Aus Flussbausünde wurde neue Aulandschaft

Die Traisen-Mündung beim Donaukraftwerk Altenwörth (Bezirk Tulln) ist renaturiert worden. Damit wurde eine Flussbausünde aus der Vergangenheit teilweise behoben. 30 Millionen Euro wurden in die neue Aulandschaft investiert.

Beim Bau des Donaukraftwerks Altenwörth vor 40 Jahren war die Mündung der Traisen von Traismauer mehrere Kilometer flussabwärts - unterhalb des Kraftwerks - verlegt worden. Der Fluss wurde begradigt und floss wie ein Kanal. Die Folgen für die Tierwelt waren verheerend, der Fischbestand schrumpfte auf nur noch wenige Arten.

Neue Aulandschaft auf 150 Hektar

Dieser Fehler aus der Vergangenheit sollte nun mit dem größten Renaturierungsprojekt Österreichs behoben werden. Wie auf einem Reißbrett wurde auf einer Fläche von 150 Hektar mit wissenschaftlicher Unterstützung ein für die Region typischer neuer Lebensraum geschaffen, der einer Vielzahl von heimischen Tierarten eine erweiterte Heimat bietet. Dazu wurden in einer Bauzeit von drei Jahren 800.000 Kubikmeter Lehm und Sand sowie 1,9 Millionen Kubikmeter Kies innerhalb des Augebietes umgeschichtet und so Stillgewässer und Flachwassergebiete geschaffen.

Renaturierung Traisen Altenwörth

Verbund

Die Kosten für das von der EU geförderte „Life+“-Projekt betrugen 30 Millionen Euro, die Hälfte davon wurde vom österreichischen Energieversorger und Kraftwerksbetreiber Verbund finanziert, dessen Hauptgeschäft nicht vorrangig bei Renaturierungsprojekten liegt. „Der Verbund profitiert dadurch, dass mit diesem Projekt eine authentische Verbindung zwischen Wasserkraftnutzung und ökologischer Nachhaltigkeit unter Beweis gestellt wurde. Dieser Profit lässt sich nicht alleine in Geld ausdrücken“, sagt Verbund-Vorstandsdirektor Günther Rabensteiner.

Unterstützt wurde das Projekt neben der EU auch von Bund, Land Niederösterreich, dem Landesfischereiverband Niederösterreich und der viadonau. „Früher wurde begradigt und den Flüssen Raum genommen“, sagt Umweltlandesrat Stephan Pernkopf (ÖVP). „Dieses Projekt gibt Sicherheit im Hochwasserfall, dient als Naherholungsraum für die Bevölkerung und für Radfahrer und ist ein besserer Lebensraum für Fauna und Flora.“

Renaturierung Traisen Altenwörth

Verbund

Die kanalförmige „alte“ Traisen (blau bzw. türkis) mündete unweit des Kraftwerks Altenwörth in die Donau, die „neue“ Traisenmündung (grün) wurde weiter flussabwärts verlegt

BOKU-Experte: „Fischbestand wird profitieren“

Mathias Jungwirth, Hydrobiologe und emeritierter Professer an der Universität für Bodenkultur in Wien, hat das Projekt wissenschaftlich begleitet. „Der Fischbestand in der Donau wird in einem großen Ausmaß von diesem Projekt profitieren“, sagt Jungwirth im Gespräch mit noe.ORF.at.

noe.ORF.at: Was war das Problem an der „alten“ Traisen?

Mathias Jungwirth: Die Traisen wurde durch den Kraftwerksbau komplett umgeleitet und der damaligen Zeit entsprechend als monotoner Kanal durch die Au in den neuen Mündungsbereich in das Unterwasser des Kraftwerkes geleitet. Diese Monotonie bedeutete eine völlige Trennung von Fluss und Donau, aber auch von Fluss und Au. Die Folge war eine totale Verarmung des Fischbestandes. Ich bin Hydrobiologe und hatte daher viel mit dem Fischbestand dieses Gewässers zu tun. Es waren nur noch ganz wenige Arten in halbwegs vernünftiger Dichte vorhanden.

Mathias Jungwirth Hydrobiologe

ORF

Mathias Jungwirth

noe.ORF.at: Was hat sich an dieser Situation durch die „neue“ Traisen geändert?

Jungwirth: Die neue Traisen ist eines der größten Revitalisierungsvorhaben in der EU. Das Fantastische an diesem Fluss ist, dass man ihm wirklich Freiraum gibt: Er wurde von rund acht auf mehr als zwölf Kilometer im Gesamtprojekt verlängert, er darf bei Hochwasser wieder graben, allerdings nur in einem Ausmaß, dass der Hochwasserschutz gewährleistet ist und die Landwirtschaft weiter funktionieren kann. Aber es wird wieder eine wirkliche Vernetzung der Au und des Flusses hergestellt sowie eine Vernetzung der Traisen mit der Donau. Der Fischbestand der Donau wird in einem großen Ausmaß profitieren.

Es gibt flache Nebenarme und Anbindungen, Schotterbänke, wo vorher nur monotone Steinwürfe waren, und es gibt rasch überflossene Furtbereiche, wo gelaicht werden kann. Das heißt, alle Fischarten der Donau - und das sind rund 60 Arten - können hier in diesem Fluss wieder erfolgreich ablaichen.

noe.ORF.at: Ein Fisch hat es Ihnen dabei vor allem angetan: der Huchen. Wie wollen Sie diesen Fisch wieder in die Traisen zurückbringen?

Jungwirth: Der Huchen ist ein großer lachsartiger Vertreter, der früher in dieser Donauregion massiv vertreten war und der die Zubringer wie die Traisen zum Laichen brauchte. Der Huchen war so gut wie ausgestorben. Wir haben jetzt ein hübsches Forschungsvorhaben zur Wiederbesiedlung, wo wir Eier von Mutterfischen der Pielach mithilfe des Niederösterreichischen Fischereiverbandes in Boxen in den Schotterkörper der Traisen einbringen, sodass die Jungen dort schlüpfen. Die Idee ist, dass sie nach fünf Jahren, wenn sie geschlechtsreif sind, wieder hierher kommen, also ein sogenanntes „Homing“ zeigen und damit eine Wiederbesiedlung der Traisen stattfindet.

Das Gespräch mit Mathias Jungwirth führte Thomas Koppensteiner, noe.ORF.at

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