Die letzten Tage des Essl Museums

Das Essl Museum in Klosterneuburg (Bezirk Wien-Umgebung) stellt mit 1. Juli den Ausstellungsbetrieb ein und wird künftig als Depot der Sammlung Essl geführt. Karlheinz Essl spricht vor dem Betriebsende von „Dankbarkeit, Wehmut und Zäsur“.

Am 5. April des heurigen Jahres wurde von Kunstsammler und Museumsgründer Karlheinz Essl bekannt gegeben, dass das Essl Museum seinen Betrieb mit 1. Juli einstellt - mehr dazu in Essl Museum stellt Betrieb ein (noe.ORF.at; 5.4.2016). Das Museum lädt nun bis zum letzten Tag, bis zum 30. Juni, zu „open days“ ein. An allen Finaltagen gibt es bei freiem Eintritt etwa Führungen durch die aktuellen, letzten Schauen.

Karlheinz Essl führt durch sein Museum in Klosterneuburg

ORF/Benedikt Fuchs

Am Freitag gab es im Essl Museum den „Directors Cut“. Ein letztes Mal führte Essl persönlich Besucherinnen und Besucher durch die Ausstellungsräume.

Schluss nach 17 Jahren Ausstellungsbetrieb

Knapp 17 Jahre lang sind im Essl Museum Ausstellungen zu sehen gewesen. Das vom österreichischen Architekten Heinz Tesar geplante Haus mit 3.200 Quadratmetern Ausstellungsfläche wurde als eines der ersten Privatmuseen im deutschsprachigen Raum am 5. November 1999 feierlich eröffnet.

Die Sammlung Essl in Klosterneuburg umfasst annähernd 7.000 Werke und zählt zu den größten und bedeutendsten privaten Sammlungen für zeitgenössische Kunst in Europa. Praktisch alle wesentlichen Kunstströmungen Österreichs sind mit Schlüsselarbeiten seit 1945 vertreten, aber auch internationale Pendants.

In den 1970er-Jahren begannen Agnes und Karlheinz Essl, die einander in New York kennengelernt hatten, zeitgenössische Kunst zu sammeln. Werke von Friedensreich Hundertwasser und Kurt Moldovan markieren den Beginn. In den 1980er-Jahren wuchs die Privatsammlung zur maßgeblichsten Sammlung österreichischer Nachkriegskunst, den Kern bildet österreichische Kunst ab 1945 mit Werken u.a. von Maria Lassnig, VALIE EXPORT, Arnulf Rainer, Max Weiler, Markus Prachensky, Künstlern des Wiener Aktionismus wie Hermann Nitsch und Günter Brus, Malerei der 1980er-Jahre bis zur jüngeren Generationen wie Elke Krystufek und Clemens Wolf.

Karlheinz Essl: „Dankbarkeit und Wehmut“

Am Freitagnachmittag führte Karlheinz Essl selbst Besucherinnen und Besucher ein letztes Mal in einem sogenannten „Directors Cut“ durch die Ausstellung „Rendezvous“. Es war die letzte persönliche Führung des Kunstsammlers. Davor erwähnte er in einem exklusiven Interview gegenüber noe.ORF.at davon, dass das Ende des Betriebes eine „Zäsur“ ist, und Essl sprach über „Dankbarkeit und Wehmut“.

noe.ORF.at: In der letzten Pressekonferenz haben Sie gesagt, Sie blicken mit „großer Dankbarkeit“ auf 17 Jahre Ausstellungsbetrieb zurück. Aber ist die Schließung des Museums nicht dennoch ein großer Einschnitt in Ihr Lebenswerk?<<

Karlheinz Essl: Meine Frau und ich haben 50 Jahre lang eine sehr bedeutende Sammlung zusammengetragen, die dann in den letzten 17 Jahren im Essl Museum zu sehen war. Das ist eine Periode, auf die wir doch mit sehr viel Dankbarkeit zurückblicken können. Wir haben sehr aufregende Ausstellungen gemacht, auch bahnbrechende Ausstellungen für die Gegenwartskunst, die auch in die Annalen der österreichischen Kulturgeschichte eingehen werden. Das hat uns mit Dankbarkeit erfüllt und vor allem die wunderbaren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit denen ich gemeinsam die Projekte verwirklichen konnte.

