Schultes: „Biogas statt Atomstrom“

In Niederösterreich stehen 87 Biogasanlagen vor dem Aus, weil die Förderverträge auslaufen. Die Landwirtschaftskammer (LK) setzt sich nun für deren Erhalt ein. „Biogas drängt Atomstrom aus dem Netz“, sagt LK-Präsident Hermann Schultes.

63.000 Haushalte in Niederösterreich beziehen ihren Strom von einer Biogasanlage. Viele Anlagen hängen jetzt aber in der Luft, denn die Förderverträge mit einem fixen Stromtarif laufen nach und nach aus, über eine Nachfolgelösung wird seit Jahren verhandelt - bislang jedoch ohne Erfolg.

„Verlässlicher Energielieferant“

Landwirtschaftskammer-Präsident Hermann Schultes fordert nun ein rasches Handeln der Politik. Biogasanlagen müssten erhalten werden, weil sie - anders als Wind, Wasser und Sonne - auch im Winter verlässlich Energie liefern würden: „Zu dieser Zeit ist jede Biogasanlage dringend notwendig. Würde sie abgedreht, würde das automatisch durch importierten Atomstrom ersetzt werden. Jede Biogasanlage drängt Atomstrom aus dem Netz.“

Mit dem Ökostromgesetz wurde den Biogasanlagenbetreibern vor 13 Jahren mit Förderverträgen ein fixer Stromtarif garantiert, der deutlich höher als der damalige Marktpreis lag - unter der Annahme, dass der Strompreis steigen würde und sich der Betrieb der Anlagen nach Ablauf der Förderphase von alleine rechnen würde. Doch das Gegenteil war der Fall: Die Strompreise purzelten in den Keller, ein wirtschaftliches Überleben ist damit für Biogasanlagen nicht möglich.

ARGE fordert Verlängerung des Fördertarifes

Die ARGE Kompost und Biogas fordert daher, dass die Förderverträge verlängert werden. „Nach derzeitigem Stand müsste der Vertrag 1:1 weiterlaufen“, sagt Norbert Hummel, Obmann der ARGE Kompost und Biogas Österreich. „Der Tarif von 16 Cent müsste um sieben Jahre verlängert werden, die Biogasanlagen wären in dieser Zeit einsatzbereit, könnten ihre Stärken abliefern und sich technologisch weiterentwickeln.“ Wichtig sei nun aber eine Planungssicherheit für die Biogasanlagenbetreiber zu schaffen, sagt Hummel. „Wenn die Biogasanlage eine Planungssicherheit hat, kann sie sich dorthin entwickeln, wo sie im Strommarkt benötigt wird: bei Dunkelflauten oder um Spitzen abzudecken.“

Biogasanlage

ORF

Die Biogasanlage in Orth an der Donau

Eine Petition für den Erhalt von Biogasanlagen wurde bislang von 200 Bürgermeistern unterschrieben, darunter 50 aus Niederösterreich - mehr dazu in Bürgermeister machen sich für Biogas stark (noe.ORF.at; 21.4.2017). Um die Zukunft der Anlagen zu sichern, ist eine Novelle des Ökostromgesetzes notwendig, die wiederum nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat beschlossen werden kann. Derzeit laufen Gespräche zwischen SPÖ, ÖVP und Grünen, ein Beschluss könnte schon nächste Woche fallen.

Orth: Gemeinde zittert um Biogas-Fortbestand

In Niederösterreich haben fünf Biogasanlagen den Betrieb bereits eingestellt. In Orth an der Donau (Bezirk Gänserndorf) ist das Werk noch am Laufen: Vor zehn Jahren hatten sich dort 22 Landwirte zusammengeschlossen und gemeinsam die Anlage errichtet. Der Fördervertrag läuft Ende 2017 aus, damit „sind wir nicht in der Lage die Anlage kostendeckend zu führen“, sagt Anlagenbetreiber Johann Michalitsch. Der Betrieb würde somit Ende 2018 eingestellt, drei mit der Arbeitsplätze fix verbundene Arbeitsplätze gingen verloren, eine Fläche von 16.000 Quadratmetern mitten im Ackergebiet würde zu einer Ruine werden.

Die Abwärme der Biogasanlage in Orth versorgt mehr als 100 Wohnungen, die Neue Mittelschule, die Volksschule, den Kindergarten, das Gemeindeamt, ein Veranstaltungszentrum, das Kegelsportzentrum und zwei Bankfilialen mit Wärme. Ein Aus hätte somit auch für die Gemeinde direkte Folgen, sagt Bürgermeister Johann Mayer (ÖVP): „Die Wärmeversorgung müsste auf alle Fälle wieder auf Erdgas umgestellt werden und es wäre ewig schade um die Investitionen, die hier getätigt wurden. Es wurde ein Fernwärmenetz aufgebaut und ausgebaut, damit alle versorgt werden können. Bezüglich Nachhaltigkeit ist das eine Katastrophe, wenn Millioneninvestitionen von einem Tag auf den anderen abgedreht werden“, so Mayer.

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