Eltern getötet: Sieben Jahre Haft

Ein 48-Jähriger, der Anfang Jänner in Perchtoldsdorf seine pflegebedürftigen, gehörlosen Eltern mit einem Baseballschläger getötet hatte, ist am Dienstag wegen Totschlags zu sieben Jahren Haft verurteilt worden.

Die Anklage hatte auf zweifachen Mord gelautet. Die Geschworenen entschieden am Landesgericht Wiener Neustadt nach dreieinhalb Stunden Beratung mit sieben Stimmen zu eins. Der Angeklagte nahm das Urteil an. Es ist aber nicht rechtskräftig, weil die Staatsanwältin keine Erklärung abgab.

Staatsanwältin plädierte auf Mord

Die Anklägerin hatte auf Mord plädiert. Die erste Aussage des 48-Jährigen gegenüber dem Ermittler, er habe die Eltern „endlich“ erschlagen, passe nicht ins Bild des Totschlags aus allgemein begreiflicher, heftiger Gemütserregung.

Die Staatsanwältin wies in ihrem Plädoyer auf einige Widersprüche in der Darstellung der familiären Situation hin. Es sei unbestritten, dass der Beschuldigte zeitlebens viel für seine gehörlosen Eltern getan habe - aber auch, dass die Mutter (75) bis zu ihrem Sturz zu Jahresende 2016 den Haushalt und ihren zehn Jahre älteren, nach Schlaganfällen beeinträchtigten Mann versorgt hatte.

Zeugen: Eltern lehnten Pflegehelferin ab

Nach Aussage einer Schwester hätte sich der Vater sogar gewünscht, dass der Sohn nicht allein wäre, sondern eine Partnerin hätte. Eltern seien nicht für alles verantwortlich, betonte die Staatsanwältin. Äußerungen von Zeugen über die Sturheit des Seniors seien nicht überzubewerten - jeder Mensch sei irgendwie stur. Unterstützung durch eine Pflegehelferin wäre möglich gewesen und sei von den Eltern offenbar hauptsächlich aus Sorge wegen deren Finanzierung abgelehnt worden.

Die Privatbeteiligtenvertreterin schloss sich formal dem Antrag der Staatsanwaltschaft an. Sie verwies aber auch darauf, dass die beiden Schwestern ihrem Bruder sehr zugetan seien. Die beiden Frauen verfolgten das Verfahren auch im Gerichtssaal: Die Aussagen wurden ihnen in Gebärdensprache übersetzt.

Verteidigerin plädierte auf Totschlag

Verteidigerin Astrid Wagner hob hervor, dass sich ihr Mandant in „beispielloser Weise“, laut psychiatrischem Gutachten in übersteigerter Hilfsbereitschaft, aber jedenfalls aufopfernd um die Eltern gekümmert habe. Von Hass, der angesichts der zahlreichen wuchtigen Schläge in den Raum gestellt wurde, könne keine Rede sein, sagte die Verteidigerin. Da er seine eigenen Bedürfnisse immer zurückstellte, litt er - ohne es zu merken - jahrelang an chronischer Überforderung und konnte seine Bedürfnisse gar nicht mehr artikulieren.

Dann kam es nach dem Treppensturz der Mutter zu dem unerwarteten Pflegenotstand, der objektiv zu beheben gewesen wäre - „aber subjektiv nahm der 48-Jährige die Situation ganz anders wahr“, sagte Wagner. Völlig übermüdet habe er keine andere Lösung gesehen, sprach sie von einer „Impulshandlung“, als zum Baseballschläger zu greifen, und plädierte unter Berücksichtigung der Lebensgeschichte auf Totschlag. Eine Vielzahl an Milderungsgründen wäre zudem zu berücksichtigen, verwies die Rechtsanwältin auch auf die Unbescholtenheit und das Geständnis des schwer an seiner Schuld tragenden, suizidgefährdeten Mannes.

In seinen letzten Worten vor der Beratung sprach der Beschuldigte von über Jahrzehnte festgefahrenen Strukturen und seiner Unfähigkeit, um Hilfe zu bitten. Er könne die Tat nicht mehr ändern und auch nicht erklären. „Es war einfach dieser schreckliche Moment ...“

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