Dass wir uns nun von ihnen verabschieden müssen, damit müssen wir erst richtig fertig werden. Es war ein wunderbares Team, das bahnbrechende Projekte verwirklicht hat. Wenn man etwas beenden muss, dann hat es etwas mit Wehmut zu tun. Aber im Rückblick gesehen, sehe ich das als abgeschlossenes Projekt, wo wir vieles bewirken konnten. Und ich bin überzeugt, dass die Sammlung und das Museum - in welcher Form auch immer - eine wichtige Funktion in der österreichischen Kulturlandschaft ausführen wird."

noe.ORF.at: Ab 1. Juli gibt es den Ausstellungsbetrieb in Klosterneuburg nicht mehr. Wie schaut es denn in Ihnen drinnen aus? Haben Sie das bereits fertig verarbeitet oder rührt Sie das?

Essl: Man hat sich mit diesem Thema in den letzten Monaten sehr intensiv auseinandergesetzt. Wir werden ja weiterhin der Kunstszene erhalten bleiben. Ein Sammler und ein Künstler gehen nie in Pension. Wir haben so viele Kontakte, die wir auch weiterhin pflegen werden, und wir werden sicher auch in der Kunstszene unseres Landes und darüber hinaus aktiv sein.

Essl Museum

Herbert Pfarrhofer/ APA

Ob die Ausstellungsräume im Essl Museum in Klosterneuburg künftig genutzt werden, ist noch ungewiss

noe.ORF.at: Was bedeutet die Museumsschließung Ihrer Meinung nach für die Kunst- und Kulturlandschaft in Österreich? Sie waren ja immer jemand, dem die zeitgenössische Kunst ganz wichtig ist. Was bedeutet das nun für junge, aufstrebende Künstlerinnen und Künstler?

Essl: Für die Kulturlandschaft ist das eine schmerzhafte Zäsur. Unser Museum hat eine Marktlücke in der Kunstszene ausgefüllt. Die großen Museen machen die Blockbuster-Ausstellungen, die man überall auf der Welt kennt. Wir haben junge Künstlerinnen und Künstler von Anfang an gefördert. Ich habe immer das Haus als offenes Haus verstanden, als Labor, um zu sehen, was sich in den neuen Kunstbereichen abspielt. Und dem haben wir ein Forum geboten, die junge Kunst hatte ja außer dem Essl Museum keinen Ort, wo sie sich präsentieren kann, und das wird absolut abgehen. Das finde ich, ist schade und ich hoffe, dass die Künstlerfreunde trotzdem ihre Kreativität fortsetzen können, in welchem Rahmen auch immer.

noe.ORF.at: Wie soll es aus Ihrer Sicht mit den Museumsräumlichkeiten weitergehen? Sie sprechen ja stets von den „schönsten Ausstellungsräumen“. Kulturschaffende haben sich bereits eingesetzt und auch dafür ausgesprochen, dass Sie weiter verwendet und genützt werden? Gibt es einen Plan oder Initiativen?

Essl: Heinz Tesar hat dieses Haus als Museumsikone gebaut. Das sind wahrscheinlich die schönsten Ausstellungsräume, die man sich vorstellen kann. Das ist ja auch immer wieder von den Besucherinnen und Besuchern so empfunden worden. Das Haus wird jetzt in erster Linie die Sammlung beinhalten, sozusagen ein sicherer Hafen für unsere umfangreiche Kunstsammlung, die ja zusammenbleibt. Wie sich der Ausstellungsbereich weiter entwickeln wird, das lässt sich derzeit einmal nicht absehen. Die Räume sind da, das Haus löst sich ja nicht in Luft auf. Ich bin überzeugt, dass es vielleicht in naher Zukunt eine Perspektive gibt, wie man das Haus wieder bespielen kann.

Das Gespräch mit Karlheinz Essl führte Benedikt Fuchs, noe.ORF.at

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