Der „ewige“ Kampf gegen die Gelsenplage

Um die Gelsenpopulation einzudämmen, fährt man entlang der March schwere Geschütze auf. Seit sechs Jahren bekämpft ein eigener Gelsenregulierungsverein die Plagegeister. Dennoch ist der Kampf gegen die Gelsen eine Sisyphus-Arbeit.

Dass sie hinter Gittern leben müssen, sind die Menschen in den Gemeinden an der March gewohnt. Fast jedes Fenster ist mit einem Gelsengitter versehen. Dass man den Abend entspannt auf der Terrasse verbringt, war früher oft lange Zeit unmöglich. Im Jahr 2008 wurde deshalb ein Verein gegründet, der den Gelsen professionell zu Leibe rücken sollte. Seit 2011 passiert das tatsächlich. Das biologische Mittel BTI wird punktgenau überall dort ausgebracht, wo Gelsenpopulationen entdeckt werden.

Gelsenwehr

Verein Biologische Gelsenregulierung

„Gelsenwehren“ bringen das biologische Mittel zu Fuß mit Rückenspritzern zu den mit Gelsenlarven befallenen Wasserstellen

Je nach Menge passiert das entweder mit Rückenspritzen durch die „Gelsenwehren“ oder per Hubschrauber. Heuer wurde schon zweimal geflogen, um das biologische Regulierungsmittel auf die Verbreitungsgebiete abzuwerfen und so die Larven zu vernichten. Die Gelsen konnten so nachweislich um mehr als 90 Prozent reduziert werden.

Neun Gemeinden gegen die Plagegeister

Seit wenigen Tagen sieht es in Hohenau an der March wieder anders aus. Starke Ostwinde dürften riesige Gelsenschwärme aus Tschechien und der Slowakei nach Österreich geweht haben, sagt Hohenaus Bürgermeister Robert Freitag (SPÖ): „In diesen Ländern wird nichts gegen die Gelsenplage getan, und die Tiere kennen eben keine Staatsgrenzen.“ Rückschläge wie dieser seien unvermeidlich, sagt Freitag, der auch Obmann des Vereines „Biologische Gelsenregulierung“ ist.

Gelse in Großaufnahme auf Stück Haut

Fotolia.com/Alexander Wurditsch

Generell laufe das Projekt aber gut, sagt Freitag: „Unsere Erfolge können sich sehen lassen. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Lebensqualität unserer Bewohnerinnen und Bewohner zu heben, andererseits die Region aber auch als Naturschutz- und Naherholungsgebiet zu etablieren. Dafür muss man Rahmenbedingungen schaffen und das gelingt uns eben nur bedingt, solange die Gelsen hier herumschwirren.“

Für das Projekt schlossen sich insgesamt neun Gemeinden zusammen - von Rabensburg (Bezirk Mistelbach) im Norden über Angern an der March, Drösing, Dürnkrut, Hohenau an der March, Jedenspeigen, Marchegg und Ringelsdorf-Niederabsdorf bis Engelhartstetten (alle Bezirk Gänserndorf) im Süden.

Bis zu eine Milliarde Gelsen pro Hektar

Der Gelsenregulierungsverein mit Sitz in Hohenau stellte auch den Biologen Hans Jerrentrup an, der den Kampf wissenschaftlich begleitet. In Tümpeln wird die Gelsendichte mit Schöpfern erhoben, in der Luft mit CO2-Fallen. In einem kleinen Labor, das Jerrentrup mit seiner Frau betreibt, werden die Plagegeister gezählt und nach Arten aufgeschlüsselt.

Labor zur Gelsenregulierung

ORF

Im Labor von Hans Jerrentrup und seiner Frau werden die Gelsenpopulationen gezählt

Nach großen Hochwassern wird auf bis zu eine Milliarde Tiere pro Hektar hochgerechnet, sagt Jerrentrup: „Sie werden nie ausgerottet werden. Man kann sie reduzieren, aber nur für den Moment. Beim nächsten Hochwasser kommen wieder genauso viele wie beim vergangenen Hochwasser. Und deshalb bedarf die Gelsenregulierung einer stabilen Grundorganisation.“

Keine Gefahr durch vollbiologisches Mittel

Das Mittel, das die Situation erträglich macht, ist erprobt und für die Menschen ungefährlich, sagt Jerrentrup: „In mehr als 50 Ländern der Welt wird BTI als das biologische Mittel zur Gelsenregulierung angewendet, weil es nachweislich bisher keine Auswirkungen auf die natürliche Umwelt hat. Und die Gelsen werden auch nicht resistent dagegen."

Um die kleinen Plagegeister nachhaltig zu bekämpfen muss das Mittel nicht nur in den Auen, sondern auch in den Orten angewandt werden, etwa in Regentonnen und Gullys. Dennoch kommen die Gelsen jedes Jahr wieder und damit muss die Sisyphus-Arbeit im Kampf gegen die Gelsen jedes Jahr im Frühjahr aufs Neue aufgenommen werden.

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