Stadttheater Wiener Neustadt als „Zugpferd“

Mit Christoph Dostal hat das Stadttheater Wiener Neustadt seit Sommer 2016 einen neuen Künstlerischen Leiter. Im Gespräch mit noe.ORF.at erzählt er über seine seine Pläne, das Stadttheater „zum Zugpferd der Region machen.“

1972 in Lanzenkirchen (Bezirk Wiener Neustadt) geboren, startete Christoph Dostal vom Stadttheater Wiener Neustadt aus eine Künstler-Karriere. Sein Weg führte nach Wien, London, Köln und zuletzt nach Los Angeles. Dem ausgebildeten Schauspieler und Tänzer gelang es, in Hollywood Fuß zu fassen. Es folgten Auftritte in österreichischen, deutschen, englischen und amerikanischen Filmen. Obwohl sein Wohnsitz in Los Angeles ist, hat Dostal den Kontakt zur Heimat nie abgebrochen.

Zu Jahresbeginn fragte Klaus Schneeberger, Bürgermeister von Wiener Neustadt (ÖVP), bei Christoph Dostal an, ob er Interesse hätte, die Leitung der Kulturarbeit für Wiener Neustadt zu übernehmen. „Ausschlaggebend war wohl mein persönlicher Bezug zur Region und zum Wiener Neustädter Theater im Besonderen, aber auch meine internationalen Kontakte", meint Christoph Dostal im Interview mit noe.ORF.at. „Man braucht in Wiener Neustadt jemanden, der ein Gespür für die Menschen und die Stadt mitbringt und der über den Tellerrand hinausschaut.“

Dostal

Michael Weller

Seit Sommer 2016 ist Christoph Dostal der neue Künstlerische Leiter

„Theatererfahrungen für Region einsetzen“

Diese neue Herausforderung fand er spannend: „Als Schauspieler ist man auf sich selbst bezogen. Hier stehe ich im Dienst einer höheren Sache. Ich kann jetzt meine langjährigen Theatererfahrungen für die Menschen in der Region einsetzen", so Dostal.

Das Theater im ehemaligen, von Kaiser Josef II. im Zuge der Aufklärung aufgelassenen Karmeliterkloster, kennt man außerhalb Wiener Neustadts kaum. Dass Dostal einen persönlichen Bezug speziell zum Theater in Wiener Neustadt hat, erklärt sich aus der Vergangenheit: Als 14-jähriger Schüler stand er hier zum ersten Mal auf der Bühne. Seine Schulfreunde überredeten den damals schüchternen jungen Mann, mitzuspielen. „Da habe ich Blut geleckt", erzählt er. Zuhause hatte niemand eine Ahnung vom Schauspieler-Beruf. Aber seine Eltern bestärkten ihren Sohn, seiner Berufung zu folgen. „Schon der Sprung nach Wien war groß", erzählt er, „von Wien ging ich mit einem Stipendium nach London, und dann ging es immer weiter" und: „Für mich schließt sich der Kreis zurück an dieses Haus.“

Scrooge

Stadttheater Wiener Neustadt

„Scrooge - Eine Weihnachtsgeschichte“ steht am 28. Dezember am Spielplan

„Vielfalt am Haus erhalten“

Der Lanzenkirchner mit Adresse in Los Angeles ist im Moment mehr in Österreich als in den USA. „Man muss vor Ort sein, um sich gut einarbeiten zu können", ist er überzeugt. „Wir haben vor allem beim Marketing viel weiter gebracht. Statt 300 Adressen haben wir jetzt 200.000 in unseren Mailinglisten. Die Menschen sollen spüren, da ist jetzt jemand da, der sich um die Kulturarbeit kümmert“. Die laufende Saison plante Dostal noch nicht mit, aber er ergänzte sie um die Auftritte einiger namhafter Kabarettisten. Er konnte Michael Niavarani, Reinhard Nowak und auch Die Hektiker ans Theater engagieren.

„Ich arbeite bereits am Spielplan 2017/18. Wir kaufen die Produktionen fertig ein, die Sparten sind vorgegeben. Aber trotzdem habe ich viel Spielraum. Ich möchte die Vielfalt am Haus erhalten, und das Stadttheater wieder zum Zugpferd der Region machen", sagt Christoph Dostal. Er träumt von einem Einzugsgebiet von Baden bis Hartberg und von Sopron bis zum Schneeberg.

Filmpreis: „Abend der Nominierten“ Ende Jänner

Dostal will sich auch für Kinder- und Jugendtheater sehr engagieren. Das sei ihm ein großes Anliegen. Die jungen Menschen sollen „nicht nur passiv konsumieren, sondern aktiv am Geschehen im Theater teilnehmen können“ meint Dostal. Aber nicht nur das Stadttheater obliegt seiner Planung, er kümmert sich auch um alle anderen kulturellen Belange in Wiener Neustadt. „Wiener Neustadt ist die zweitgrößte Stadt Niederösterreichs und kommt im Kulturleben nicht wirklich vor", so Dostal. Und genau das möchte er ändern.

Die Hektiker

Die Hektiker KEG

„200 Jahre - Die Hektiker“ ist am 10. Jänner in Wiener Neustadt zu sehen

Im Juni übernahm Dostal das Straßenkunstfestival. Mit über 5.000 Besuchern wurde es sehr gut angenommen. Im nächsten Jahr gibt es eine Wiederholung. Außerdem soll ein Literaturfest gemeinsam mit Schloss Wartholz in Reichenau an der Rax (Bezirk Neunkirchen) stattfinden. Der dazugehörige Wettbewerb wird alternierend in Wiener Neustadt und auf Schloss Wartholz ausgetragen. „Das Sommerkino gab es schon“ erzählt Christoph Dostal, „meine Idee war es, im letzten Sommer die Leinwand an den spielfreien Tagen während der Fußball-WM für die Aufführung von Kinofilmen zu nutzen.“

Christoph Dostal gelang es auch, eine Veranstaltung im Vorfeld der Verleihung des österreichischen Filmpreises ins Theater in Wiener Neustadt zu bekommen: Ende Jänner wird der „Abend der Nominierten“ erstmals hier über die Bühne gehen. Es ist eine geschlossene Gesellschaft der österreichischen Filmindustrie, ein Abend an dem sich die Nominierten dem Plenum vorstellen.

Dostal holte Filmprojekt nach Wiener Neustadt

Dank seiner Hollywood-Kontakte gelang ihm ein weiterer Coup: Ein amerikanisches Filmprojekt mit dem Arbeitstitel „Vienna“ sollte in Prag gedreht werden. Dostal hörte davon, rief die Produzenten an und lotste sie zuerst nach Wien und dann nach Wiener Neustadt. Der Film wird jetzt in Österreich gedreht. „In Wiener Neustadt fanden die Produzenten die Architektur, die sie suchten“ erzählt der umtriebige Künstler. Jetzt arbeitet man in Kalifornien an der Finanzierung des teuren Projekts. „Ich würde mich sehr freuen, wenn das zustande käme“, sagt Dostal, „es wäre eine Aufwertung der Stadt“.

Karina Fibich, noe.ORF.at

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