Weltrekordmann Strasser: „Eine Grenzerfahrung“

Anfang März stellte Michael Strasser einen Weltrekord auf als schnellster Mann, der Afrika auf dem Rad durchquerte. Wenige Wochen später spricht der 32-Jährige aus Trautmannsdorf (Bezirk Bruck/Leitha) über seine unglaubliche Reise.

„Von Kairo nach Kapstadt“ lautete der Name des Projektes von Michael Strasser. Das Ziel: Innerhalb von maximal 37 Tagen den gesamten Kontinent alleine auf dem Fahrrad zu durchqueren und damit einen neuen Weltrekord aufzustellen. Ein Vorhaben, das Anfang März nach 11.500 Kilometern gelang. Allerdings musste er bis an seinen Grenzen, manchmal sogar weit darüber hinausgehen.

Im Gespräch mit noe.orf.at erzählt Strasser seine bewegende Geschichte, wie er es schaffte, 18 Stunden täglich auf dem Rad zu verbringen, was sein größter Fehler während des Rekordversuchs war und worauf er sich bei der Zieldurchfahrt am meisten freute.

Michael Strasser erreicht das Kap der guten Hoffnung

Cairo2Cape/Wisser

Weltrekord!

noe.orf.at: Etwas mehr als drei Wochen sind vergangen, seit Sie Kapstadt erreichten und den Weltrekord knackten. Mit etwas Abstand betrachtet: Wie blicken Sie auf die 35 Tage in Afrika zurück?

Michael Strasser: Es war eine Riesengeschichte. Ich habe sehr viele Jahre lang sehr viel investiert, um die Chance überhaupt zu bekommen, das machen zu dürfen. Ich bin irrsinnig dankbar, dass wir jetzt alle wieder gesund zurück sind.

noe.orf.at: Wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen, Afrika auf dem Rad zu durchqueren?

Strasser: Vor drei Jahren durfte ich in einer Staffel quer durch Russland fahren. Dort habe ich das notwendige Selbstvertrauen gesammelt, um so ein großes Soloprojekt zu starten. Zum Glück habe ich aber nicht wirklich genau gewusst, wie groß Afrika eigentlich ist. (lacht)

noe.orf.at: Sie sind am 29. Jänner in Alexandria gestartet. Wie lange hat es bis zu Ihrem ersten großen Rückschlag gedauert?

Strasser: Nicht sehr lange, den gab es schon am achten Tag. Es war der vierte Tag in Folge, wo wir durch die Wüste gefahren sind, mit dem Staub und den Abgasen der Trucks sowie mit der extremen Hitze. Ich bin dann am Rad kollabiert, habe begonnen, mich zu übergeben, bin dann aber trotzdem weitergefahren. Es ist jedoch immer schlimmer geworden, am Abend bin ich komplett zusammengebrochen. Es ist immer eine Grenzwanderung, wie viel kann man machen, ohne dass man sich komplett zerstört, aber trotzdem das Maximale herausholt.

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Von Kairo nach Kapstadt

Michael Strasser aus Trautmannsdorf auf dem Weg durch Afrika: 10.655 Kilometer in 34 Tagen, elf Stunden und zehn Minuten. Ein neuer Weltrekord!

noe.orf.at: Um den Rekord zu knacken, mussten Sie bis zu 18 Stunden täglich auf dem Rad verbringen. Mehr als vier bis fünf Stunden Schlaf waren nicht erlaubt. Wie haben Sie das über einen so langen Zeitraum durchgehalten?

Strasser: Ich habe teilweise starke Probleme gehabt. Ich bin so oft am Rad eingeschlafen, habe immer wieder Sekundenschlaf gehabt. Da war es gut, dass ich meine Betreuer in der Nähe hatte, denn sie haben das immer wieder erkannt und mich rechtzeitig gestoppt, wenn es wirklich gefährlich geworden ist.

noe.orf.at: Wie extrem waren die klimatischen Bedingungen?

Strasser: In der Nacht haben wir bis zu minus zwei Grad gehabt, und am Tag war das Heißeste 47 Grad plus. Ich bin also in der Früh weggefahren, als würde ich auf eine Skitour gehen, tagsüber war ich in kurzem Leibchen und kurzer Hose, zum Abend hin hat man sich wieder Schicht für Schicht anziehen müssen.

noe.orf.at: Wie oft sind Sie im Laufe der Reise an Ihre Grenzen gegangen?

Strasser: Ich war schon gut darauf eingestellt, dass es hart wird, aber dass es dann so arge Schmerzen werden, damit hatte ich nicht gerechnet. Es gab kaum einen Tag, an dem ich nicht am Rad vor mich hin geweint habe, weil es so was von intensiv war. Meistens hat es mein Team gar nicht mitbekommen, was auch gut so war.

noe.orf.at: Was war Ihr größer Fehler während des Weltrekordversuchs?

Strasser: Ich habe drei, vier Tage vor dem Ziel mein Handy aufgedreht. Das war der größte Fehler, den ich im Laufe des Projektes gemacht habe, weil dann plötzlich dutzende Nachrichten hereingekommen sind, von wegen „Genieß doch die letzten 1.000 Kilometer!“ Zu diesem Zeitpunkt habe ich aber nicht einmal gewusst, wie ich die nächsten zehn Kilometer überlebe, weil einfach alles schon so wehgetan hat.

noe.orf.at: Was war das kurioseste Erlebnis während des Projekts?

Strasser: Ich bin einmal in eine Radarkontrolle gefahren. Mit den Polizisten haben wir das so gelöst, dass wir zwar schon ein bisschen etwas zahlen mussten, aber wir haben uns immer auf Manner-Schnitten und Red Bull geeinigt. Red Bull ist für die Einheimischen dort unleistbar und deshalb waren sie über ein paar Dosen immer sehr erfreut. Und Manner-Schnitten haben einfach gut ausgeschaut. Das war quasi unsere Währung quasi. (lacht)

noe.orf.at: Sie haben den Rekord letztendlich geknackt. Worauf haben Sie sich am meisten gefreut, nachdem Sie ins Ziel gekommen sind?

Strasser: Auf eine warme Dusche ohne Zeitdruck. (lacht) Es gab nur alle paar Tage einmal fließendes Wasser, und das war natürlich kalt. Wenn du den ganzen Tag schon auf dem letzten Zacken unterwegs bist und dich dann auch noch mit eiskaltem Wasser waschen musst, dann ist das schon hart. Und dann einmal duschen, mit Seife und ohne Zeitdruck, das war schon richtig gut.

noe.orf.at: Wie lange hat die erste Dusche zu Hause gedauert?

Strasser: Sicher eine halbe Stunde. (lacht)

noe.orf.at: Was nehmen Sie von dieser unglaublichen Reise, abgesehen vom Weltrekord, für sich mit?

Strasser: Ich bin einfach extrem dankbar, dass ich das erleben durfte, dass ich so viele Leute hinter mir hatte, die mit mir ein Ziel verfolgt haben. Gemeinsam haben wir das geschafft. Ich bin schon stolz darauf, denn als ich von meiner Idee erzählt habe, hat mich keiner ernst genommen und jeder für verrückt erklärt. Jetzt ist die Idee realisiert, und das ist schon eine super Geschichte.

Das Gespräch mit Michael Strasser führte Mathias Eßmeister, noe.ORF.at.

Links: