Ursula Strauss: „War ein Jahr lang im Nebel“

Ein Autounfall und der Tod ihres Vater haben Ursula Strauss in den letzten Jahren aus der Bahn geworfen. „Ich war auf einem Scheideweg und für ein Jahr im Nebel. Jetzt bin ich wieder aufgetaucht“, erzählt sie im Interview mit noe.ORF.at.

Die gebürtige Pöchlarnerin (Bezirk Melk) ist vor allem aus der TV-Krimiserie „Schnell ermittelt“ bekannt und wirkt in zahlreichen Theaterproduktionen und Filmen mit. Ihre erste Hauptrolle spielte sie 2003 im Barbara Albert-Film „Böse Zellen“. Für ihre Darbietung in „Revanche“ erhielt sie einen Spezialpreis bei der Diagonale in Graz. Darüber hinaus wurde sie mit drei Romys ausgezeichnet.

Schicksalsschläge innerhalb weniger Monate

Nach einem schweren Autounfall und dem Tod ihres Vaters 2014 hat sich für Ursula Strauss im Leben einiges geändert. „Ich war auf einem Scheideweg, weil ich nicht wusste, ob ich wieder schauspielen kann. Ich war für ein Jahr ziemlich im Nebel. Jetzt bin ich aber aufgetaucht und sehe das Licht immer mehr. Das ist ein sehr schönes Gefühl“, sagt Strauss im Interview mit ORF NÖ-Redakteurin Anne-Maria Neubauer.

Ursula Strauss

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Ursula Strauss im Gespräch mit Anne-Maria Neubauer

noe.orf.at: Sie sind Schirmherrin des Kulturfestivals „Wachau in Echtzeit“, das am 25. Oktober startet. Neben Maria Köstlinger und Hilde Dalik werden Sie auch selbst auf der Bühne stehen. Was erwartet das Publikum?

Ursula Strauss: Ich versuche immer, mir zu überlegen, was den Menschen hier gefällt, was sie anlocken könnte, was zur Gegend passt. Ich finde einerseits Tradition und Brauchtum wahnsinnig wichtig, gleichzeitig ist es immer ein Aufbruch in etwas Neues, eine Offenheit und ein Mut in eine andere Richtung zu gehen. Es wird von allem etwas dabei sein: Traditionelles, Neues, junge Leute, die noch nie auf einer Bühne gestanden sind. Wir haben außerdem ein Projekt, das mir ganz besonders am Herzen liegt: „Romeo und Julia“ von Hilde Dalik, die das Projekt mit jungen Menschen, die flüchten mussten, auf die Beine gestellt hat.

noe.orf.at: Was ist die Motivation dafür, dass bei „Wachau in Echtzeit“ Nachwuchsschauspieler gefördert werden?

Strauss: Ich finde es extrem wichtig, dass man jungen Leuten eine Plattform bietet. Ich selbst war auch sehr froh, dass mir damals der heutige Intendant der Melker Sommerspiele, Alexander Hauer, die Möglichkeit gab, in seiner Laienbühne „Plattform Theaterbühne“, die Lady MacBeth zu spielen. Das war damals parallel zu meiner Matura und mein „Aha-Erlebnis“. Ich wusste schon vorher, dass ich Schauspielerin werden möchte und das mein Lebensglück und beruflicher Traum ist. Die Premiere war jedoch die Bestätigung, dass das richtig ist, was ich fühle.

noe.orf.at: Die Dreharbeiten für die neue Staffel von „Schnell ermittelt“ beginnen nun wieder. Provokant gefragt, warum tun Sie sich das eigentlich noch an?

Strauss: Es ist die fünfte Staffel und das zehnjährige Jubiläum. Wir haben versucht einen Formatsprung zustande zu bringen und haben zwischendurch auch lange Filme gemacht. Jetzt freuen wir uns sehr, wieder in das Serienformat zurückzukommen, weil man Figuren anders erzählen kann. Wenn man zehn Drehbücher hat, kann man einen anderen Persönlichkeitsstrang entwickeln, was extrem spannend ist. Ich tue mir das an, weil ich die Figur mag und sie mich lange begleitet hat. Es gibt noch so viel Spannendes zu erzählen. In der fünften Staffel wird es sehr emotional, es treten Veränderungen ein, die diese Frau ganz besonders fordern.

Ursula Strauss

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Die Rolle der Angelika Schnell in der TV-Krimiserie „Schnell ermittelt“ ist die Paraderolle von Ursula Strauss

noe.orf.at: Sie sind in vielen Genres zuhause, vor der Kamera, auf der Bühne. Was macht Sie glücklich? Muss man sich entscheiden?

Strauss: Mich macht am Glücklichsten, dass ich mich nicht entscheiden muss, weil ich mich überall pudelwohl fühle. Das Spannende an dem Beruf ist, dass er so vielfältig ist und so viele Gesichter hat. Die Leidenschaft ist das Spielen, der Weg, die Entdeckung. Das ist bei einer Lesung, bei einem Live-Auftritt, Theaterabend oder Filmdreh immer das Gleiche.

noe.orf.at: Sie sind in Pöchlarn als Nesthäkchen in einer Großfamilie mit drei älteren Brüdern aufgewachsen und auch hierhin wieder zurückgezogen. Wie wichtig ist Ihnen Bodenständigkeit?

Strauss: Bodenständigkeit ist mir sehr wichtig, wobei ich glaube, dass das nichts damit zu tun hat, ob man am Land oder in der Stadt lebt. Ich habe gerne die Vorteile von beidem. Ich könnte nicht ohne die Stadt, aber ich könnte auch nicht ohne das Land. Ich genieße es, heimzukommen und meinen Privatbereich zu haben. Das ist am Land, bei meiner Familie, in den Häusern meiner Brüder und meiner Eltern. Das sind meine Schutzzonen. Ich genieße aber auch das Stadtleben und bin gerne in Wien, beruflich bin ich ohnehin oft dort.

noe.orf.at: 2014 war ein schlimmes Jahr für Sie: Sie hatten einen schweren Autounfall und wurden schwer verletzt, Ihr Vater ist gestorben und Sie haben geheiratet. Wie haben Sie diese emotionale Mischung erlebt?

Strauss: (seufzt) Das war schon ein Höllenritt! Man verändert sich dadurch. Ich bin noch fokussierter geworden und weiß, meine Kräfte noch genauer einzuteilen. Ich bin noch dankbarer für alles, was ich erleben darf: Dass ich diese Arbeit machen darf, dass ich meine Familie habe, meinen Mann an meiner Seite und so gute Freunde habe. Es macht einen klarer im Einteilen der Kraft und im Erleben des Glücks.

Letztlich muss man einfach durch. Ich bin nicht der einzige Mensch auf der Welt, der schlimme Zeiten erlebt. Es ist ein Glück, dass es mir jetzt wieder gut geht und ich mich erholt habe. Bei mir war das Schwierige, dass alles geballt aufgetreten ist, innerhalb von zwei Monaten, und alle großen Gefühle daran beteiligt waren. Es war ein Scheideweg, weil ich nicht wusste, ob ich wieder spielen kann. Ein Jahr lang war ich schon ziemlich im Nebel. Jetzt bin ich aber aufgetaucht und sehe das Licht immer mehr, das ist ein sehr schönes Gefühl.

noe.orf.at: Haben Sie einen Lieblingsspruch oder ein Lebensmotto?

Strauss: Ich würde sagen: „Ich bin da!“ In meinem Leben geht es stark um den Moment, ihn zu leben und intensiv zu spüren. Beim Spielen ist das ganz wichtig. Eigentlich ist alles ein permanentes Loslassen und ein intensives Spüren des Seins und des Jetzt, um es dann auch schon wieder loszulassen. Insofern ist mein Lebensmotto: „Ich bin da!“

Das Gespräch führte Anne-Maria Neubauer, noe.ORF.at

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