Pflege mit Herz: „Schafft alles, wenn man will“

8.400 Niederösterreicher sind pflegebedürftig und benötigen eine 24-Stunden-Betreuung. Tausende Menschen pflegen ihre Angehörigen mit der Unterstützung von Hilfsorganisationen im eigenen Zuhause - so wie Maria Gansberger.

Maria Gansberger aus Hürm (Bezirk Melk) pflegt ihren Mann seit rund sieben Jahren in den eigenen vier Wänden. 2010 hatte er einen Radunfall und wurde dabei schwer verletzt. Seit dem Unfall ist Gansbergers Mann spastisch gelähmt. Für die Pflege wurde die 65-Jährige mit dem Preis „Pflegerin mit Herz“ ausgezeichnet. In ihrem Buch, das innerhalb des nächsten halben Jahres erscheinen soll, erzählt Gansberger über ihre Erfahrungen und Schicksalsschläge.

noe.ORF.at: Was ist im Sommer 2010 genau passiert?

Maria Gansberger: Nach seinem Radunfall hat mein Mann fünfeinhalb Monate um sein Leben gekämpft. Er hatte ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten, die halbe Schädeldecke musste entfernt werden. Jetzt ist er spastisch gelähmt, kann nicht schlucken und sich nicht artikulieren. Es gibt eine Wahrnehmung, aber wie weit diese definierbar ist, kann man nicht sagen. Für mich gab es damals nur zwei Möglichkeiten: Entweder, daran zu zerbrechen, oder an der Aufgabe wachsen.

noe.ORF.at: Sie sind also rund um die Uhr für Ihren Mann da, wie bewerkstelligen Sie die Pflege?

Gansberger: Mein Tag hat oft zwölf Stunden. Ich muss auch in der Nacht schauen, ob es meinem Mann gut geht. Mein Mann braucht eine 24-Stunden-Betreuung, er wird künstlich ernährt. Ich bin sehr gut mit allen Initiativen und Gruppen vernetzt, wie Hausarzt, Hauskrankenpflege, Rotes Kreuz und Therapeuten.

Pflegerin mit Herz Gansberger

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„Pflegerin mit Herz“: Maria Gansberger

Ich habe täglich sehr gute Unterstützung. Mein Mann ist es mir wert, dass ich das alles zu Hause mache. Ich bin für ihn da und versuche ihm das Leben so erträglich wie möglich zu gestalten. Am und im Haus musste ich nichts verändern, um die Pflege zu Hause durchführen zu können. Ich musste mir nur die notwendigen Utensilien besorgen wie ein gutes Bett, eine gute Matratze, einen Personenlift und einen speziellen Sessel.

noe.ORF.at: Sie sprechen von Zwölf-Stunden-Tagen und einer Rund-um-die-Uhr-Pflege. Woher nehmen Sie die Kraft dafür?

Gansberger: Ich lebe unsagbar gerne und halte auch etwas aus. Am meisten Kraft gibt mir die Familie, meine drei Töchter. Meine vierte Tochter, die mir immer eine große Stütze war, ist leider im Vorjahr tödlich am Berg verunglückt. Meine Kinder stehen voll hinter mir und wir entscheiden im Ernstfall miteinander. Sehr viel Kraft schöpfe ich auch aus der Natur und den Stunden, in denen ich alleine bin. Und aus einem tiefen Glauben daran, dass alles im Leben einen Sinn hat und nichts zufällig passiert.

noe.ORF.at: Sie sind eine von 18 „PflegerInnen mit Herz“ des Jahres 2016. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?

Gansberger: Diese Auszeichnung ist für mich eine große Wertschätzung. Ich habe mich sehr gefreut. Ich bin noch nie in meinen Leben so im Rampenlicht gestanden. Meine Töchter haben mich nominiert. Dass ich dann tatsächlich die Auszeichnung erhalten habe, freut mich sehr. Ich freue mich auch, dass die öffentlichen Stellen auf das Thema aufmerksam geworden sind und mit dieser Initiative diesen vielen Menschen in der Pflege Anerkennung schenken.

noe.ORF.at: Welchen Tipp können Sie anderen Menschen geben, die in die Situation kommen, Angehörige zu pflegen?

Gansberger: Ich habe gelernt, im Hier und Jetzt zu leben. Ich kann nur weitergeben: Nicht denken, was morgen oder in der weiteren Zukunft sein könnte, sondern erst, wenn sich eine Situation einstellt, handeln - und das mit aller Kraft. Nicht verzweifeln, man schafft alles, was man will. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Man muss die Dinge anpacken, wenn sie sich zeigen.

Das Gespräch mit Maria Gansberger führte Daniel Amerhauser, noe.ORF.at.