitskräfte. Es wird viel Anstrengung kosten, sie ausbildungsmäßig auf das Niveau zu bringen, das die österreichische Wirtschaft wirklich braucht. Mengenmäßig wird es im Jahr 2016 noch nicht das große Problem sein. Wir haben jetzt ungefähr 1.800 und rechnen bis zum Jahresende mit 3.500, maximal 4.000 Personen.

noe.ORF.at: Auch für alle anderen Arbeitsuchenden ist die Qualifikation ein Schlüsselkriterium. Das AMS will hier seine Kräfte bündeln, was ist geplant?

Fakler: Wir werden zum einen noch stärker im Segment der Jugendlichen Geld investieren, nämlich für Jugendliche, die bedroht sind, keinen Beruf erlernen zu können. Es werden 43 Millionen Euro für ein Programm sein, das „Überbetriebliche Lehrausbildung“ heißt. Zum anderen werden wir uns auf jene Personen konzentrieren, die älter als 50 Jahre sind – Menschen, die zwar nicht viel häufiger als andere Menschen arbeitslos werden, aber wenn sie einmal arbeitslos sind, dann bleiben sie es sehr, sehr lange.

noe.ORF.at: Das heißt, das AMS konzentriert sich auf eine seiner Kernaufgaben. Gibt es dadurch andere Angebote, die aus diesem Grund vielleicht auf der Strecke bleiben?

Fakler: Nein, das ist weder unser Plan noch rechne ich damit. Es gibt eher eine Konzentration der Geldmittel, aber nicht der Dienstleistung.

noe.ORF.at: Die Wirtschaft soll heuer zwar wachsen, aber doch zu schwach, um es am Arbeitsmarkt zu merken. Wann könnte es denn eine Trendwende geben?

Fakler: Wir werden es in den nächsten Jahren erleben, dass das Wirtschaftswachstum sich vertiefen wird, das heißt statt 1,4 Prozent dann 1,7 oder 1,8 Prozent. Wir rechnen damit, dass es so um das Jahr 2019 dazu kommt, dass dann das Wirtschaftswachstum eine Größenordnung von zwei Prozent oder mehr erreicht. Das könnte dann tatsächlich so viele zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, dass das Mehrangebot an Arbeitskräften, das sogenannte Arbeitskräftepotenzial, aufgefangen werden kann und die Leute nicht in die Arbeitslosigkeit wechseln, sondern Jobs bekommen.

noe.ORF.at: Gibt es politische Maßnahmen, die diese Entwicklung ein bisschen vorantreiben können?

Fakler: Ich weiß nicht, ob man das politisch nennen kann. Wir brauchen einfach konjunkturbelebende Maßnahmen, Investitionstätigkeit und auch eine Stimmung, die den Menschen, die arbeitslos sind, nicht den Mut raubt. Jeder, der sagt, es sei eh schon schlimm und schrecklich, nimmt Menschen den Mut, sich zu bewerben. Auch wenn nicht die erste Bewerbung klappt: Regelmäßiges Tun erhöht die Chance, einen Job zu bekommen, und sonst brauchen wir nichts anderes als Frieden auf der Welt und Wirtschaftswachstum.

Das Gespräch mit Karl Fakler führte Margit Laufer, noe.ORF.at.

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