Schallaburg: Im Dialog mit dem Islam

Auf der Schallaburg (Bezirk Melk) wird am Freitag offiziell die Ausstellung „Islam“ eröffnet. Im Mittelpunkt stehen der Dialog und das Verhältnis zwischen muslimisch und westlich-abendländisch geprägten Kulturen in Österreich.

Im Fokus der „Islam“-Ausstellung steht das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher religiöser und kultureller Traditionen. Der Ausgangspunkt sind Begegnungsräume von heute: Anhand vertrauter Situationen im täglichen Zusammenleben werden in acht Themenbereichen aktuelle Fragen, historische Entwicklungen und unterschiedliche Sichtweisen in den Mittelpunkt gerückt. Am Freitag wird die Ausstellung offiziell eröffnet, ab Samstag ist sie dann für Besucherinnen und Besucher zugänglich.

„Lust auf ein Mehr an Auseinandersetzung“

Im Austausch mit den Besucherinnen und Besuchern der Ausstellung sollen möglichst viele Stimmen hörbar werden, sollen „auch Unsicherheit und Ungewissheit zulässig sein. Die Ausstellung schafft einen Raum, in dem diese Kultur der Begegnung möglich ist, bereichert und Lust auf ein Mehr an Auseinandersetzung macht“, heißt es auf der Website der Schallaburg.

Leiterin des Gestalterteams ist die Althistorikerin und Kulturwissenschaftlerin, Kuratorin und Kulturmanagerin Lisa Noggler-Gürtler. In enger Zusammenarbeit mit Wissenschafterinnen und Wissenschaftern sowie Experten aus den muslimischen Communities nähert sich die Ausstellung diesem Thema.

Um sich auf den Dialog in der Ausstellung „Islam“ vorzubereiten, wurde eine eigene Workshopreihe für die Kulturvermittlerinnen und Kulturvermittler auf der Schallaburg konzipiert. In einer Zeitspanne von einem halben Jahr entwickelte diese Gruppe gemeinsam mit pädagogischen Expertinnen und Experten aus Deutschland und Österreich Ansätze und Inhalte für die Vermittlung.

Öffentliche Vortragsreihe im Vorfeld

In einer öffentlichen Vortragsreihe gab man Einblicke in diesen Prozess und machte sichtbar, womit sich die Kulturvermittlung im Vorfeld der Ausstellung beschäftigte. Die öffentlichen Gastvorträge starteten im Oktober 2016 und endeten Anfang März - mehr dazu in Schallaburg führt in die Islam-Schau 2017 ein (noe.ORF.at; 8.10.2016).

Vor dem Hintergrund einer Fülle von Exponaten und Geschichten spielt in einem begleiteten Rundgang die eigene Wahrnehmung der Ausstellungsbesucher die Hauptrolle. Widersprüche, Erwartungen und Zuschreibungen werden zum Ausgangspunkt der gemeinsamen Annäherung. Die Grundbasis der Vermittlung stellt eine gesprächsbereite und offene Form des Dialogs dar.

Acht Themenbereiche in der „Islam“-Ausstellung

Die Ausstellungsmacher der „Islam“-Ausstellung definierten acht Themenbereiche und machten sich dazu auch Gedanken zu den einzelnen Kapiteln:

besprochen: Sprache schafft Identität, und sie verbindet Menschen - Kommunikation dient als Brücke zwischen den Menschen. Wenn Arabisch Muslime verbindet, welche Sprache könnte Nichtmuslime mit Muslimen verbinden?

bewohnt: Beim Zusammenleben treffen Menschen verschiedener Kulturen mit unterschiedlichen Lebensweisen aufeinander. Wenn sich „die einen“ von „den anderen“ gestört fühlen, steht die Toleranz auf dem Prüfstand. Wie können wir trotz kultureller Gegensätze die Vielfalt einer lebendigen Nachbarschaft nützen?

beseelt: Prophet Mohammed und der Koran stehen im Zentrum des Islam. Gibt es aber tatsächlich „den einen“ Islam? Fördern Informationen darüber und das Wissen um Auslegungen des Koran das Verständnis? Christen und Muslime: Das Verbindende ist spannend, das Trennende aufschlussreich.

begrenzt: Morgenland und Abendland? Die islamische Welt ist längst nicht mehr geografisch zu bestimmen. Völker wandern, Grenzen schwinden. Anderswo werden dafür neue Grenzen gezogen. Und doch finden sich hier wie dort Beispiele für geglückte offene und multikulturelle Verbindungen.

bekleidet: Kopftuch und Bauchfrei-Look, Vollbart und Glattrasur: Äußerliche Erscheinungen und innere Haltungen beeinflussen das Zusammenleben. Wie stark formen sie die Vorurteile der Menschen? Und wie sehr lassen wir uns von diesen leiten?

bedroht: Heute fühlt sich „der Westen“ verunsichert: von radikalen Muslimen, aber auch von Menschen, die selbst durch Krieg gefährdet sind. Doch wer fürchtet sich vor wem? Und wo liegen die Lösungen?

berufen: Chancengleichheit ist eine große Herausforderung für ein selbstbewusstes Miteinander. Geglückte Beispiele dafür sind: in sozialen Berufen der Umgang mit Berufskleidung oder das österreichische Bundesheer.

beliebt: Der „Zauber des Orients“ ist für viele Menschen besonders attraktiv. Schmuck, Tanz, Kunst, Geschichten und ganz besondere Gewürze schaffen seit Jahrhunderten ein Bild von verträumter Exotik. Kipferl, Kebab und Baklava sind längst feste Bestandteile des Alltags. Was aber ist mit den Menschen, die diese Spezialitäten zu uns brachten?

Das Ziel der Ausstellung ist, eigene Bilder, Klischees, Ängste und tatsächliche Schwierigkeiten im gegenseitigen Zusammenleben neu zu hinterfragen, um ein Kennenlernen zu fördern. Die Ausstellung setzt auf den Dialog zwischen den Ebenen einer heterogenen Gesellschaft, und somit auch auf den Dialog, den Austausch, das Gespräch zwischen den Besucherinnen und Besuchern der Ausstellung.

Reinhard Linke, noe.ORF.at

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