Shire baut Hunderte Arbeitsplätze ab

Beim Pharmakonzern Shire in Orth an der Donau (Bezirk Gänserndorf) werden Hunderte Stellen abgebaut. Am Mittwoch fanden erste Betriebsversammlungen statt. Mit Kritik reagiert die Arbeiterkammer auf den geplanten Stellenabbau.

Dem Vernehmen nach sollen zwei Produktionslinien des Konzerns, die bislang in Orth angesiedelt waren, nach Irland und in die USA verlegt werden. Bis zu 650 Mitarbeiter, die zu einem geringen Anteil auch am Standort in Wien beschäftigt sind, wären davon betroffen und seien bereits beim AMS-Frühwarnsystem angemeldet worden. Wie es hieß, hat der Betriebsrat auch schon einen Sozialplan ausgearbeitet, der nächste Woche in Kraft treten soll.

Mitarbeiter bestätigte Gerüchte

Ein Mitarbeiter, der namentlich nicht genannt werden wollte, sagte gegenüber noe.ORF.at zunächst: „Dass es einen Personalabbau an den Standorten in Österreich gibt, dürfte inzwischen bekannt sein.“ Er bestätigte die Dimension der betroffenen Arbeitsplätze und, dass es bereits einen Sozialplan gebe.

Der ausverhandelte Sozialplan sei im Vergleich mit anderen Lösungen „wirklich gut“, sagte Barbara Teiber, Regionalgeschäftsführerin der GPA-djp, auf Anfrage der APA. Darin sei auch eine Arbeitsstiftung vorgesehen. Der Sozialplan soll bis Ende 2018 laufen und beinhalte Sonderregeln für ältere Angestellte über 50 Jahren. Besonders an dem Stellenabbau sei, dass in allen Altersklassen überwiegend gut qualifizierte Menschen betroffen seien.

Seitens der Gewerkschaft gebe es „großes Unverständnis“, dass Stellen abgebaut werden, obwohl der Standort gut laufe und Gewinne schreibe, sagte Teiber. Die Entscheidung sei offensichtlich in der Zentrale in den USA gefallen. Viele Details seien aber noch nicht klar.

Studie führte zu Stellenabbau

Am frühen Mittwochnachmittag teilte eine Sprecherin von Shire schließlich mit, dass sich der Konzern auf Grundlage einer Studie entschieden habe, „die Prozessentwicklung, die Produktion für nicht Gentherapie-Produkte sowie Research-Positionen, die nicht für Gentherapie oder Hämophilie zuständig sind, aus Orth zu transferieren.“

Ziel des Unternehmens sei es, „die Auswirkungen sowohl auf Kollegen als auch auf das Umfeld, in dem wir tätig sind, so gering wie möglich zu halten und gleichzeitig die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dieser Übergang erfolgt in mehreren Stufen, über die nächsten Jahre“, erklärte die Sprecherin in einer schriftlichen Stellungnahme.

„Vor vollendete Tatsachen gestellt“

Seitens der Gemeinde sagte Bürgermeister Johann Mayer (ÖVP), dass „einige Produktionslinien abgesiedelt werden sollen.“ Mayer sei am Mittwochvormittag telefonisch vor vollendete Tatsachen gestellt worden. „Seitens der Unternehmensleitung wurde mir gesagt, dass 400 Mitarbeiter betroffen sind.“ Der Bürgermeister zeigte sich vor allem im Hinblick auf den Verlust Hunderter Arbeitsplätze betroffen: „Alleine aus Orth arbeiten an die 100 Leute bei Shire.“ Die Verlegung bedeute außerdem massive Einbußen bei der Kommunalsteuer.

Bedauern über die Entscheidung gab es auch in der niederösterreichischen Landespolitik. Wirtschaftslandesrätin Petra Bohuslav (ÖVP) sprach von einem „Schlag ins Gesicht“ für „alle Verantwortlichen auf Gemeinde- und Landesebene“. Die regionale Politik habe keine Möglichkeit zum Eingreifen gehabt. „Leider werden wir immer öfter mit derartigen Vorgehensweisen konfrontiert.“ Bohuslav kündigte an, Kontakt zu Shire aufzunehmen.

Renner: „Teils ruinöser Steuerdumpingwettbewerb“

Für Landeshauptfrau-Stellvertreterin Karin Renner (SPÖ) kommt der Stellenabbau „beinahe einer Liquidation des Standorts gleich“. Sie beklagte per Aussendung einen „teils ruinösen Steuerdumpingwettbewerb“ in der EU. „Wieder einmal werden Arbeitsplätze rein steuerlichen und damit gewinnmaximierenden Überlegungen geopfert“, so Renner weiter.

Die Arbeiterkammer Niederösterreich reagierte auf die geplante Verlegung mit Kritik. Laut AK-Präsident Markus Wieser habe keine wirtschaftliche Notwendigkeit bestanden. Der Schritt, die Produktion ins Ausland zu verlegen, dürfte wegen steuerlicher Begünstigungen beziehungsweise aus Gründen der Gewinnmaximierung geschehen, vermutete Wieser. Seitens der Arbeiterkammer sei man nun bemüht, vor allem soziale Härtefälle abzufedern.

Standort in Krems bereits geschlossen

Erst im vergangenen Herbst schloss der Konzern seinen Standort in Krems an der Donau. 65 am Aufbau beteiligte Mitarbeiter waren betroffen - mehr dazu in Biotechnologiefirma schließt Standort in Krems (noe.ORF.at; 6.10.2016). Shire ist laut eigenen Angaben in Österreich mit mehr als 4.000 Mitarbeitern der größte Arbeitgeber in der Biopharmaziebranche. Im Herbst hieß es noch, dass das Unternehmen weiterhin ein klares Wachstum für die Produkte sehe, die hierzulande produziert werden.

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