Migration wird zur größten Herausforderung

Beim Symposion in Stift Dürnstein (Bezirk Krems) zum Thema „Vertrauen in unsicheren Zeiten“ ist am Wochenende von Experten auch die Frage der Migration diskutiert worden. Sie sei die größte Herausforderung, vor der Europa stehe.

Veranstalter des Symposions ist die Niederösterreichische Forschungs- und Bildungsgesellschaft. An drei Tagen wurden im Prälatensaal des ehemaligen Augustiner-Chorherrenstifts Fragen des Vertrauensverlustes in Staaten und auch Regierungen diskutiert, auch die Vertrauenswürdigkeit der Demokratie wurde erörtert.

Der zentrale Punkt am letzten Tag des Symposions war die Frage der Migration. Auf Einladung von Maximilian Fürnsinn, Propst des Stifts Herzogenburg, versuchten internationale und österreichische Experten Antworten auf die Herausforderungen, die sich durch die Flucht von mehr als einer Million Menschen nach Europa ergeben, zu finden.

Gudrun Biffl: „Migranten nicht kriminalisieren“

Die Diskutanten waren sich einig, dass jene Menschen aus Syrien, Afghanistan und zahlreichen Ländern Afrikas, die auf der Flucht - sei es vor Krieg oder aus wirtschaftlichen Gründen - sind, jetzt die zentrale Herausforderung für Europa seien. Fraglich sei, ob den Politikern der Europäischen Union noch zugetraut werde, diese Herausforderungen zu bewältigen, denn es gäbe zu viele Einzelinteressen der Staaten.

Podiumsdiskussion über Migration im Stift Dürnstein

ORF/Otto Stangel

Symposium Stift Dürnstein 2016: „Vertrauen in unsicheren Zeiten. Optionen für die Zukunft“

In der Diskussion sagte Gudrun Biffl, Professorin für Migrationsforschung an der Donau-Universität Krems, dass auch weiterhin eine kontrollierte Einwanderung nach Europa möglich sein müsse. Sie warnte vor einer Kriminalisierung der Migranten, man müsse sich sehr genau ansehen, „in welchem Maße über grenzüberschreitende organisierte Kriminalität Migranten und Migrantinnen ganz einfach in Geiselhaft gebracht werden können und automatisch ganz anders angeschaut werden.“

„Man dürfe aber auch nicht die Ängste der Menschen in Europa negieren“, warnte Dietmar von der Pfordten, Professor für Rechts- und Sozialphilosophie an der Universität Göttingen (Deutschland). Es sei nach wie vor richtig, das Einzelprüfverfahren bei Migranten anzuwenden, die um Asyl ansuchen.

Man dürfe bei den Flüchtlingen auch nicht falsche Hoffnungen wecken, Deutschland könne nicht unbegrenzt Menschen aufnehmen, das sei klar. Schließlich gehe es auch darum, die ökonomische Sicherheit und die soziale Versorgung der eigenen Bevölkerung zu garantieren. „Es dürfe keinen Idealismus ohne Grenzen geben“, warnte Dietmar von der Pfordten.

Boldiszar Nagy: „Migration als Chance begreifen“

Die Europäische Union vertrage durchaus Zuwanderung und Migration, betonte Boldiszar Nagy, Professor für internationales Recht an der Universität Budapest (Ungarn). Selbstverständlich gelte das auch für Ungarn, Nagy vertrat damit eine völlig konträre Ansicht im Vergleich zum ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Nagy rechnete vor, dass in Ungarn derzeit 9,8 Millionen Menschen leben, „ohne Zuwanderung werden es in 30 Jahren nur mehr 8,5 Millionen Menschen sein und dieses Problem trifft viele Staaten in Europa“, sagte er. Deswegen solle man Migration auch durchaus als Chance sehen.

Flüchtlinge im März 2016 in einem Flüchtlingscamp in Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze

APA/Christina Schwaha

Anfang März 2016: Flüchtlinge in einem Flüchtlingscamp in Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze

Am Podium diskutierte auch der Rechtsanwalt und Migrationsexperte Georg Bürstmayr aus Wien. Seiner Ansicht nach muss die Europäische Union alles daran setzen, in Syrien Frieden zu schaffen und den Menschen dann wirtschaftliche und finanzielle Hilfe zukommen lassen. „Ich bin überzeugt davon, dass ein Großteil der Flüchtlinge aus diesem Land dann wieder in ihre Heimat zurückkehren wird“, sagte Bürstmayr. Einig waren sich die Experten darin, dass in jedem Fall eine kontrollierte Migration der bessere Weg sei. Aber nur wenn sich Europa geeint zeige, werde man sie auch bewältigen.

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