Viele Neuerungen beim Erbrecht ab 2017

Beim Erben wird sich bald vieles ändern, denn am 1. Jänner 2017 tritt ein neues Erbrecht in Kraft. Die größte Erbrechtsreform seit mehr als 200 Jahren betrifft nicht nur die Erben, sondern auch all jene, die ein Testament errichten wollen.

Das neue Erbrecht gilt bei Todesfällen ab dem 1. Jänner 2017. Die Änderungen betreffen vor allem nahe Verwandte, denn weitreichende Neuerungen gibt es unter anderem beim Pflichtteil. Ab 2017 haben nur noch Ehepartner, eingetragene Partner und Nachkommen des Verstorbenen das Recht auf einen Pflichtteil. „Die Vorfahren, Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern sind ab 1. Jänner nicht mehr plichtteilsberechtigt“, sagt Friedrich Nusterer, der Vizepräsident der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich.

Der Lebensgefährte oder die Lebensgefährtin hat auch weiterhin kein Recht auf einen Pflichtteil. Künftig erhält er oder sie aber ein außerordentliches Erbrecht, wenn es keine gesetzlichen Erben gibt. „Sozusagen nach dem Motto, besser ein Lebensgefährte als es fällt die Erbschaft an den Staat, weil das ja auch dem vermutlichen Willen des Verstorbenen besser entspricht“, sagt Nusterer. Voraussetzung ist in diesem Fall allerdings, dass die Lebensgemeinschaft zum Todeszeitpunkt noch aufrecht war und dass man in den letzten drei Jahren vor dem Tod in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

Handgeschriebenes Testament, letzter Wille

APA/dpa/Hans Wiedl

Stundung des Pflichtteils künftig möglich

Durch die Änderung des Erbrechts ist beim Pflichtteil künftig auch eine Stundung möglich. Fälle, in denen jemand zwar eine Erbschaft erlangt hat, aber das Erbe sofort wieder verkaufen musste, um die Pflichtteilsansprüche zu befriedigen, sollen damit der Vergangenheit angehören.

„Es kann der Verstorbene in seinem Testament selbst schon eine Stundung anordnen. Es hat auch das Gericht die Möglichkeit, eine entsprechende Stundung zu verfügen, um dem Erben zeitlich ein wenig Platz zu lassen, die Pflichtteilsansprüche zu erwirtschaften“, erklärt Nusterer. Grundgedanke sei, dass etwa ein Unternehmen, das vererbt wird und solide ist, nicht zerschlagen und verkauft werden muss, nur um die Pflichtteilsansprüche zu decken.

Neu ist übrigens auch, dass letztwillige Verfügungen mit der Auflösung der Ehe oder der Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft grundsätzlich ihre Gültigkeit verlieren.

Pflegevermächtnis für pflegende Angehörige

Am 1. Jänner tritt auch das sogenannte Pflegevermächtnis in Kraft. Dabei geht es um die Abgeltung von Pflegeleistungen, die zu Lebzeiten des Verstorbenen nicht mehr abgegolten wurden. Enge Angehörige, die den Verstorbenen gepflegt haben, sollen gegenüber der restlichen, nicht pflegenden Verwandtschaft begünstigt werden.

Sujetbild Pflege/Sterbebegleitung

APA/Patrick Pleul

Nusterer warnt jedoch vor übertriebenen Erwartungen: „Dieses Pflegevermächtnis steht nur einem ganz eng definierten Personenkreis zu. Nicht erfasst sind etwa Nachbarn oder außen stehende Personen.“ Außerdem müsse man die Verstorbenen in den letzten drei Jahren vor deren Tod mindestens sechs Monate lang gepflegt haben, und das in einem Ausmaß von zumindest 20 Stunden pro Monat. Das Pflegevermächtnis sei außerdem von Art und Umfang der Pflege abhängig, sagt Nusterer, und gebührt auch nur dann, „wenn der Erblasser nicht schon sonst für eine Zuwendung gesorgt hat oder wenn man vereinbart hat, dass man schon zu Lebzeiten ein Entgelt dafür bekommt.“

Vorsicht bei der Testamentserrichtung

Wer seinen letzten Willen zu Papier bringt, muss ab dem 1. Jänner 2017 neue Formvorschriften beim fremdhändigen Testament beachten. Das ist jenes Testament, das nicht komplett mit der eigenen Hand geschrieben, sondern zum Beispiel am Computer verfasst wurde. Damit dieses gültig ist, braucht es künftig eine sogenannte „eigenhändige Bekräftigung“. „Das heißt, der Testator muss nicht nur mit seinem Namen unterschreiben, sondern er muss auch noch eine schriftliche Bekräftigung verfassen, etwa ‚diese Urkunde enthält meinen letzten Willen‘“, erklärt Nusterer.

Der Hintergrund der Gesetzesnovelle ist, dass die Testamente künftig sicherer vor Fälschungen sein sollen. Wer schon ein Testament verfasst hat, braucht sich aber keine Sorgen zu machen: Testamente, die bis Jahresende gültig errichtet worden sind, gelten auch nach der Gesetzesänderung.

Katharina Sunk, noe.ORF.at

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