RH-Kritik an Gemeindefinanzierung

Der Rechnungshof (RH) übt in einem Bericht scharfe Kritik an der niederösterreichischen Gemeindeaufsicht. Diese habe mit der Genehmigung von Finanzierungsmaßnahmen mehrmals gegen die Gemeindeordnung verstoßen.

Von 2010 bis 2013 sollen mehrmals Finanzierungsmaßnahmen von Gemeinden genehmigt worden sein, obwohl wesentliche Beurteilungsgrundlagen gefehlt oder die Gemeinden bereits eine angespannte finanzielle Lage aufgewiesen hatten, heißt es in dem Bericht über die Finanzierung der Gemeinden, den der Rechnungshof am Freitag dem Niederösterreichischen Landtag vorgelegt hat.

Die Kritik richtet sich an die Gemeindeaufsicht und die Landesregierung als Gemeindeaufsichtsbehörde. Konkret geht es darum, dass Gemeinden bei der Aufnahme von Darlehen oder Haftungsübernahmen in bestimmten Fällen eine Genehmigung der Gemeindeaufsichtsbehörde brauchen, da bei drohender Überschuldung die Erhöhung von Verbindlichkeiten untersagt werden muss.

RH: Genehmigungen trotz „angespannter Finanzen“

Laut dem Rechnungshofbericht soll in 23 überprüften Einzelfällen aber dennoch eine Genehmigung erteilt worden sein. Betroffen sind die Gemeinden Schwechat, Wiener Neustadt, Guntramsdorf, Leobersdorf, Korneuburg, Annaberg, Erlauf, Klausen-Leopoldsdorf, Matzen-Raggendorf, Mitterbach, Senftenberg und Waidhofen an der Ybbs. Insgesamt geht es um Maßnahmen in der Höhe von mehr als 200 Millionen Euro, die genehmigt wurden „obwohl sämtliche betroffene Gemeinden eine angespannte finanzielle Lage aufwiesen“, heißt es.

„Die Niederösterreichische Landesregierung als Gemeindeaufsichtsbehörde genehmigte Finanzierungsmaßnahmen von Gemeinden [...] obwohl wesentliche Beurteilungsgrundlagen fehlten. Weiters erfolgten Genehmigungen, weil informelle Ersuchen von Regierungsmitgliedern oder deren Büros die Gemeindeabteilung des Landes dazu bewogen, einen positiven Genehmigungsantrag zu stellen. Diese Entscheidungen verstießen gegen die Niederösterreichische Gemeindeordnung, wonach Gemeinden mit drohender Überschuldung eine Erhöhung von Verbindlichkeiten zu untersagen war“, heißt es in dem Bericht. Kritisiert wird auch, dass „in allen vom Rechnungshof überprüften Fällen“ die in die Regierungssitzungen über Gemeindefinanzierungsmaßnahmen eingebrachten Informationen unvollständig waren.

Gemeindeaufsicht: „Rechtsvorschriften eingehalten“

Die Niederösterreichische Gemeindeaufsicht weist die Kritik, dass Genehmigungen nicht rechtskonform erteilt worden sein, entschieden zurück. „Die Aufsichtsbehörde hat Genehmigungen stets unter Einhaltung der bestehenden Rechtsvorschriften erteilt“, heißt es. Die vom Rechnungshof gezogenen Schlussfolgerungen würden auf einer Interpretation des Gesetzes beruhen, die „rein mathematische Beurteilungsmodelle zugrunde legt.“

Bei der Beurteilung erfolge eine „weitergehende Analyse der wirtschaftlichen Gesamtsituation“, heißt es, so würde man auch die Zielsetzung beurteilen. „Unter Zugrundelegung der vom Rechnungshof vertretenen Meinung könnten in finanzschwachen Gemeinden wichtige Vorhaben für die Bevölkerung nicht umgesetzt werden – wie etwa der Bau von Hochwasserschutzmaßnahmen, Kindergärten, die Anschaffung von Feuerwehrautos oder die Schaffung von Wohnbauland. Im Gegenzug würden die Entwicklung und Einnahmemöglichkeiten [...] dieser Gemeinden weiter gehemmt“, heißt es.

Gemeindevertreter: „RH-Bericht ist lebensfremd“

Auch die Präsidenten der niederösterreichischen Gemeindevertreterverbände, Alfred Riedl und Rupert Dworak, üben Kritik am aktuellen Rechnungshofbericht. „Wenn wir der Kritik des Rechnungshofs folgen, lassen wir finanzschwache Gemeinden im wahrsten Sinne des Wortes untergehen“, sagt Alfred Riedl, Präsident des Niederösterreichischen Gemeindebundes (ÖVP). Das sei „lebensfremd": „Dann gibt es für finanzschwache Gemeinden keine Mittel mehr für Kindergärten oder für den Hochwasserschutz“, so Riedl.

In dieselbe Kerbe schlägt auch Rupert Dworak, Präsident des Sozialdemokratischen Gemeindevertreterverbandes. „Wenn finanzschwache Gemeinden wichtige Maßnahmen nicht mehr umsetzen dürfen, dann bedeutet das für sie Stillstand“, so Dworak, „Wenn etwa für die Schaffung von Wohnbauland keine Darlehen mehr aufgenommen werden dürften, dann nimmt man ihnen jede Chance auf eine positive Entwicklung.“

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